Magie und Schicksal - 2
Hand ihm nähert, wird sie wie magisch von ihm angezogen. Und als sich meine Finger darum schließen, spüre ich seine Macht. Sie ist nicht so intensiv wie in Tante Abigails Schlangenstein, aber ich verspüre das gleiche Summen, die gleiche pulsierende Energie unter der glatten, kühlen Oberfläche des Steins.
Ich lächle Brigid an.
Sie nickt. »Wenn er von der Sonne beleuchtet wird, pulsiert er noch viel stärker, und er ist auch heißer …« Verlegen
senkt sie den Kopf. »Ich habe mich tatsächlich an ihm verbrannt, als wir ihn gefunden haben. Er war so wunderschön. « Ihre Stimme kommt wie aus weiter Ferne. »Ich konnte nicht anders, ich musste ihn in die Hand nehmen, aber als ich es tat, als er auf meiner Handfläche lag, wurde ich bis ins Mark von seiner Macht erschüttert und meine Hand wurde versengt, ehe ich ihn zu Boden fallen ließ.«
Sie dreht ihre Hand um und zeigt uns die weiße Narbe auf ihrer Handfläche.
Ich umschließe den Stein mit meinen Fingern. »Ist es für dich … gefährlich, ihn bei dir zu haben?«
Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Ich trage ihn seit Jahren an dieser Kette. Er wird nur heiß, wenn er von der aufgehenden Sonne geküsst wird, und vielleicht auch nur während der Tagundnachtgleiche. Warum?«
»Weil wir ihn nach London bringen müssen.« Ich schaue Dimitri an, ehe ich tief Luft hole und mich wieder an Brigid wende. »Und du musst mitkommen.«
Wie damals auf der wilden Jagd nach Chartres reite ich allein durch den Wald.
Ich galoppiere zwischen den Bäumen hindurch, Samaels Leibwache dicht auf meinen Fersen. Ich weiß, dass sich dieser Wald in England befindet, obwohl es Nacht ist und so dunkel, dass ich kaum Sargents Nacken erkennen kann.
Die Wache ist noch ein gutes Stück hinter mir, aber trotzdem kann ich das Donnern der Pferdehufe hören. Ich versuche, mehr Abstand zwischen uns zu legen. Tief hängende
Zweige peitschen mir ins Gesicht und verfangen sich in meinen Haaren, greifen nach mir wie gierige Finger, die mich festhalten und Samaels Leibwache zum Fraß vorwerfen wollen. Ich beuge mich tiefer über Sargents Hals und sporne ihn verzweifelt an, bohre meine Fersen in seine Flanken, während ich ihm ermutigende Worte ins Ohr flüstere.
Ich werde keine zweite Chance bekommen.
Ich fange schon an zu glauben, dass es keine Hoffnung mehr gibt, denn die Schwärze ist endlos und die Pferde hinter mir kommen mit jeder Sekunde näher. Da breche ich durch die Baumlinie auf eine Lichtung. Ich spüre, dass sich vor mir Felder ausbreiten, aber es ist das Feuer in der Ferne, das mich anzieht wie der Leuchtturm in einem sicheren Hafen.
Die Flammen lecken in den Himmel. Es ist das einzige Licht inmitten der öden und kahlen Landschaft schier endloser Felder. Ich weiß ohne den Hauch eines Zweifels, dass dieses Feuer mein Ziel ist. Ich reite darauf zu und hinter mir kommt mit donnernden Hufen Samaels Leibwache aus dem Wald gejagt.
Während ich mich dem Feuer nähere, wachsen Schatten aus dem Boden. Zuerst ist es ein kleiner Kreis in der Nähe des Feuers und dann ein größerer, etwas weiter entfernt. Und da verstehe ich.
Avebury. Ich bin in Avebury.
Massive Steinblöcke halten um das Feuer herum Wache, und als ich den Steinkreis durchquere, bin ich im Bauch
der Schlange. Wie als Antwort auf diese Erkenntnis brennt das Feuer brüllend höher. Es scheint nach den Sternen zu greifen, als sich ein Wind erhebt, der ein leises Summen mit sich trägt, das mir durch Mark und Bein fährt.
In dem kleineren Kreis wehen weite Gewänder, und ich bin schon fast bei ihnen, wobei das Summen immer lauter und lauter wird, als ich endlich begreife, was ich da sehe.
Die Gestalten treten beiseite, und Sargent trabt in die Mitte des Kreises, bevor ich ihn zügeln kann. Panik packt mich bei der Kehle, als sich der Kreis hinter uns wieder schließt und mich gefangen nimmt, während das beschwörende Murmeln ringsum immer lauter wird.
Du Hufschläge der Pferde von Samaels Leibwache peitschen über die Erde und bilden einen weiteren Kreis um die Gestalten, die mich umringen.
Ich merke erst, dass der Himmel sich allmählich erhellt, als einige der verhüllten Gestalten die Hände zu ihren Kapuzen heben und ihre Gesichter entblößen. Eine nach der anderen schiebt die Kapuze zurück. Atemlos schaue ich in Helenes dunkle Augen. Dann kommt Brigid, Luisa und zum Schluss Sonia, deren eisblauer Blick sich mit einer namenlosen Wut in meinen bohrt.
Ich keuche laut auf. Aber da ist noch jemand. Eine
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