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Magie und Schicksal - 2

Magie und Schicksal - 2

Titel: Magie und Schicksal - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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Gestalt, die ihre Identität bisher nicht enthüllt hat. Eine Gestalt, deren Gesicht noch im Dunkel liegt.
    Zarte Finger greifen nach dem Stoff, der weich um ihr Gesicht fällt. Ich kann es kaum ertragen, als sie die Kapuze
zurückschlägt und die scharfen Wangenknochen sichtbar werden. Aber ich kann auch nicht wegschauen. Ich bin starr vor Entsetzen, während das Feuer und der schnell heller werdende Himmel ihr Antlitz beleuchten.
    Es ist Alices. Alice steht mit den Schlüsseln in einem Kreis, während ich abseits bleibe, nicht nur eingekesselt von der verhassten Leibwache, sondern ausgerechnet von den Menschen, auf die ich mein Vertrauen setzte, die mir helfen sollten, die Prophezeiung zu beenden.
    Aber das ist noch nicht alles.
    Sonia hebt die Arme und greift zu ihrer Rechten nach Alices Hand und zu ihrer Linken nach Brigids. Die anderen tun es ihr gleich, fassen sich an den Händen und schließen den Kreis. In der Morgendämmerung sind ihre Zeichen deutlich sichtbar, und in diesem Moment erkenne ich, wie sehr ich mich geirrt habe. Denn als Alice Sonias Hand umfasst, sehe ich das Handgelenk meiner Schwester.
    Nicht makellos und unversehrt wie früher.
    Nein.
    Es ist gezeichnet mit dem Mal. Und nicht mit irgendeinem. Mit meinem eigenen.
    Selbst in dem blässlichen Morgenlicht kann ich die Schlange erkennen, die sich um den Buchstaben C in der Mitte windet.
    Ohne nachzudenken rutsche ich von Sargents Rücken. Ich taumele auf das Feuer zu, schiebe meinen Ärmel zurück und suche verzweifelt meinen Arm ab. Denn das Zeichen, das ich immer gehasst habe, jetzt aber sehnlichst zu
sehen wünsche, das mir sagt, dass ich noch immer ich bin – es ist nicht mehr da.
    Meine Augen fallen auf reine weiße Haut.
    Einen Augenblick später rückt die Sonne ein Stück höher in den Himmel. Und dabei bemerke ich den Stein, der auf einem Sockel vor dem Feuer liegt. Es ist derselbe einfache graue Stein, den Brigid mir gezeigt hat.
    Dann wird er von einem zarten Sonnenfinger berührt.
    Der Stein sendet ein schrilles Klirren aus, als würde Glas zerbrechen, und dann ein Summen, das sich in die Beschwörung der Gestalten einfügt, die noch immer verhüllt sind. Ringsum summen und murmeln sie. Die Vibration des Steins jagt einen Schauer durch meinen Körper, und ich falle zu Boden, winde mich in unsagbaren Schmerzen, während die Welt zur Seite kippt. Die Hufschläge der Pferde, auf deren Rücken Samaels Vertraute sitzen – die Leibwache –, scheinen in meinem Kopf zu hämmern, aber es ist nicht dieses Dröhnen, das mein Herz in Schrecken versetzt.
    Es ist die Erkenntnis, als sich das Bild endlich zusammenfügt.
    Das Zeichen auf dem Handgelenk meiner Schwester. Das Lächeln auf ihrem Antlitz, als sie mein Begreifen sieht.
    Denn während Alice an meiner Stelle im Kreis steht, habe ich ihren eingenommen. Diesmal bin ich nicht die Retterin der Schwestern.
    Ich bin ihr Feind.

     
    Der Schrei verfängt sich in meiner Kehle, als ich mich mit einem Ruck im Bett aufrichte. Mein Herz rast; es schlägt so heftig und so schnell, dass ich kaum mehr atmen kann. Ich weiß nicht, was dieser Traum bedeutet. Aber ich weiß, warum er zu mir kommen konnte, noch bevor meine Hand zu meiner Brust fährt.
    Die Wärme des Schlangensteins war immer da, seit ich vor so vielen Monaten auf Altus erwacht war und den Stein zum ersten Mal auf meiner Haut gespürt hatte, selbst später noch, als sie schwächer wurde. Aber als ich jetzt meine Finger darum lege, weiß ich, dass es vergeblich ist.
    Er ist kalt.
    Die Macht meiner Großtante, der früheren Herrin von Altus, ist nur noch eine Erinnerung. Die Seelen wissen es. Samael und seine Leibwache wissen es.
    Und ich weiß, dass sie nicht mehr lange auf sich warten lassen werden.
    Sie werden kommen. Bald.

24
    M r O’Leary macht keinen Versuch, seine Tochter von ihrem Vorhaben, uns nach London zu begleiten, abzubringen. Es scheint so, als werde auch Brigid von Träumen heimgesucht, in denen die Seelen sie hetzen. Die Grenze zwischen der irdischen Existenz und den Anderswelten wird immer dünner. Brigid erkennt, was wir anderen schon lange wissen: Es gibt für uns keine Zukunft, bis das Tor für immer geschlossen ist.
    Wir verlassen Loughcrew mit ausreichend Proviant und einer neuen Reisekameradin. Brigid fügt sich reibungslos in die Routine des Tages ein: aufstehen, das Lager abbrechen, reiten und schließlich schlafen auf nacktem Boden in einem kleinen Zelt. Sie beklagt sich nicht, und ich bin dankbar für ihre

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