Magie
beschloss sie. Die männlichen Meisterschüler schliefen entweder im Zelt ihres Meisters oder hatten ihre eigenen Quartiere. Sie kam an einer kleinen Gruppe von ihnen vorbei, die irgendeine Art von Spiel spielten. Als sie sie sahen, winkten sie sie heran, aber abgesehen von einem Lächeln ignorierte sie sie und ging weiter.
Eine wohl zehn Schritt breite Bahn nackten Bodens zog sich in einem Bogen durchs Lager, und erst als sie sie überquert hatte und an einigen weiteren Zelten vorbeigekommen war, begriff sie, dass sie die Magier und Meisterschüler vom Lager der Diener trennte. Die Zelte hier waren gewiss schlichter und außerdem rechteckig. Sie sah Tische, auf denen Töpfe, Pfannen
und Kessel standen, außerdem Körbe und Kisten mit Säcken, Früchten, Gemüse und anderen Nahrungsmitteln. Einige Menschen schliefen Schulter an Schulter und hatten nur Decken oder Matten aus getrocknetem Gras zwischen sich und dem Boden. Sie bemerkte den Geruch von Tieren, die in Pferchen oder Käfigen gehalten wurden.
Dann erregte eine vertraute Mischung von Gerüchen ihre Aufmerksamkeit. Sie hielt inne, als sie den Zwillingsduft von Krankheit und Heilmitteln erkannte, und beschleunigte ihren Schritt. Vor ihr tauchte ein großes, rechteckiges Zelt auf. Sie ging am Eingang vorbei und nahm die primitiven Betten aus Grasmatten und Decken wahr, die kranken Männer und Frauen, die Schüsseln für Exkremente oder Waschwasser und den Tisch mit Heilmitteln, von denen einige angemischt waren, andere nicht und wieder andere erst halb fertig.
In der Dunkelheit im hinteren Teil des Zeltes beugte sich jemand über einen Patienten. Tessia konnte das schnarrende Geräusch von Atem hören. Sie trat in das Zelt und ging auf den Kranken zu.
»Ich habe in meinem Zelt etwas Frischrindensalbe«, sagte sie. »Soll ich sie holen?«
Die Gestalt richtete sich auf und wandte sich dann zu Tessia um. Statt das überraschte Gesicht eines Mannes vor sich zu sehen, wurde ihr ein strahlendes, vertrautes Lächeln zuteil.
»Tessia!«, rief Kendaria aus. »Ich habe gehört, dass Ihr hier seid. Ich wollte Euch heute Nacht suchen gehen, aber die Heiler haben mir den Nachtdienst zugeteilt.«
»Allein?« Tessia betrachtete die anderen Patienten. »Ohne auch nur einen Gehilfen?«
Kendaria zog die Brauen zusammen. »Das ist meine Strafe dafür, dass ich es wage, eine Frau zu sein. Außerdem gelingt es den meisten Patienten zu schlafen, bis auf diesen Burschen hier.« Sie griff nach Tessias Arm und führte sie aus dem Zelt. »Und er wird nicht mehr sehr lange leben, ganz gleich, wer über ihn wacht«, fügte sie leise hinzu. »Der arme Mann.«
»Ich kann meine Tasche holen«, erbot Tessia sich. »Vielleicht könnte ich seinen Schmerz lindern.«
Kendaria schüttelte den Kopf. »Was ich ihm gegeben habe, wird vollkommen genügen. Also, wie geht es Euch? Ich habe so viele Geschichten über die Jagd auf Sachakaner gehört, über Schlachten und dergleichen mehr, und Ihr seid von Anfang an dabei gewesen. Wie seid Ihr damit fertig geworden?«
Tessia zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, ob ich überhaupt damit fertig geworden bin. Wo immer Lord Dakon hingegangen ist, bin ich ebenfalls hingegangen. Und er ist dorthin gegangen, wo immer Lord Werrin hingegangen ist und später Magier Sabin und jetzt der König. Und sie sind hingegangen, wo immer die Sachakaner sie hinzugehen gezwungen haben.« Sie drehte sich noch einmal zu dem Zelt um. »Ihr habt es offensichtlich geschafft, die Gilde dazu zu überreden, Euch ein wenig Heilkunst ausüben zu lassen.«
»Nur die langweiligen oder unangenehmen Arbeiten, die sie nicht verrichten wollen.« Kendarias Miene verdüsterte sich. »Meistens behandeln sie mich wie eine Dienerin und schicken mich aus, um ihnen zu essen oder zu trinken zu holen. Einer dachte sogar, er könne sich die Freiheit nehmen, in mein Bett zu schlüpfen, aber seine Absichten waren so durchschaubar, dass ich etwas Papeagewürz unter mein Kissen gelegt und es ihm in die Augen geblasen habe. Sie haben noch tagelang getränt.«
»Das ist ja schrecklich!«, stieß Tessia hervor. »Habt Ihr Euch über sein Benehmen beschwert?«
»Natürlich, aber der Gildenmeister hat mir erklärt, dass die meisten Menschen denken, die einzigen Frauen, die sich in der Nähe von Armeen aufhalten, seien dabei, um den Männern zu dienen, und dass es mich daher nicht überraschen dürfe, wenn Männer gewisse Schlüsse über mich zögen.«
Tessia starrte sie mit offenem Mund an. »Er
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