Magie
es ein gemeinschaftlicher Reflex gewesen. Vielleicht war es eine neue Angriffsformation. Aber die Wirkung war wie ein Windstoß. Plötzlich brach die sachakanische Linie auseinander. Magier rannten. Sklaven flohen. Alle starben.
Von der Stadt kam ein gewaltiges Tosen. Die Kyralier jubelten. Der Lärm war ohrenbetäubend. Takado drehte sich um und schritt auf Hanara zu. Er ergriff die Zügel des Pferdes und schwang sich in den Sattel. Dann hielt er inne und blickte auf Hanara hinab.
»Mach schon.«
Hanara kletterte hinter seinen Herrn, wobei er sich der Feuchtigkeit seiner Hose, die Takados Rücken berührte, nur allzu bewusst war. Er spürte, wie Takado sich versteifte, dann hörte er ihn schnuppern.
»Wenn ich keinen Quellsklaven brauchte, Hanara...«, sagte Takado. Er brachte den Satz nicht zu Ende. Stattdessen schüttelte er den Kopf, dann trat er dem Pferd in die Flanken, bis es zu galoppieren begann, und danach konnte Hanara sich nur noch festklammern und hoffen, dass die Kraft seines Herrn lange genug vorhielt, um sie aus der Reichweite der Feinde zu bringen.
Als das Geräusch unzähliger Stimmen den Hang hinaufgrollte, begriff Tessia, dass die Menschen von Kyralia jubelten. Kendaria stieß einen Freudenschrei aus. Grinsend tat Tessia es ihr nach. Sie sahen einander an, und beide lachten sie. Dann hüpften sie beide auf und ab, schlangen die Arme umeinander und brüllten vor hemmungsloser Erleichterung.
»Wir haben sie geschlagen! Wir haben sie geschlagen!«, sang Kendaria. Etwas in Tessia entspannte sich, wie ein Knoten, der gelockert wurde, und sie spürte, wie die Furcht der vergangenen Monate von ihr abfiel. Sie hatten gesiegt. Sie hatten die Sachakaner endlich überwältigt. Kyralia war gerettet.
Als ihr langsam der Atem knapp wurde, verstummte Tessia. Schließlich überwog die Erschöpfung ihren Jubel, und ein Gefühl der Traurigkeit kehrte zurück. Ja, wir haben sie geschlagen. Aber wir haben so viel verloren. So viel Tod und Verderben.
»Sie verfolgen sie«, sagte Kendaria.
Tessia blickte den Hügel hinunter und sah Diener mit Pferden für die Magier herbeieilen.
Die Heilerin war ernst geworden. »Ich hoffe, sie finden sie
schnell. Wir wollen nicht, dass sie das Land durchstreifen und der Bevölkerung auflauern.«
»Es ist kaum noch jemand da, dem sie auflauern könnten«, erwiderte Tessia. Aber sie wusste, dass das nicht wahr sein konnte. Etliche Menschen waren den Sachakanern ausgewichen und zurückgeblieben, um ihr Eigentum vor Plünderern zu schützen oder sich um geliebte Menschen zu kümmern, die krank waren und nicht reisen konnten.
»Lass uns hinuntergehen und mit den anderen feiern.«
Tessia grinste und schloss sich ihrer Freundin an. »Ja. Ich nehme an, die meisten Kyralier werden morgen früh einen sehr üblen Kater haben.«
»Darauf könnt Ihr Euch verlassen«, sagte Kendaria. »Ich hoffe, Ihr habt noch einige Schmerzmittel in der Tasche Eures Vaters.«
Tessia zuckte zusammen, als ein vertrauter Schmerz wieder an die Oberfläche kam. »Ich musste sie nach der letzten Schlacht zurücklassen.«
Ihre Freundin sah sie an und verzog mitfühlend das Gesicht. »Es tut mir leid, das zu hören.«
»Es spielt im Grunde keine Rolle.« Tessia zwang sich zu einem Achselzucken. »Ich kann mir jederzeit eine neue Tasche kaufen, neue Instrumente und weitere Heilmittel. Das Wichtigste ist das, was mein Vater mich gelehrt hat.« Sie tippte sich an die Stirn. »Das ist für andere von Wert, die Tasche bedeutete nur mir etwas.«
Kendaria sah sie von der Seite an. »Und ich nehme an, Ihr werdet in Bälde keine Instrumente oder Heilmittel mehr benötigen, wenn Ihr herausfindet, wie Ihr mit Magie heilen könnt.«
Tessia brachte ein Lächeln zustande. »Aber das wird eine Weile dauern. Falls es mir überhaupt gelingt. Bis dahin sollte ich die Dinge wohl besser weiter auf die altmodische Weise tun.«
FÜNFTER TEIL
41
A ls der Wagen durch die Tore rollte, blickte Stara überrascht auf. Obwohl sie durch ein Kutschentor und eine Zufahrt zum Innenhof gerollt waren, wie man sie in den meisten sachakanischen Häusern fand, beherrschte hier ein zweigeschossiger Bau eine Seite des Hofes, der nicht weiß gestrichen war. Glatter weißer Stein mit grauer Maserung säumte die Längsseite des Innenhofes.
»Es ist eins der ältesten Häuser in Arvice«, erklärte Kachiro ihr. »Dashina behauptet, es sei fast sechshundert Jahre alt.«
»Ich kann keine Spuren von Verfall entdecken«, bemerkte
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