Magie
Stara.
»Seine Familie hat es immer gut in Ordnung gehalten. Nach einem Erdbeben vor hundert Jahren musste ein großer Teil der Frontseite ersetzt werden.«
Das Haus hatte hohe Decken, und sie gelangten sehr rasch in ein großes, etwas tiefer liegendes Herrenzimmer. Durchbrüche gaben den Blick auf Flure frei, die zu beiden Seiten des Raumes verliefen, und darüber befanden sich weitere Öffnungen zu den Fluren im Obergeschoss.
Das übliche Begrüßungsritual folgte. Dashina hieß sie und Kachiro willkommen, und die Freunde ihres Mannes setzten sich zu ihrer Unterhaltung zusammen. Während die anderen sie ignorierten, fing Chavori ihren Blick auf und lächelte sie an. Sie nickte ihm höflich zu. Er hatte das Haus ihres Mannes (sie hatte sich noch nicht recht daran gewöhnt, es ihr »Zuhause«
zu nennen) noch drei weitere Male besucht und jedes Mal neue Karten mitgebracht. Obwohl er sich immer die Zeit nahm, um ihr die Karten zu zeigen und sie ihr zu erklären, verbrachte er mit jedem Besuch weniger Zeit mit ihr und mehr mit Kachiro. Ihr Mann hatte keine weiteren Bemerkungen gemacht, die darauf hätten hindeuten können, dass sie den jungen Mann zum Geliebten nehmen sollte.
Als sie sich im Raum umschaute, fiel ihr Blick unwillkürlich auf die Sklaven. Alle waren Frauen, wie sie feststellte, und alle waren jung und schön. Sie trugen sehr kurze Wickeltücher und waren behängt mit einem Übermaß an Schmuck. Tashanas Geschichte fiel ihr wieder ein, dass ihr Mann eine Vorliebe für Lustsklavinnen hatte. Ist es das, was diese Frauen sind? Aber natürlich sind sie es. Sie sind alle zu schön, um etwas anderes zu sein. Einen Moment lang machte sie sich Sorgen um Kachiro. Wenn Dashina mit diesen Frauen das Bett teilte, konnten sie alle die Krankheit in sich tragen, mit der er seine Frau angesteckt hatte, und wenn Dashina Kachiro einlud... aber das konnte nicht geschehen. Nicht wenn Kachiro wirklich nicht dazu in der Lage war, wie er behauptete.
An was für einem seltsamen Ort ich gelandet bin, ging es ihr durch den Kopf. Mit einem Ehemann, für den ich genug Zuneigung hege, um seinetwegen eifersüchtig zu sein, aber ohne jeden Grund zur Eifersucht!
Tashana erschien in einer der Fluröffnungen und trat in den Raum. Sie kam leise auf Stara zu und griff nach ihrer Hand.
»Darf ich Euch Eure Frau entführen, Kachiro? Bitte, sagt Ja.«
Er drehte sich um und lachte. »Natürlich. Ich weiß, dass sie sich gefreut hat, Euch wiederzusehen.« Er lächelte Stara zu. »Geh nur«, drängte er sie leise. »Viel Spaß.«
Tashana zog Stara aus dem Raum und führte sie durch den langen Flur. Aus Gewohnheit lauschte Stara auf Voras Schritte hinter ihr. Die Sklavin bewegte sich so lautlos, dass Stara sich manchmal sorgte, sie könne die Frau verloren haben. Dann drehte sie sich um, was ihr stets ein missbilligendes Stirnrunzeln eintrug. Sie hätte nicht so viel Anteilnahme an einer Sklavin zeigen dürfen.
»Geht es dir gut?«, fragte Tashana. »Findest du den Sommer zu heiß?«
»Ich bin gesund und glücklich«, antwortete Stara. »Und ich bin an heiße Sommer gewöhnt. In Elyne ist es genauso, obwohl es dort mehr regnet und die Feuchtigkeit die Hitze noch unbehaglicher macht. Wie geht es dir? Deine Haut sieht gut aus.«
Tashana zuckte die Achseln. »Es ist so weit in Ordnung. Die Flecken verschwinden von Zeit zu Zeit, aber sie kommen immer wieder zurück. Allerdings genieße ich es, wenn sie fort sind.« Sie lächelte Stara zu, dann trat sie durch eine Tür in einen großen Raum.
Die anderen Ehefrauen saßen auf mit Kissen bedeckten Bänken. Als Stara und Tashana eintraten, erhoben sie sich. Die üblichen Grußworte wurden ausgetauscht, aber anschließend kehrten die Frauen nicht zu ihren Plätzen zurück.
»Wir dachten, es wäre schön, wenn Tashana dich durchs Haus führen würde«, sagte Chiara zu Stara. Dann sah sie Tashana an. »Geh voran.«
Als die Gastgeberin sie zu sich winkte und durch eine Tür ging, bemerkte Stara, dass die Sklavinnen der Ehefrauen erschienen waren und ihnen nun zusammen mit Vora folgten. Die Frauen und die Sklavinnen stellten eine recht ansehnliche Prozession dar, die durch die Flure und Räume des Hauses streifte. Dies wurde noch augenfälliger, als sie die großen, luxuriösen Räume verließen und in einen schlichten, schmalen Flur kamen, in dem ihre Stimmen und Schritte widerhallten.
Dies scheint kein Teil des Hauses zu sein, in den der Herr und die Herrin sich normalerweise verirren würden,
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