Magie
durchaus, dass Ihr, wenn Ihr Euch uns anschließt,
für uns arbeiten werdet. Ihr werdet nach wie vor das Recht haben, eine Aufgabe abzulehnen, wenn sie Euch zu sehr gegen den Strich gehen sollte.«
»Wenn ich zum Beispiel zu zimperlich bin, um einen Mord zu begehen.«
»Genau.«
»Darüber bin ich froh. Was noch?«
»Wir sind alle gleich, wenn wir zusammen sind. Sklavin, freie Frau, Magierin.«
Stara stieß einen Seufzer aus. »Oh, was für eine Erleichterung!«
Die Frau sah sie eigenartig an. »Es wird Euch vielleicht nicht so leicht fallen, wie Ihr denkt.«
»Ich habe den größten Teil meines Lebens in Elyne verbracht«, gab Stara zurück. »Du hast keine Ahnung, wie hart es gewesen ist, sich daran zu gewöhnen, über Sklaven zu verfügen. Also, wann werdet ihr euch erheben und der Sklaverei ein Ende machen?«
Die Frau zog die Augenbrauen hoch und musterte Stara nachdenklich. »Das gehörte nicht zu unseren Plänen für die Zukunft«, gab sie zu. »Wir benötigen all unsere Energie für den Versuch, das Leben von Frauen zu retten. Die Ehefrau Eures Bruders befindet sich an einem Ort außerhalb der Stadt, den wir ›die Zuflucht‹ nennen. Es ist gefährlich, Frauen aus ihren Häusern zu holen, aber damit haben die Risiken noch kein Ende genommen. Wir müssen sie dorthin bringen, und dabei laufen wir Gefahr, sowohl die Zuflucht als auch uns selbst zu offenbaren. Ferner ist es schwierig, die Zuflucht mit den notwendigen Vorräten zu versorgen. Wir haben reichlich Geld, müssen aber sicherstellen, dass man keine Einkäufe bis zu uns zurückverfolgen kann. Nur einige wenige Frauen dürfen den genauen Ort kennen, und jene, die dort leben, dürfen nicht fortgehen, denn wenn man ihre Gedanken lesen würde, würde unsere Arbeit entdeckt werden.«
Tavara betrachtete die anderen Ehefrauen. »Das ist der Grund, warum wir es vorziehen, Frauen nicht aus ihren Häusern herauszuholen. Wir versuchen, ihr Leben mit anderen
Mitteln zu verbessern. Manchmal, indem wir die Politik manipulieren. Das richtige Gerücht in den richtigen Ohren kann den Kaiser töten, wie es heißt. Manchmal benutzen wir den Handel, um das Geschick einer Familie zu verändern. Manchmal sind wir, wie ich zuvor erwähnt habe, bereit, noch weiter zu gehen: jemanden krank zu machen oder sogar töten zu lassen.« Tavaras Blick kehrte zu Stara zurück. »Nachdem Ihr dies jetzt wisst, wäret Ihr immer noch bereit, Euch uns anzuschließen?«
Stara nickte. »Oh, eindeutig. Aber bist du dir sicher, dass ihr mich rekrutieren wollt? Was ist, wenn mein Vater zu Besuch kommt und abermals meine Gedanken liest? Was ist, wenn Kachiro beschließt, es zu tun?«
Tavara lächelte und griff in das tunikaartige Kleid, das sie trug. Aus einer verborgenen Tasche innerhalb des Gewandes zog sie etwas, das silbern und grün leuchtete. Dann ergriff sie Staras Hand und schloss ihre Finger um den Gegenstand.
Es war ein Ohrring. Silberne Fäden umgaben einen klaren, leuchtend grünen Stein. Ein dickerer Silberring bildete die Fassung.
»Das ist ein Lagerstein. Wir kaufen sie von den Duna-Stämmen im Norden. Sie stellen mehrere Arten für verschiedene Zwecke her, verkaufen uns jedoch nur diese Art. Der Stein schützt den Träger vor einer Erforschung seiner Gedanken - und zwar nicht nur, indem er alle Gedanken blockiert. Sobald Ihr den Bogen einmal heraus habt, könnt Ihr demjenigen, der Eure Gedanken liest, die Dinge eingeben, die er erwartet, während Ihr nach wie vor verbergt, was Ihr ihn nicht sehen lassen wollt.«
Stara schaute voller Staunen auf den Edelstein. »Ich habe noch nie zuvor von etwas Derartigem gehört. Weder hier noch in Elyne.«
»Nein. Magier kaufen durchaus Steine von den Duna-Stämmen, aber sie glauben nicht, dass sie magische Eigenschaften haben. Also verkaufen die Stämme ihnen nur solche Steine, die zu fehlerhaft sind, um Lagersteine daraus zu machen. Aber uns, den ›Verräterinnen‹ verkaufen sie sie.«
Stara blickte auf. »Die ›Verräterinnen‹? Ihr nennt euch selbst die ›Verräterinnen‹?«
Tavara nickte und wandte den Blick ab. »Ja. Vor zwanzig Jahren wurde die Tochter des früheren Kaisers von einem seiner Verbündeten vergewaltigt. Sie sprach offen über das Verbrechen und verlangte die Bestrafung des Mannes. Aber der Kaiser kam zu dem Schluss, dass die Unterstützung seines Verbündeten wichtiger sei, und er hatte jede Menge Töchter. Er nannte sie eine Verräterin und ließ sie töten.« Tavara sah Stara wieder in die Augen.
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