Magie
zurück, und er verteilte sie an andere. In allen Darstellungen trug er einen einzelnen blauen Stein an einer Kette auf der Brust, von dem ebenfalls Linien ausgingen.
Auf einer anderen Wand wurde ein mit Seilen gefesselter Mann diesem weiß gekleideten Mann dargeboten. Er war an ein Rechteck gebunden, das auf die gleiche Weise markiert war wie der Steinquader in der großen Höhle. Der weiß gekleidete Mann hielt dem Gefesselten den blauen Stein dann an die Brust. In der nächsten Szene wurde das Opfer davongeschleift, offensichtlich tot, und der weiße Mann verströmte Macht.
»Ich hatte recht, was das Menschenopfer anging«, murmelte Shadiya.
Unter allen Szenen fanden sich zahlreiche kürzere Linien. Eine Art altertümlicher Schrift. Erklären die Inschriften, was auf den Bildern vorgeht?, fragte Stara sich. Diese Edelsteine haben offensichtlich magische Eigenschaften. Wie die Steine, die die Duna verkaufen. Ich wüsste gern ... würden die Duna dies hier lesen können? Sie würde einige Abschnitte kopieren und zu ihnen bringen lassen.
Nachdem Stara den Raum verlassen hatte, kehrte sie zu ihrem Bündel und den Resten ihrer Mahlzeit zurück. Sie beobachtete, wie die Frauen eine nach der anderen zurückkamen; sie alle waren voller Ehrfurcht und betrachteten den Steinquader jetzt mit neuem Ernst. Stara hörte ihrem Geplauder zu und dachte über all das nach, was sie entdeckt hatte.
Sie würden eine Menge Arbeit in das Tal stecken müssen, bevor es bewohnbar sein würde, und noch mehr, bevor die Frauen vollkommen auf sich gestellt hier leben konnten. Aber jetzt besaßen sie die Edelsteine. Nach dem, was sie den Bildern entnehmen konnte, bedurften die Steine einer besonderen Behandlung, um magische Kraft zu entfalten. Die Steine hier an den Wänden konnten sie verkaufen, ohne zu riskieren, dass sie den Kyraliern oder den Sachakanern etwas Gefährliches an die Hand gaben.
Sie hielt inne. Ich spreche bereits von den Sachakanern als Menschen, die sich von uns unterscheiden. Wir werden ein neues Volk gründen. Vielleicht ein kleines Volk wie die Duna, aber nicht so primitiv wie sie. Werden wir uns weiterhin die Verräterinnen nennen?
Sie nickte. Ja. Das sollten wir tun. Wir dürfen nicht vergessen, warum wir hierhergekommen sind. Nicht wegen des Krieges, sondern weil wir als Frauen machtlos waren und man uns keinen Wert beimaß. Die sachakanische Gesellschaft hat uns einen Platz zugewiesen, der kaum besser war als der eines Sklaven. Jetzt haben wir einen neuen Platz gefunden, wo wir die Entscheidungen treffen, wo niemand ein Sklave ist und alle zum Wohle aller anderen arbeiten. Ich bezweifle, dass es einfach werden wird oder dass wir keine Fehler machen werden, und vielleicht werden wir am Ende sogar scheitern. Es wird wahrscheinlich länger dauern als ein Menschenleben. Aber dies ist aufregender als die Führung von Vaters Geschäften. Es ist nicht nur eine Flucht für mich, Vora, Nachira und meine Freundinnen. Wenn es funktioniert, wird es in kommenden Jahren vielen, vielen Frauen helfen.
Und das ist ein Ziel, dem ich ein Menschenleben zu widmen bereit bin.
Epilog
H anara fuhr sich mit der Hand durchs struppige graue Haar und seufzte. Er konnte Schmutz und Schweiß fühlen. Das Bündel, das er trug, war schwer und bereitete ihm Schmerzen in den Gelenken. Sein Atem ging in ächzenden Stößen.
Der Mann vor ihm blieb stehen und drehte sich um. Der irrsinnige, harte Ausdruck auf Lord Narvelans Gesicht wurde weicher.
»Lass dir Zeit, alter Freund«, sagte er. »Wir sind beide nicht mehr so jung, wie wir es einmal waren.«
Erst dreißig oder so, dachte Hanara. Aber wie viele Sklaven war er schneller gealtert als freie Männer. Nur dass ich seit zehn Jahren kein Sklave mehr bin. Ich bin ein Diener. Nicht dass das einen großen Unterschied machen würde.
Er hätte Lord Narvelan verlassen und sich Arbeit in einem anderen Haushalt suchen können, aber wer hätte ihm welche gegeben? Wer würde den Sklaven des Verräters wollen? Niemand. Nein, er musste bei Lord Narvelan aushalten. Dem verrückten Kaiser, wie die Palastdiener ihn nannten. Verrückt, aber gerissen.
Narvelan hatte Sachaka während des größten Teils des vergangenen Jahrzehnts praktisch regiert. Obwohl er angeblich für alle Entscheidung die Zustimmung zweier anderer Magier benötigte, waren fast alle Kyralier, die die Rolle von Mitregenten übernommen hatten, nicht klug oder entschlossen
genug gewesen, um Narvelan entgegenzutreten. Lord Dakon hatte
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