Magie
schreibt, werde ich nicht mehr ihre Tochter sein.
Als sie wieder ins Haus trat und zu ihrem Zimmer zurückging, um die Verbände und ihre Tasche dort abzulegen, erwog sie die Wahrscheinlichkeit, dass Hanara Gedichte für sie verfassen könne. Wahrscheinlich konnte er nicht einmal schreiben. Aber wenn er es könnte, wäre es ihr dann willkommen?
Er ist recht attraktiv, auf eine exotische Art und Weise, überlegte sie. Jetzt, da die Schwellungen abgeklungen sind. Aber... nein. Ich glaube nicht, dass ich ihn bereits gut genug kenne, um auch nur entscheiden zu können, ob ich ihn mag. Er ist viel zu verschlossen und behält seine Geheimnisse für sich. Dann kicherte sie. Ich schätze, in diesen Romanen in meinem Zimmer ist das vollkommen falsch dargestellt. Geheimnisvolle Männer mit rätselhafter Vergangenheit sind doch nicht unwiderstehlich.
Als sie die Treppe erreichte, hörte sie jemanden ihren Namen rufen, und drehte sich um. Malia kam auf sie zugeeilt.
»Euer Vater ist hier, Meisterschülerin Tessia«, erklärte die Dienerin. »Er sagt, er brauche heute Morgen Eure Hilfe... irgendein dringender Fall im Dorf.« Sie runzelte die Stirn. »Ich hoffe, es ist nichts Ernstes.«
»Sag ihm, dass ich gleich dort sein werde. Und könntest du auch Lord Dakon Bescheid geben?«
»Natürlich.«
Tessia eilte nach oben in ihr Zimmer, legte schnell die Verbände ab und kehrte dann wieder zurück. Als sie oben an der Treppe um ein Haar mit Jayan zusammenstieß, mäßigte sie ihr
Tempo. Der junge Mann blieb stehen und sah sie an, und der Ärger in seiner Miene wich jener glatten Höflichkeit, mit der er ihr in letzter Zeit begegnete.
»Du scheinst deine Lektionen heute Morgen gar nicht abwarten zu können«, sagte er.
»Ich werde sie heute versäumen müssen«, erwiderte sie und wünschte, er würde die Treppe hinuntergehen oder sie vorbeilassen. »Vater ist hier, und es ist dringend.«
»Ah, wir schwänzen also wieder einmal den Unterricht, ja?« Er lächelte und schüttelte mit gespielter Missbilligung den Kopf - oder war es in Wirklichkeit echte Missbilligung? War dies ein Anflug der wahren Verachtung, die sie in seinem Tonfall wahrnahm? Ärger stieg in ihr auf.
»Zumindest tue ich mit dem, was ich weiß, etwas Nützliches«, blaffte sie, hielt seinem Blick stand und forderte ihn stillschweigend heraus, ihr zu widersprechen.
Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Er trat zurück, ließ sie vorbeigehen und beobachtete, wie sie die Treppe hinunterlief. Sie hörte ihn etwas murmeln und fing gerade noch das Wort »Idiotin« auf.
Er hält mich also für eine Idiotin, überlegte sie. Arroganter Narr. Ich wette, er kennt nicht mehr als eine Handvoll Menschen im Dorf, und erst recht schert es ihn nicht, ob sie leben oder sterben, ob sie krank sind oder Schmerzen haben. Solange sie die Arbeit im Lehen tun, kümmert es ihn herzlich wenig. Er ist nicht besser als ein Sachakaner. Sie beschloss, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen.
Wie oft Dakon ihren Vater auch gedrängt hatte, sich anders zu verhalten, kam Veran stets durch die Dienstbotentür, und der heutige Tag stellte keine Ausnahme da. Sie fand ihn im Flur vor der Küche, wo er unruhig auf und ab ging. Als er sie sah, runzelte er die Stirn, und ihr wurde klar, dass ihr Gesichtsausdruck nach ihrer Begegnung mit Jayan immer noch düster sein musste.
»Versäumst du heute eine besonders wichtige Lektion?«, fragte er, während er seine Tasche aufnahm.
Sie schüttelte den Kopf und lächelte. »Nein. Mach dir keine Sorgen. Es hat nichts zu tun mit Dakon oder Magie oder Lektionen.
Nur ein kleines Ärgernis. Wo ist Aran?« Sie hatte sich an die Anwesenheit des neuen Gehilfen ihres Vaters gewöhnt. Aran war ein stiller Junge, dem ein Unterschenkel fehlte, und der auf einem der entlegeneren Bauernhöfe aufgewachsen war. Die Behinderung des Jungen machte es ihm unmöglich, anstrengendere Arbeiten auf dem Feld zu versehen, obwohl er mit dem Holzbein, das sein Vater für ihn gemacht hatte, bemerkenswert beweglich war. Er hatte einen schnellen Verstand, und sie gestand sich widerstrebend ein, dass ihr Vater mit ihm eine gute Wahl getroffen hatte.
»Er besucht seine Großmutter«, erwiderte ihr Vater. »Sie hat sich den Arm gebrochen, und er hilft ihr ein wenig.«
»Ah. Also, wen behandeln wir heute?«
Er führte sie aus dem Herrenhaus, bevor er antwortete. »Jaden, Jornens Sohn. Er hatte heute Morgen Schmerzen im Bauch. Sie sind schlimmer geworden. Ich nehme an, es handelt
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