Magie
warum ignorierst du sie, wenn sie dich nicht gerade direkt anspricht, und gibst ihr dann die kürzeste und häufig am wenigsten hilfreiche Antwort?« Dakon kicherte. »Wenn sie anwesend ist, würde jeder aus deinem Gesichtsausdruck schließen, dass sie dir Bauchschmerzen bereitet.«
Jayan sah Dakon an, dann wandte er den Blick wieder ab und dachte angestrengt nach. Welche Erklärung konnte er geben? Gewiss konnte er Dakon nicht erzählen, dass er Tessia jeden Augenblick verübelte, der seiner Ausbildung durch ihren Unterricht verloren ging.
»Sie ist einfach so... unwissend«, sagte er. »So langsam. Ich weiß, sie lernt schnell, aber so kommt es mir nicht vor.« Er verzog das Gesicht, davon überzeugt, dass seine Antwort nicht klug oder ausweichend genug war. Formuliere es so, dass du den Eindruck erweckst, als wolltest du sie aus irgendeinem Grund in der
Nähe haben. »Es wird lange dauern, bevor wir beide ein Gespräch über Magie führen können, bevor wir beide zusammen üben oder ein Spiel spielen können, oder... irgendetwas.« Jetzt sieh ihn an. Er drehte sich zu Dakon um, blickte dem Magier in die Augen und zuckte hilflos die Achseln.
Dakon lächelte und blickte wieder auf den Weg vor ihnen, der zu einem Zaun und einem Tor führte.
»Wenn du sie beobachtest, muss dich das an deine eigenen Anfänge erinnern, an die verlegenen Fragen und die gescheiterten Versuche, Magie zu benutzen. An Schwierigkeiten und Fehler. Weißt du«, er sah Jayan wieder an, »sie würde sich sicher über deine Hilfe freuen. Du hast sie ein wenig nervös gemacht, aber ich bin davon überzeugt, dass es sie beruhigen würde, wenn du ihr ab und zu ein wenig helfen würdest. Nicht dass du versuchen solltest, ihr ganz allein etwas vollkommen Neues beizubringen.« Dakons Miene wurde ernst.
»Meisterschüler sollen nicht unterrichten. Man betrachtet das als einen Missbrauch der wechselseitigen Verpflichtungen von Magier und Meisterschüler.«
Jayan nickte und hoffte, dass diese Geste wie eine Zustimmung aussah und nicht wie eine Verpflichtung. Während sie durch das Tor ritten, brach ihr Gespräch ab. Als sie ihren Weg dann fortsetzten, sah Dakon Jayan erwartungsvoll an.
»Versprich mir, netter zu Tessia zu sein.«
Jayan unterdrückte den Drang, einen Seufzer der Erleichterung auszustoßen. Es hätte schlimmer kommen können. Dakon hätte ihn bitten können, einen Teil seiner Zeit zu opfern, um Tessia beizustehen.
»Ich verspreche es«, sagte er. »Ich werde netter zu ihr sein. Und versuchen, sie nicht ›nervös‹ zu machen, wie Ihr sagt.«
»Gut.« Anscheinend zufrieden mit dieser Zusage, gab Dakon Sleet die Sporen und trieb ihn zu einem Trab an. Während Jayan seinem Meister hinterherblickte, ließ er sich den Seufzer doch noch entschlüpfen. Dann verzog er das Gesicht und drängte Ember, Dakon zu folgen.
Wenn ich so durchschaubar bin, dann muss ich daran arbeiten, dies zu ändern. Vielleicht sollte ich Tessia als eine Gelegenheit ansehen, auf diesem Gebiet ein wenig Erfahrung zu sammeln. Schließlich könnte das, was hier in Mandry ein geringfügiger Fehler ist, in Imardin eine fatale Schwäche sein.
Er konnte ebenso gut versuchen, der Situation einen Vorteil abzugewinnen. Es sah nicht so aus, als würde Dakon sie zu einem anderen Magier schicken. Tessia würde bleiben, und er würde sich einfach daran gewöhnen müssen.
9
T essia starrte die Wasserschüssel an und griff nach ihrer Magie. Sie spürte, wie die Macht gehorsam antwortete und aus ihr hinausströmte, um die Form anzunehmen, die sie wollte, und sich dorthin zu richten, wohin sie sie lenkte. Bläschen stiegen auf und zerplatzten, Tröpfchen bespritzten sie. Sie zuckte zusammen und rieb sich die Haut. Zu heiß.
Dakon hatte ihr vorgeschlagen, die Verwandlung von Magie in Hitze zu üben, indem sie allmorgendlich ihr Wasser zum Waschen erwärmte. Die Benutzung von Magie für alltägliche Aufgaben war eine gute Übung und schärfte den Verstand eines Magiers, erklärte er ihr. Trotzdem konnte sie sich des Gedankens nicht erwehren, dass Magier ein faules Völkchen seien, wann immer sie beobachtete, wie er oder Jayan Magie benutzten, um Türen zu öffnen oder etwas aus einem anderen Teil des Raums herbeizuholen.
Sie war jedoch nicht so dumm, das Wasser vor dem Waschen zu erwärmen. Ihr häufigster Fehler im Umgang mit Magie bestand darin, dass sie zu viel Magie benutzte, und es hatte einige Tage gegeben, an denen sie warten musste, bis das Wasser genug abgekühlt war,
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