Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)
sie ab. Mach einfach.“
Jasko zuckte mit den Achseln, dann schwang er sich auf den Wagen, nahm die Zügel und patschte dem zotteligen Gaul mit einer Gerte auf die Flanke.
Lorgyn ging zurück ins Haus. Auf dem Dachboden befanden sich, ganz wie Niam gesagt hatte, zwei Lampen samt Öl und Zunderstein. Er goss ein bisschen davon über das trockene Holz und den Reisig, den er in die Feuerstelle gelegt hatte, und schlug die Steine aneinander. Ein paar Funken sprangen über. Es begann zu knistern und zu rauchen, und bald brannte ein kleines Feuer.
Zufrieden eilte er zurück zur Herberge. Der erste Anhauch von graublauer Abenddämmerung überspannte das obere Drittel des Himmels wie ein Zierband. Hatte länger gedauert als gedacht. Aluna wartete bestimmt schon.
*
Als er in der Herberge eintraf, fand er Aluna in dem kleinen Aufenthaltsraum neben dem Empfangsbereich. Sie unterhielt sich mit diesem Arlo.
„Ah, ihr habt euch schon bekannt gemacht“, sagte Lorgyn beim Eintreten.
Arlo stand auf und reichte Lorgyn mit einem freundlichen Lächeln die Hand. „Eine ganz reizende Frau habt Ihr, wirklich. Mir blieb diese Freude bisher verwehrt. Zu sehr beschäftigten mich meine Studien, als dass ich der Stimme meines Herzens mein Ohr hätte leihen können.“
„Oh, das ist schade“, entgegnete Lorgyn.
Ich hätte da jemanden, der diesem Dilemma Abhilfe schaffen könnte – eine ganz entzückende Frau! Sie ist Heilerin hier ein Eisbach …
„Tja“, seufzte Arlo ohne wirkliches Bedauern. „Das Wandeln auf dem Pfad der Gelehrsamkeit verwehrt einem manche Freude im Leben.“ Er zwinkerte. „Aber natürlich nicht jede. Die Perle macht gleich auf, und heute Abend wird Snorg gespielt. Könnt Ihr Snorg?“
„Ein bisschen.“
„Dann kommt mit!“
„Ein anderes Mal vielleicht.“ Er hatte eine Odyssee hinter sich, bei der Aluna und um ein Haar gestorben wären. Seine Zauberkraft war vollkommen erschöpft, und die kurzzeitige Frische, die er heute Vormittag beim Weg zu den Heilenden Quellen verspürt hatte, war längst dahin. Eine Kartenrunde und den Lärm und Tabakrauch einer Taverne waren das Letzte, was er brauchte.
Leider bekam Arlos Vorschlag Unterstützung von unerwarteter Seite.
„Lass uns wenigstens kurz hingehen“, sagte Aluna und lächelte. Als sie in Lorgyns Gesicht sah, wich ihre Heiterkeit. „Wenn dir das zu viel wird, können wir natürlich …“
„Nein.“ Er hob die Hand und schüttelte den Kopf. „Wir gehen hin. Vielleicht sind ein gutes Bier und etwas Ablenkung ja genau das, was wir nach den Strapazen brauchen.“
„Fein“, sagte Arlo. „Sobald Gerom die Laterne vor der Perle entzündet, dauert es nicht mehr lang. Nur damit ihr nicht zu spät kommt.“
„Ich werde dran denken.“
„Bis gleich.“ Arlo fischte seinen ulkigen Hut mit der schillernden Feder vom Tisch und setzte ihn auf. Er hatte eine kahle Stelle auf dem Hinterkopf, um die sich ein Kranz blassroten Haars zog – was ihn allerdings nicht daran hinderte, den Rest lang wachsen zu lassen. Lorgyn vermochte nicht zu sagen, was hässlicher war: der Hut oder die Frisur?
Nachdem die Tür zur Herberge zugefallen war, sah er seine Frau an. „Möchtest du das wirklich?“
„Arlo ist ein netter Kerl, wenn auch ein bisschen kauzig.“
„Was macht er eigentlich in dieser Gegend? Eine Lobeshymne auf den Schnee kreieren?“
„Warum so schlecht gelaunt?“ Aluna stand auf und umarmte ihn.
„Ich bin müde.“
„Ich auch. Aber wie lange waren wir schon nicht mehr in einer Taverne? Ein halbes Jahr?“
„Wahrscheinlich länger“, seufzte er. „Erst gestern bist du vor Erschöpfung fast ohnmächtig geworden, vergiss das nicht.“
„Ich weiß“, nuschelte sie in den Stoff seines Umhangs. „Doch ich habe den ganzen Tag geschlafen, und ich fühle mich gut. Außerdem knurrt mein Magen.“
„Der Tabakrauch – du weißt, dass …“
Sie legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. „Sprich nicht weiter. Kann sein, dass ich es morgen bereue. Aber du hast es selbst gesagt: Vielleicht schadet ein bisschen Ablenkung nicht.“
„Ich wollte dir damit einen Gefallen tun.“
Sie lachte. „Wie charmant von dir, Herr Magier.“
„Leise“, zischte Lorgyn. „Das soll niemand wissen.“
„Warum eigentlich nicht?“
„Den meisten Leuten hier wird die arkane Kunst fremd sein. Und was man nicht kennt, das fürchtet man.“
Aluna seufzte. „Also?“
„Gut, spielen wir eine Runde Snorg.“
Sie küsste ihn auf den Mund.
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