Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)
Eisbach hinweggefegt.
Wirklich blöd, dass niemand öffnete. Nach den letzten Tagen, die er brütend über Hunak Valgas´ Aufzeichnungen verbracht hatte, lechzte er nach Abwechslung. Tja, blieb ihm wohl nur, eine Runde über den Totenacker zu drehen und anschließend in die Herberge zurückzukehren, wo der einzige Lichtblick Laris hieß. Sie war charmant, gewitzt und gebildet, und sie interessierte sich mit nicht minder fanatischem Eifer für die Vergangenheit wie er selbst. Vor zwei Tagen, auf dem Rückweg vom Friedhof, hatte Laris es sich kurzerhand anders überlegt und war umgekehrt, sodass Arlo den Rest des Weges zur Herbere allein zurücklegte. Dort wurde er von Gerom abgepasst – der ihn in forschem Ton davor warnte, Laris weiter nachzustellen.
Beschämt und nach Worten ringend war er dagestanden wie der letzte Idiot, was Gerom wohl als Schuldeingeständnis verstand, obgleich es lediglich Arlos Schreck widerspiegelte, dass ihm jemand so etwas unterstellte. Seitdem mied er Laris, was seine Laune gehörig trübte: Sie war die Einzige, deren Gesprächsthemen sich nicht um Schnee, Bier, Snorg und Kopulation drehten. Meist hatten das Parlieren zwischen Tür und Angel stattgefunden, manchmal aber auch bei einem Spaziergang wie vor zwei Tagen, mit etwas mehr Zeit und Ruhe. Für profunde Themen wie Geschichte oder vor allem Philosophie reichte ein Plausch im Vorbeigehen nicht aus.
Ein Jammer, dass es damit erst einmal vorbei war. Zwar empfand Arlo keine Angst vor Gerom – zumindest nicht allzu viel –, doch konnte er es sich nicht leisten, dass ihm nach Genthate der nächste einflussreiche Eisbacher mit Ablehnung begegnete. Bei dem Priester ließ sich nichts mehr bereinigen: Er wusste, wonach Hunak Valgas gesucht hatte. Und er wusste, dass er, Arlo, dessen Schüler war.
Geroms Zorn würde hoffentlich schnell verrauchen.
Seufzend strich Arlo über den Frack, der aufgrund seiner Statur an allen Ecken und Ende spannte. Aber es war der Frack seines Lehrmeisters, seines Mentors, seines Mäzens, und er würde ihn erst ablegen, wenn er dessen letzte Queste abgeschlossen hätte.
Plötzlich hörte er jemanden husten. Lorgyn und Aluna kamen um die Ecke, sie in einen dicken Wollmantel mit Kapuze gepackt, Lorgyn in eine schwarze Robe. Aluna krümmte sich, und ein abgehackter Hustenstoß nach dem anderen – fast klang es wie ein Bellen – riss sich aus ihrer Kehle. Lorgyn stützte sie und führte sie mit sorgenvoller Miene zum Haus. Erst jetzt sah er Arlo.
„Hallo“, sagte er, während er den Schlüssel aus seiner Manteltasche fischte.
„Schön, euch beide zu sehen.“
Aluna schenkte ihm ein blasses, erschöpftes Lächeln.
Befangen lächelte Arlo zurück. Dass er Zeuge dieses traurigen und auf gewisse Weise sehr intimen Moments war, war für die beiden sicher nicht sehr ersprießlich. „Entschuldigt, ich bin nur hier, weil ich fragen wollte, ob du vielleicht heute Lust auf einen Spaziergang hättest. Ich komme aber besser morgen wieder, oder übermorgen, wenn …“
„Nein“, flüsterte Aluna. „Ich brauche jetzt Ruhe. Geht nur, ihr beiden.“
Fragend sah Lorgyn sie an.
„Ist in Ordnung, wirklich.“
Er drehte den Schlüssel und öffnete die Tür.
Heraus hoppelte ein Hase, und auch eine Katze streckte den Kopf über die Schwelle, schnupperte die Luft und sah Arlo aus wachsam verengten Augen an.
Der Hase indes hielt unbeirrt auf Arlos Hose zu. Ohne zu zögern stellte er sich auf die Hinterbeine und stempelte mit den Vorderpfoten zwei winzige Schneekränze auf seine Hose.
„Du bist mir ja ein ganz Neugieriger, hm?“
Plötzlich ratschte der Hase mit den Krallen am Stoff herum, wie es eigentlich Katzen zu tun pflegten. Selbige jedoch hockte weiterhin ängstlich und mit zuckender Nase in der Tür.
Lorgyn führte Aluna ins Innere des Hauses und kehrte rasch und leicht atemlos zurück, um die beiden Tiere aufzuheben und wegzuschaffen.
Türenschlagen. Wenige Augenblicke später war Lorgyn wieder da, ein verlegenes Lächeln auf den Lippen. „Die Tiere sind keine Fremden gewohnt.“
„Deinem Hasen merkt man das aber nicht an. Der ist überhaupt etwas sonderbar. Wetzen Hasen auch ihre Krallen?“
Lorgyn schloss die Tür und zuckte mit den Achseln. „Puh, keine Ahnung. Wir haben die Viecher ja noch nicht so lange, weißt du. Vielleicht ist er nur etwas … verwirrt?“
Ein verwirrter Hase, meinetwegen, dachte Arlo und machte sich keine weiteren Gedanken darüber. Über die Sonderheiten von Tieren konnte
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