Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)
Fisch. Seine Zuckungen waren erratisch, unkontrollierte Bewegungen, hervorgerufen durch unsäglichen Schmerz. Er war kreidebleich, und er röchelte und keuchte. Speichel trat ihm aus dem Mund, quoll zwischen seinen zusammengepressten Lippen hervor und lief auf seinen Bauch, wo das durch seine zappelnden Beine aufgewühlte Wasser ihn hinfort spülte.
Jemand beugte sich zu Niam hinab und drückte ihm gewaltsam etwas in den Mund.
Es war Burain, sein Pfleger.
Nach einiger Zeit war Niams Anfall vorüber. Schwer atmend lag er im Wasser. Burain, sein Gesicht kummervoll, hielt Niams Kopf und strich ihm sanft durch das verschwitzte Haar.
Lorgyn sah zu Aluna.
Sie war nicht einmal wach geworden.
„Burain, wann ist es endlich zu Ende?“, krächzte Niam.
„Es geht doch schon wieder besser“, erwiderte Burain ohne rechte Überzeugung.
„Nein, nein“, knirschte Niam. „Das Gleichgewicht … hat sich verschoben. Die schönen Momente sind verschwunden. Es gibt nur noch den Schmerz. Er beherrscht alles. Er beherrscht mich. Aber ich will nicht mehr, dass er mich beherrscht!“ Alle Kraft schien aus ihm zu weichen, er sank ins Wasser, und wäre Burain nicht gewesen, wäre er wohl ertrunken.
Niam begann zu weinen, ohne Zurückhaltung, er zerbrach einfach.
Lorgyn konnte nicht hinsehen. Es war zu viel. Einst war dieser Mann bei den Laskinger Bogenschützen gewesen, hatte etwas erreicht. Er besaß Witz und Humor, und hier, dem Tod näher als dem Leben, hatte er sogar noch die Liebe gefunden. Bestimmt war er stark gewesen, unerschütterlich, einer, der nicht umkippte, wenn der Wind von vorne blies.
Aber die fortschreitende Krankheit nahm ihm alles. Sie machte ihn zu einem Wrack, körperlich wie seelisch, ließ nur eine weinende, gebrochene Hülle zurück.
„Iros!“, rief Niam verzweifelt, „wann holst du mich endlich zu dir? Lass mich nicht länger leiden! Hörst du, ich will nicht mehr! Erlöse mich!“
Lorgyn zwang sich, ihn anzusehen.
Ihre Blicke kreuzten sich.
Niam hustete. „Mach es gut, Junge. Und erweise einem alten, sterbenden Mann einen Gefallen.“
„Was … was soll ich tun?“
„Bete für mich! Bete, dass Iros mich endlich sterben lässt!“
Burain half Niam aus dem Wasser, sprich, er hievte ihn mit aller Kraft heraus und trug ihn mehr als dass er ihn stützte.
Erschüttert schaute Lorgyn den beiden nach.
Niam sehnte sich nach dem Tod. Er hoffte auf Erlösung.
„Ich werde dich erlösen, Niam.“
Kaum hatte er das gesagt, hörte er wie von fern die Stimme seines Lehrmeisters Bjarim.
Sei dir stets deiner Macht bewusst. Missbrauche sie nicht. Iros hat dir eine Kraft gegeben, über die kein anderer Magier verfügt. Gehe weise damit um.
Lorgyn presste die Hände auf die Ohren. Als das nicht half, ließ er sich unter Wasser sinken und hielt solange die Luft an, bis es ihm fast den Brustkorb sprengte und Schlieren vor seinen Augen waberten.
Er durfte jetzt nicht zögern. Heute Nacht würde es geschehen. Nach Luft schnappend tauchte er auf.
Sei dir stets deiner Macht bewusst. Missbrauche sie nicht. Iros hat dir eine Kraft gegeben, über die kein anderer Magier verfügt. Gehe weise damit um.
„Verflucht!“, zischte er.
Er musste rasch handeln, aber überlegt. Planung. Konzentration.
Voller Verdruss schlug er die Faust mehrmals ins Wasser.
Es wurde zu viel, wuchs ihm über den Kopf. Leid, Tod, sein Plan, das Buch, das Schicksal seiner Eltern, der Kralik, nicht zuletzt Laris …
Wer in Hektik verfiel, machte Fehler.
Einen Fehler aber durfte er sich heute Nacht nicht erlauben.
Abermals sank er unter Wasser, hielt den Atem an, lauschte seinem Herz, das sich langsam beruhigte. Er fing an nachzudenken.
*
„Lorgyn, ich verstehe nicht“, sagte Arlo mit wachsender Verwirrung.
„Du bleibst bei ihr, und wenn sie einen Anfall erleidet, flößt du ihr das Gift ein.“
Arlos Kehlkopf hüpfte, als er seine Finger nach der Phiole ausstreckte und sie vorsichtig vom Nachttisch neben dem Bett nahm, in dem Aluna schlief.
„Ich weiß nicht, ob ich das kann.“
„Papperlapapp“, sagte Lorgyn.
„Duria könnte das viel besser, oder nicht?“
„Ich vertraue in diesem Dorf niemandem.“ Lorgyn setzte sich neben Arlo auf das Bett und fasste ihn am Arm. „Wir müssen zusammenhalten! Wenn du mir hierbei hilfst, dann begleite ich dich nach Gruvak, um irgendwie in den Tempel zu gelangen.“
Arlo vergrub das Gesicht in den Händen und seufzte gedehnt. „Ich schlittere hier in irgendetwas hinein, das
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