Magier des dunklen Pfades 1 - Die Suche (German Edition)
fasste sie Aluna am Kiefer, presste, bis der Mund sich öffnete, und tröpfelte ihr die honigähnliche Flüssigkeit in den Rachen.
Zwischen einzelnen Hustenkrämpfen würgte sie das Zeug herunter. Nach ein paar Herzschlägen stellte sich Besserung ein. Das quälende Zischen ihrer Atemzüge legte sich, und ihr Körper entspannte.
Duria seufzte und stieß den Stöpsel mit der flachen Hand zurück in den Ausguss.
„Ihr seid ein Genie!“, entfuhr es Lorgyn, der vor Erleichterung den Kopf schüttelte und Aluna ansah. Sie lebte. Atmete.
„Was ist das für eine Arznei? Und warum hat mir nicht einmal Ontis, der zu den begnadetsten Heilern Jalsurs zählt, etwas davon erzählt oder mir gegeben?“ Verblüffend, dass eine unbekannte Heilerin auf eine Methode gestoßen war, die Alunas Leid linderte.
Entgegen des Erfolgs sprach weder Stolz noch Zufriedenheit aus Durias Miene, sondern einzig und allein Sorge. „Das ist keine Arznei. Es ist Gift.“
„Aber …“
„Das verdünnte Gift der Kradvas-Spinne aus den Dschungeln des Südens. In stärkerer Dosierung würde es nach kurzer Zeit zum Tod führen. Es lähmt Nerven und Muskulatur. Man erstickt.“
„Ihr … Ihr treibt das Böse mit etwas noch Böserem aus?“
Durias Züge wurden hart. „Dieser Anfall war sehr heftig. Gut möglich, dass sie ohne das Gift bereits tot wäre.“
Lorgyn fasste sich an den Kopf. „Und … und die Nebenwirkungen?“
Duria warf einen mitleidvollen Blick auf Aluna. „Nach und nach wird das Gift ihre Nerven zerstören. Je öfter man es ihr einflößt, desto schneller wird sie daran sterben. Es verzögert lediglich das Unausweichliche. Vielleicht hat sie dadurch ein oder zwei Wochen mehr, wer weiß.“
„Ich verstehe.“ Er sah Duria an. „Ich danke Euch.“
„Dankt mir, indem Ihr Euch um Eure Frau kümmert. Seid bei ihr, redet mir ihr, schwelgt in Erinnerungen. Genießt die letzten Tage. Und lasst sie nicht immer allein.“
Verwirrung malte sich auf sein Gesicht. „Woher …?“
„ Ich rede mit Eurer Frau!“, platzte es unerwartet heftig aus Duria heraus. „Sie ist traurig! Sie ist enttäuscht! Tief verletzt! Und Ihr – Ihr schert Euch nicht darum!“
Jemand trat aus dem Tempel und lief zu ihnen.
Laris.
„Was ist passiert?“
Angriffslustig reckte Duria das Kinn nach vorne und funkelte Lorgyn an. „Laris, es wäre sehr nett, wenn du dem Herren dabei helfen würdest, seine todkranke Frau nach Hause zu bringen. Ich halte es leider nicht länger in seiner Gegenwart aus.“ Mit einem Schnauben wandte sie sich um und stapfte davon.
Lorgyns Mund öffnete und schloss sich ein paar Mal, dann hob er Aluna auf, die zwischen Ohnmacht und Wachsein schwebte. Er nahm den einen Arm, Laris den anderen.
Seine Wangen glühten vor Scham. Zorn war auch dabei, doch die Hitze der Verlegenheit überwog.
Er riskierte einen Seitenblick zu Laris, die durch nach vorne gerichteten Blick jeglichen Augenkontakt unterband.
Jeder denkt, ich bin ein schlechter Ehemann. Ein geierherziger Kerl, der sich nicht für das Schicksal seiner Frau interessiert.
Plötzlich spürte er den heißen Druck von Tränen. Er blinzelte ein paar Mal und fasste sich.
Es ist egal, was diese Leute von mir halten! Sie verstehen nicht! Du darfst keine Schwäche zeigen, Lorgyn de Daskula – auch dir selbst gegenüber nicht!
„Ich danke dir“, sagte er zu Laris, als sie sein Haus am Friedhof erreichten.
Sie nickte ein paar Mal unsicher, mit der Situation offensichtlich überfordert. „K-keine Ursache.“
Aus einem Impuls heraus ergriff er sie am Arm und schaute sie an. Ihre Augen waren ein zwiefacher Sog, der ihn zwang, sie länger anzusehen. Diese Unschuld, dieser klare Blick, ohne eine Spur von Argwohn …
„Es … es ist nicht so, wie jeder denkt“, murmelte Lorgyn, obwohl er eigentlich gar nichts sagen wollte.
Wieder nickte sie knapp. Sie wollte seiner Berührung entgehen, er spürte es am Spannen ihres Körpers. Dann jedoch ergriff sie plötzlich seine Hand. „Dein Schmerz muss fürchterlich sein.“
Er schluckte, war keines Wortes fähig.
Sie ließ ihn los, wandte sich ab und zog mit schnellen Schritten von dannen.
Lorgyn führte Aluna ins Haus, entkleidete sie und legte sie ins Bett. Obwohl es ihm widerstrebte – er musste die Zeit nutzen, um mit dem Zauber voranzukommen! –, legte er sich neben sie.
„Auch du wirst es eines Tages verstehen, Aluna“, sagte er leise.
Sie schlief und hörte ihn nicht. Jetzt, allein, ohne jemanden, der seine
Weitere Kostenlose Bücher