Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)
Dabei kam er an niedergeschlagenen Tempelwachen vorbei, die sich zwar regten, aber noch zu benommen waren, um eine Gefahr darzustellen. Der Altar selbst war ein Schlachtfeld. Orul hockte mit dem Rücken dagegen gelehnt, sein blutbesudeltes Schwert noch in der Hand. Sein Atem kam schnell und flach, und sein Gesicht war ganz weiß. Er sagte keinen Ton, als Pergin an ihm vorbeiging. Im hinteren Bereich fand er einen großen Mann mit einer grässlichen Brandwunde im Gesicht, über dessen Brust sich ein tiefer Schnitt zog. Lederwams wie Kettenhemd darunter waren von der Wucht aufgeplatzt. Trotz der schweren Verletzung war er am Leben. Er blinzelte, als er Pergin erblickte, und ein rasselndes Keuchen entwich seiner Kehle. Für zwei weitere Tempelwachen kam jede Hilfe zu spät. Die eine lag mit weggerissener Kehle in einer Blutlache, der anderen war der Schädel bis zu den Lippen gespalten worden. Angewidert schaute Pergin weg – und entdeckte die Frau mit dem Pfeil im Bein sowie Aluna.
Er unterdrückte einen erschrockenen Laut und hob die Hand vor den Mund. Beinahe hätte er Lorgyns Frau nicht wiedererkannt. Die Krankheit hatte sie völlig ausgezehrt und um Jahre altern lassen. Ihr Gesicht war wächsern und eingesunken.
Ihm schnürte es das Herz zusammen, auch wenn der Tod in diesem Fall wohl eine Erlösung gewesen war. Er kniete sich neben die Frau mit den schwarzen Ringellocken, die keuchend aufstöhnte, als er sie anhob.
Vorsichtig ging er zurück und legte sie so behutsam wie möglich ab.
»Sie hat große Schmerzen«, sagte Pergin und warf einen sorgenvollen Blick auf den vom Pfeil durchschlagenen Unterschenkel.
»Kannst du … kannst du irgendetwas machen?«, fragte Lorgyn mit matter Stimme. Seine Kräfte schienen zu schwinden.
Wie sollten sie jemals aus dem Tempel kommen?
»Ich kann es versuchen«, antwortete Pergin, wissend, auf was Lorgyn anspielte. Heilzauberei lag ihm ganz gut, nur fehlte ihm die magische Energie, um derart schwere Verletzungen vollständig zu heilen. Linderung jedoch konnte er verschaffen.
»Wer?«, fragte Pergin.
»Erst Laris, dann Arlo, zuletzt ich …«
Pergin kaute auf der Unterlippe herum, während seine Augen über die verschiedenen Verletzungen huschten. »Nein«, sagte er schließlich, »das wäre unklug. Ich kann Laris tragen. Ihre Verletzung ist nicht tödlich.«
Ohne abzuwarten, kümmerte Pergin sich um Arlo. Er legte die Hände auf dessen Bauch, ignorierte, so gut es ging, das klebrige Gefühl erkalteten Blutes, und kanalisierte seine Kraft in die Wunde.
Arlo seufzte auf, hob den Kopf und lächelte erleichtert.
Kurz darauf zog Pergin die Hände zurück. »Tut mir leid, mehr kann ich Euch nicht gestatten.«
»Schon gut«, keuchte Arlo. »Helft mir auf – und sagt bitte Arlo zu mir.«
»In Ordnung, Arlo«, erwiderte Pergin und griff dem fülligen Mann unter die Achseln. Ganz schön schwer, der Bursche, aber immerhin stand er nun, wenn auch gebückt. Sein Blick jedoch zeigte Entschlossenheit.
»Danke.«
»Gern geschehen.«
»Den Kampfstab bitte«, fügte Arlo hinzu und deutete auf die Waffe.
Pergin kannte sie. Es war Lorgyns Waffe, ein Geschenk, dessen Übergabe so lange zurückzuliegen schien, als wäre es ein anderes Leben gewesen. Er hob sie auf und reichte sie Arlo, ehe er sich Lorgyn zuwandte »Nun zu dir.«
»Erst Laris«, murmelte Lorgyn, eine Spur von Trotz in der Stimme.
»Niemand kann dich tragen, also musst du zumindest auf den Beinen bleiben.«
Am meisten schwächte diesen der Pfeil, also ließ Pergin das meiste seiner Kraft in die Schulterwunde fließen. Den Rest verwandte er auf die Verletzungen in Lorgyns Gesicht.
Leichter Schwindel ergriff Pergin, als er sich erhob. Seine Zauberkraft war aufgebraucht. Er fasste Lorgyn an seinem guten Arm und hievte ihn in die Höhe.
Ächzend kam er zum Stehen, schwankte kurz, hielt sich aber aufrecht. Sein Blick haftete an Aluna. Seine Lippen verkrampften sich, und ehe Pergin sich versah, neigte Lorgyn den Oberkörper, um Aluna in die Arme zu raffen. Er verlor das Gleichgewicht, stürzte und kam quer neben ihr zu liegen.
»Nein!«, rief er. »Ich kann sie doch nicht einfach zurücklassen!«
»Komm!«, sagte Pergin und zerrte Lorgyn von Aluna weg, dachte dabei an seine eigene Frau, die auf ihn wartete. Die noch lebte!
Vorausgesetzt, Lorgyns Wunden heilten gut und sie hätten eine reibungslose und vom Wetter begünstigte Rückreise nach Jalsur, würde er sie vielleicht in nicht mehr als zwei Monaten
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