Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)
mich mit vergifteten Stricken vierteilen, während sie mir siedendes Öl drübergießen, den Kopf abhacken und mich gleichzeitig lebendig begraben. Danach hängen sie mich und verbrennen den Galgen.
»Haha!«, rief Arlo laut: Erst Kopf abhacken und dann hängen.
Geht ja gar nicht.
Jäh ertönte ein Klingeln von Schellen im Haus; zeitgleich erglühte ein grüner Lichtpunkt im Wohnbereich, der rasend schnell anwuchs und schließlich zerplatzte.
Jemand näherte sich!
In Windeseile sammelte er alle Papiere ein, die auf, neben oder unter dem Tisch lagen, schob sie zu unordentlichen Stößen zusammen und beförderte alles auf den kleinen Dachboden. Vor lauter Hektik stürzte er um ein Haar von der Leiter.
Im selben Moment, als er seinen beginnenden Fall unterband, indem er die Hände um die nächstbeste Sprosse krallte, marterte der dumpfe Bärenbass eines Gongschlags seine Ohren. Eine rot leuchtende Kugel blähte sich auf. Wer immer auf das Haus zuhielt, war schon fast bei der Tür!
»Ruhig bleiben«, krächzte Arlo, öffnete die Kellertür und eilte die Stufen hinab. Eine Saukälte hier unten!
Die Illusion war intakt. Rasch kauerte er sich in die Lücke zwischen den realen Holzscheiten.
Und wartete.
Leise atmete er in seine Hände, damit keine aufsteigenden Atemwölkchen ihn verrieten. Außerdem wärmte er so seine kalten Finger. Zwei Fliegen mit einer Klappe.
Jemand klopfte gegen die Eingangstür. Es klang nicht danach, als würde dieser Jemand sie am liebsten einschlagen, doch eine gewisse Note von Erregung schwang auf jeden Fall mit.
Arlo hörte genau hin.
Eine Stimme rief etwas.
Eine Frau.
Laris?
Mit einem Ächzen erhob Arlo sich und eilte zur Haustür. Still betete er, dass sie keine schlechten Neuigkeiten über Lorgyns Wegbleiben mit sich brachte. Seit mehr als vier Tagen war er wie vom Erdboden verschluckt. Erst hatte Arlo das Schlimmste befürchtet, aber die Illusion im Keller war ja weiterhin aktiv. Obwohl in Sachen Magie nicht sonderlich bewandert, war er sicher, dass beim Tod eines Magiers auch dessen Zauber erloschen, da sie direkt an ihn beziehungsweise seine Magie gekoppelt waren. Und ohne Leben keine Magie. Nur, wo war Lorgyn abgeblieben? Solange die Zauber funktionierten, fühlte Arlo sich zu einem gewissen Maß geschützt, doch die Aussicht, auf Dauer ohne Lorgyn durchzuhalten, machte ihn fix und fertig. Immerhin hielt das Tauwetter an, und mehr als einmal hatte er sich die Frage gestellt, ob der Pass bereits frei war.
Angenommen, Lorgyn kommt nicht zurück – könnte ich es schaffen? Die Sachen auf den Karren laden und ab durch die Mitte?
Arlo drehte den Schlüssel.
Besitze ich wirklich den Mut, mich auf eigene Faust durchzuschlagen?
Er zog die Tür auf.
Andererseits: Was, wenn Lorgyn meine Hilfe braucht – und ich einfach verdufte?
Eine Frau stand vor ihm. Aber es war nicht Laris.
Er benötigte einen Moment, ehe das Bild einer ausgemergelten, hohlwangigen Frau mit seiner Erinnerung korrelierte.
»Aluna?«, fragte er und kam sich dabei wie ein Volltrottel vor. Nach mehrmaligem Blinzeln schloss er den offen stehenden Mund.
Ihre Lippen krampften sich zusammen, und ein Zittern lief vom Scheitel bis zur Sohle durch ihren abgemagerten Körper.
Hinter ihr befand sich ein bärtiger, finster dreinblickender Mann.
Nach einem schauerlichen Atemzug, der sich anhörte, als klebe Lehm in der Luftröhre, fragte sie: »Wo ist … dieser verdammte Mistkerl?« Sie schluckte trocken. »Dieser verdammte Mörder !«
Mörder?
Das Herz sackte Arlo ein Stück weit Richtung Bauch. »Meinst du … Lorgyn?«
Ihre Augen, anfänglich trüb, blitzten auf. »Ja – den Mörder!«
Unwillkürlich setzte Arlo einen Schritt zurück. Aluna erweckte den Eindruck, als wolle sie ihm gleich an die Gurgel springen. »Ich … ich weiß es nicht. Seit vier Tagen habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
Sie rang die Fäuste, und der Ausdruck seelentiefer Wut kroch in ihren Blick. »Wenn du ihn siehst, sag ihm, dass ich meinen letzten Atemzug darauf verwenden werde, ihn zu verfluchen!« Plötzlich sackte sie zusammen. Der bärtige Mann griff im Reflex nach ihr und bekam sie am Umhang zu fassen. Sie fing an zu husten, ihr Körper krümmte sich. Der Mann ließ sie den matschigen Schnee sinken und drückte ihr ein Fläschchen zwischen die Lippen.
Wenig später verebbten die rachitischen Laute, und sie stand wankend auf. Ohne ein Wort des Abschieds wandte sie sich ab, gestützt von ihrem Helfer, den Arlo schon mal
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