Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
Kristalllüster. »Noch nicht ganz!« Mit einem Kopfnicken riss er den Lüster aus seiner Verankerung und ließ ihn klirrend auf dem Schädel des anderen Magiers zerbersten. Im Wohnzimmer hatte er noch einen Bowler getragen, doch den hatte er auf der Treppe verloren, was sich jetzt als glücklicher Umstand erwies, denn der schwere Lichtspender schlug den Mann auf der Stelle bewusstlos.
Sofort fielen die Fesseln von Crowleys Beinen ab, und er rappelte sich auf, um weiterzustolpern. Keuchend und mit rasendem Herzschlag hastete er die zweite Treppenflucht hinauf. Schnelle Schritte in seinem Rücken zeugten davon, dass er noch nicht all seine Verfolger abgeschüttelt hatte. Natürlich , dachte er, der Franzose fehlt noch. Nachdem er sein Fußvolk geschickt hat, um mich weichzuklopfen, pflückt er nun die reife Frucht vom Baum.
In die Decke des zweiten Stocks war eine Klappe zum Speicher des Hauses eingelassen. Crowley verschwendete keine Zeit damit, sie mit dem dafür vorgesehenen Stockhaken zu öffnen und eine Leiter aufzustellen. Stattdessen riss er die Klappe einfach mithilfe der Magie auf, ließ ein Fadenbündel in den Dachstuhl schnellen und zog sich schwungvoll in die Höhe. Gleichzeitig packte er eine hüfthohe Kommode, die neben der Tür zu seinem Studierzimmer stand, und schickte sie ungezielt den Treppenaufgang hinab in der Hoffnung, seinen Verfolger dadurch auszubremsen.
Seine Landung auf dem Speicher war nicht ganz so elegant wie geplant, denn der Raum stand voller Gerümpel, und ein am Boden liegendes Regalbrett sorgte dafür, dass er mit seinem linken Fuß umknickte. Der Archivar strauchelte, fing sich aber gerade noch rechtzeitig, bevor er durch die offene Luke wieder ein Stockwerk tiefer stürzen konnte. Mit einem Fluch auf den Lippen humpelte er zu dem schmalen und beinahe blinden Dachfenster, entriegelte es und klappte es auf. Er wollte sich gerade hindurch- und aufs Dach zwängen, als er ein Poltern hinter sich vernahm.
Er fuhr herum, doch diesmal war er nicht schnell genug. Im Halbdunkel des Speichers sah er nur noch das von unzähligen Schnitten übersäte Gesicht des Mannes, der im ersten Stock mit den Überresten des Schrankspiegels unangenehme Bekanntschaft gemacht hatte. Das Tuch, das er vor dem Gesicht gehabt hatte, hing zerfetzt um seinen Hals, und Blut lief ihm von den Schläfen und über die Wangen. Dann schnellte eine Faust vor und traf Crowley direkt am Kinn. Der Kopf des Archivars wurde nach hinten geworfen und knallte gegen den Holzrahmen des Dachfensters. Ein greller Schmerz explodierte in seinem ohnehin schon malträtierten Schädel und ließ ihn zu Boden gehen.
Crowley stöhnte schmerzerfüllt auf und blinzelte, um die drohende Ohnmacht abzuwenden. Im Dunkeln tastete er nach irgendetwas, das er als Waffe verwenden konnte. Seine Finger fuhren über kalte steinerne Brüste und riefen die Erinnerung an eine zwei Fuß große Venusstatue wach, die seine Frau hierher verbannt hatte, nachdem sie ihrer im Wohnzimmer überdrüssig geworden war. Er umfasste ihren Oberkörper genau in dem Moment, als der andere ihn am Kragen packte und in die Höhe zog.
»Alors, ça te plait, bouquineur?«, grunzte der Mann zufrieden und spuckte Crowley blutigen Speichel ins Gesicht.
Es gefällt mir überhaupt nicht, du Dreckskerl , dachte der Archivar. »Und nenn mich nicht Bücherwurm!« Mit aller und zugleich letzter Kraft schwang er die Steinstatue und ließ sie seitlich gegen den Kopf seines Gegners prallen. Es gab ein dumpfes Klirren, als die Hohlskulptur am Schädel des Mannes zerbrach. Sein Hut flog ihm vom Kopf, und er taumelte.
Crowley ließ die Trümmer fallen, schlug die Hand an seinem Kragen beiseite und versetzte seinem Häscher einen magisch verstärkten Stoß vor die Brust. Dieser verlor daraufhin vollends das Gleichgewicht, und mit einem Schrei stürzte er durch die offene Speicherluke in die Tiefe. Es rumste kurz, dann herrschte Stille. Ein rascher Blick nach unten überzeugte den Archivar davon, dass der Bursche nicht so schnell wieder aufstehen würde.
Schnaufend und benommen wandte er sich wieder dem Dachfenster zu und kletterte auf das erschreckend steil abfallende Dach hinaus. Kalte Abendluft umfing ihn, und der Nebel, der ihn schon beim Verlassen der Guildhall auf der Straße begrüßt hatte, ließ die Welt um ihn herum nach wenigen Schritten in einer Wand aus weißem Dunst verschwinden.
Crowley hielt sich am Fensterrahmen fest und holte erst einmal tief Luft, um den Schwindel
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