Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
setzten sich und schlugen das offensichtlich wissenschaftliche Werk auf. Wie sie beim raschen Querlesen erkannten, enthielt es zunächst eine Erörterung gängiger Überlieferungen zum Atlantis-Mythos, dann folgte eine Betrachtung aus magiehistorischer Sicht. Sedgewicks Augen flogen über die Zeilen und wurden dabei immer größer. »Die Wahre Quelle der Magie …«, murmelte er. »Ist es möglich, Cutler? Kann irgendjemand Atlantis gefunden und die sagenumwobene Quelle geöffnet haben?«
»Das klingt zu fantastisch, um wahr zu sein«, erwiderte dieser, schien sich seiner Worte allerdings alles andere als sicher.
»Aber es würde alles erklären«, fuhr Sedgewick fort, und auf seinem Gesicht bildeten sich vor Aufregung rote Flecken. »Das Ansteigen des Magieniveaus, die seltsam diffuse Art der rohen Magie, ihre weiträumige und gleichförmige Verteilung … Ich dachte, das alles wäre auf einen Riss am Himmel über London zurückzuführen. Aber tatsächlich ist es der Niederschlag einer gewaltigen Fontäne, die aus der Wahren Quelle irgendwo im Atlantik schießt.« Er hielt inne und blinzelte hektisch.
Cutler war bleich geworden. »Sedgewick, ist Ihnen klar, was Sie damit sagen? Das würde bedeuten, dass …«
»… nicht nur London oder England, sondern die ganze Welt davon betroffen wäre«, beendete der schmächtige Magispector den Satz. Er schlug die Hand vor den Mund. »Mein Gott, Cutler! Das ist – also rein objektiv gesehen – eine Katastrophe. Die Welt wird im Chaos versinken. Wie konnte so etwas geschehen?«
»Nun, von allein ist die Quelle jedenfalls nicht aufgebrochen«, sagte der Sekretär des Ersten Lordmagiers. »Hier steht etwas von einem ziemlich starken Schutzsiegel. Das heißt, irgendjemand muss sie absichtlich und unter Einsatz enormer Kräfte geöffnet haben.«
Mittlerweile hasste er es beinahe, aber Sedgewick sah auf einmal schon wieder ein Muster. Crandon, McGowan, Carlyle … »Wellington«, hauchte er. »Es war Lordmagier Wellington.«
»Ich gratuliere«, meldete sich eine weibliche Stimme von der Tür her zu Wort. »Sie haben es tatsächlich herausgefunden. Wer hätte das gedacht!«
Sedgewick und Cutler fuhren herum. Im Eingang der Bibliothek stand Mary-Ann McGowan, und der eisige Ausdruck auf ihrem Gesicht stand in erschreckendem Widerspruch zu ihrem liebreizenden Äußeren. Unsicher erhoben sich die beiden Männer.
»Miss McGowan, was machen Sie denn hier?«, entfuhr es Cutler.
»Das Gleiche wie Sie, wie mir scheint«, erwiderte diese. »Ich versuche dafür zu sorgen, dass die Dinge den Lauf nehmen, den sie nehmen sollten.« Langsam kam sie näher. Ihre Augen nahmen einen gelblichen Glanz an, der davon zeugte, dass sie in die Wahrsicht gewechselt war. »Und wie mir scheint, sind Sie beide auf dem besten Wege, meine Vorstellung vom rechten Lauf der Dinge in Gefahr zu bringen. Das kann ich nicht zulassen.«
»Tun Sie nichts Unvernünftiges!«, rief Sedgewick und hob abwehrend die Hände. »Wenn Sie uns hier in den Räumen des Ordens angreifen, wird man Sie sofort festsetzen.«
»Möglich«, gab McGowan zu. »Aber immer noch besser, als wenn Sie mit Ihrem Wissen in die Ratsversammlung platzen. Wir brauchen nur noch ein wenig Zeit. Dann spielt es ohnehin keine Rolle mehr, ob ein einfältiger Magispector und ein alternder Sekretär mehr oder weniger auf dem Weg zu unserer Machtergreifung auf der Strecke blieben.« Sie vollführte eine rasche Handbewegung, und ein schwerer Tisch schob sich kreischend über den blanken Steinfußboden, sodass er den beiden Männern den Fluchtweg versperrte.
Nicht gut, nicht gut , dachte Sedgewick hektisch. Weder Cutler noch er waren McGowan magisch gewachsen. Sie waren Verwaltungsmenschen, kleine, nützliche Rädchen im Getriebe des Ordens. Die Magie im Kampf einzusetzen hatte keiner von ihnen gelernt.
Cutler hob die rechte Hand. Vielleicht beabsichtigte er, McGowan mit einem Fadenbündel durch die Tür zu stoßen, um sie danach zu versperren.
Aber die Magierin schlug seinen Arm magisch zur Seite, machte drei rasche Bewegungen, und im Nu waren sie auf allen Seiten von schweren Tischen eingekeilt. Bevor Sedgewick oder Cutler auch nur reagieren konnten, warf sie ihnen zwei schwere Bücher aus einem nahen Regal entgegen. Sedgewick versuchte noch, den Kopf zur Seite zu drehen und die Wucht des Aufpralls durch eigene Fadenmanipulation abzumildern, trotzdem zuckte ein heller Blitz des Schmerzes durch seinen Schädel, als der Foliant ihn an der Schläfe
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