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Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone

Titel: Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Es war, als würde ihn ein Faden leiten, wie einst Theseus aus dem Labyrinth des Minotaurus. Ein kaum wahrnehmbarer, aber beständiger Zug trieb ihn vorwärts, durch die Gasse bis in die quer verlaufende Long Lane. Er schaute nicht nach rechts und links, denn er spürte, wohin er seine Schritte lenken musste. Sie führten ihn auf die andere Seite der Straße und in einen schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern hinein, ein dunkles Loch in der ansonsten lückenlosen Fassade.
    Und dort, vom Schein einer auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehenden Laterne schwach beleuchtet, entdeckte Jonathan den Mann.
    Zunächst erblickte er nur eine dunkle Masse am Boden des Durchgangs, die von einer matt glänzenden Pfütze umgeben war. Dann gewöhnten sich seine Augen an das schwache Licht, und er erkannte, dass es sich um einen grauhaarigen Mann in einem braunen Gehrock handelte, der in einer Lache aus Blut lag!
    »Gütiger Himmel!«, entfuhr es Jonathan.
    Rasch eilte er an die Seite des Mannes und beugte sich zu ihm hinunter. »Sir, können Sie mich hören?« Er fühlte den Puls des Fremden. Die Hand des Alten war schrecklich kalt, und einen Augenblick lang fürchtete Jonathan, eine Leiche vor sich zu haben. Unwillkürlich fühlte er sich an die Geistergeschichten erinnert, die er noch vor einer Stunde zum Besten gegeben hatte. Hatte ihn etwa der Geist des Toten hierher geführt?
    Ein Stöhnen riss ihn aus diesen lachhaften Gedanken. Der Mann regte sich und hob bittend die linke Hand.
    »Gott sei Dank, Sie leben noch!«, rief Jonathan erleichtert. Er ergriff die Hand des Mannes und drückte sie kurz. »Halten Sie durch, ich hole Hilfe.«
    Wieder gab der Mann ein Stöhnen von sich. Diesmal lag ein Hauch von Protest darin. »Nein«, kam es über seine spröden Lippen.
    »Was haben Sie gesagt?«, fragte Jonathan verwundert.
    »Nein«, flüsterte der Schwerverwundete schwach. Er winkte ihn mit der erhobenen Hand näher. »Komm her. Ich … ich … muss dir etwas sagen.«
    Gehorsam kniete sich Jonathan neben dem Fremden auf den Boden. Zu spät bemerkte er, dass er dadurch seine ganze Hose mit Blut besudelte. Aber darüber würde er sich später Gedanken machen. »Was?«, fragte er. »Was wollen Sie mir sagen?«
    Der Alte winkte ihn noch etwas näher. Offensichtlich war er zu schwach, um mehr als ein kaum hörbares Flüstern über die Lippen zu bringen.
    Jonathan beugte sich vor, um ihn besser verstehen zu können.
    In diesem Augenblick packte ihn der Mann mit beiden Händen am Kopf und zog ihn mit erstaunlicher Kraft zu sich herab. Seine Augen waren auf einmal weit geöffnet, und ein seltsames Funkeln lag in ihnen, als spiegele sich die gelbliche Flamme der Laterne draußen auf der Straße in ihren Tiefen.
    Erschrocken wollte Jonathan zurückweichen, doch der Mann hielt ihn mit eisernem Griff fest. Sein stechender, funkelnder Blick schien sich in Jonathans Geist zu bohren, und auf einmal fühlte Jonathan sich so erstarrt und kraftlos wie das Opfer eines Hypnotiseurs in einem Varieté.
    »Gut …«, krächzte der Mann leise. »Gut …«
    »Sir, ich …«, brachte Jonathan heiser hervor, aber der Alte schüttelte den Kopf.
    »Hör mir zu!«, flüsterte sein Gegenüber, und die Stimme des Mannes fand ihren unheimlichen Widerhall in Jonathans Geist. »Ich weiß jetzt, was geschehen ist. Weiß jetzt …« Sein Blick trübte sich kurz, und es schien ihn Mühe zu kosten, sich zu konzentrieren. »Meinen Ring …«, fuhr er fort. »Nimm ihn! Er ist der Schlüssel …« Der Mann holte keuchend Luft. Seine Kräfte schienen ihn ebenso rasch wieder zu verlassen, wie sie urplötzlich gekommen waren. »Sie werden ihn suchen …« Die Hände um Jonathans Kopf begannen zu zittern, und das unirdische Licht in den Tiefen seiner Augen flackerte. »Vertraue niemandem … niemandem … nur Randolph … Cutler … Holmes …« Seine Hände ließen von Jonathan ab und sackten schlaff zu Boden.
    »Holmes?«, fragte Jonathan erschüttert und verwirrt zugleich. »Wie Sherlock Holmes?«
    Doch der Mann antwortete nicht mehr. Er hatte die Augen geschlossen.
    Jonathan blinzelte zweimal, und dann kam Leben in seinen gelähmten Körper. »Halten Sie durch, Mann! Ich hole die Polizei. Und einen Arzt. Ich bin gleich wieder bei Ihnen.« Er wollte aufstehen, doch da fiel sein Blick auf die ausgestreckte Linke des Mannes. Ein breiter silberner Siegelring steckte am Ringfinger. Meinen Ring … nimm ihn! , echote die Stimme des Mannes in Jonathans Geist. Es hatte

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