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Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone

Titel: Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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eine Dringlichkeit in ihr gelegen, als sei ihm das wirklich wichtig gewesen. Rasch beugte sich Jonathan vor, zog den Ring vom faltigen Finger des Fremden und steckte ihn kurzerhand an den eigenen Ringfinger, um ihn nicht zu verlieren. Das Kleinod war so kalt wie die Hand des Mannes, und kurz wallte ein abstoßendes Gefühl von Leichenfledderei in Jonathan auf. Er unterdrückte es. Noch ist er nicht tot , dachte er, drehte sich um und rannte los.
    Jonathan wusste, dass sich vielleicht eine halbe Meile entfernt, an der Forest Street, Ecke Milton Street, eine Polizeiwache befand. Wenn er sich beeilte, war er im Nu dort. Mit hämmerndem Herzen hastete er durch die Nacht, aufgepeitscht von dem Gedanken, dass hinter ihm, in einer dunklen, schäbigen Gasse im Schatten des Fleischmarkts, ein Mann im Sterben lag. Bitte, halten Sie durch, wer immer Sie auch sein mögen …
    Der Anfall überkam ihn so plötzlich, als hätten die Namenlosen, vor denen der Sterbende gewarnt hatte, Jonathan bereits gefunden und mit einem heimtückisch verschossenen Giftpfeil erwischt. Von einem Augenblick zum anderen spürte er, wie ihn eine furchtbare Schwäche übermannte. Ächzend kam er aus dem Tritt und taumelte gegen eine der Hauswände. Vor seinen Augen begann die Welt zu schwanken wie das Deck eines Segelschiffes bei rauer See. Er blinzelte und schüttelte den Kopf, um den Schwindel abzuschütteln, doch das machte es eher schlimmer als besser. Was zur Hölle …
    In einigen Schritt Entfernung glaubte er eine Bank auszumachen, die am Rand eines kleinen Grünstreifens vor einem einzelnen Gebäude – einer Kirche? – stand. Kraftlos und unsicher, wie ein Mann, der in den letzten Zügen liegt, zog er sich an der Hauswand entlang darauf zu. Von den Rändern seines Sichtfeldes kroch eine unerklärliche Finsternis in seinen Blick, und Jonathan fragte sich, ob eine der Gaslaternen erloschen war. Doch dann wurde ihm klar, dass es sich um die Schwärze seines schwindenden Bewusstseins handelte. Darf nicht aufgeben … muss doch …
    Was genau er eigentlich musste, blieb ihm sein Verstand schuldig, denn er war nicht mehr imstande, einen klaren Gedanken zu fassen. Er stieß gegen ein Hindernis, das gerade eben irgendwie noch nicht da gewesen war, seine Hände umfassten kaltes Metall, die Welt drehte sich kurz, und taumelnd verlor er den Boden unter den Füßen.
    Mit einem dumpfen Geräusch fiel er zu Boden, und etwas, das sich wie Treppenstufen anfühlte, prellte gegen seine Rippen. Ein heller, schmerzhafter Blitz zuckte durch seinen Schädel, dann wurde es dunkel.
    18. April 1897, 22:25 Uhr GMT (beinahe zeitgleich)
    England, London, unweit der Marktgebäude am Smithfield
    »Dunholm!«
    Mit einem Satz sprang Randolph vom Kutschbock des offenen Einspänners, mit dem er von der Guildhall zum Smithfield gejagt war. Sein Weg hatte ihn zunächst zum Fleischmarkt selbst geführt, doch er hatte rasch festgestellt, dass der Kampf, der hier geführt worden war, bereits sein Ende gefunden hatte. Beim Umfahren des lang gestreckten Gebäudes war ihm die offene Tür im Südostturm aufgefallen, und einer Eingebung folgend, war er die Long Lane hinuntergefahren. Er war in die Wahrsicht übergewechselt, um nach der Aura des Ersten Lordmagiers zu suchen, die er zweifellos rascher finden würde als einen womöglich verletzten Mann, der in den Schatten einer Gasse oder eines Hinterhofs lag. Seine Intuition hatte ihn nicht getrogen. Schon nach wenigen Schritten hatte er seinen alten Mentor in der Finsternis eines Durchgangs liegend entdeckt.
    Mit einem hastigen Humpeln eilte er an dessen Seite und ging neben ihm in die Hocke. Die Rockschöße seines langen Mantels legten sich über die Blutlache am Boden, so als könnten sie ungeschehen machen, was unsichtbar wurde. »Dunholm«, wiederholte Randolph erschüttert, »Sie dürfen nicht tot sein! Tun Sie mir das nicht an!«
    Er packte den schmächtigen Oberkörper des Ersten Lordmagiers mit beiden Armen und zog ihn schützend an seine breite Brust. Auf der Suche nach einem Lebenszeichen wechselte er in die Normalsicht und wieder zurück, doch er wurde nicht fündig. Er versuchte, seine Fäden mit der kaum noch bewegten Aura Dunholms zu verbinden, aber er war kein Heiler, und seine Bemühungen schienen umsonst zu sein.
    Unbeholfen fuhr seine rechte Hand über das Gesicht des alten Mannes, der wie ein Vater für ihn gewesen war, während er mit zusammengepressten Lippen gegen die aufsteigenden Tränen des Zorns und der

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