Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
hell glitzernde Lichtstrahlen hervorzüngelten.
Jonathan spürte, wie seine Beine ihren Dienst versagten, und hätte ihn sein unbekannter Begleiter nicht fest im Griff gehabt, wäre er wieder zu Boden gefallen. Hilfe suchend klammerte er sich an den Fremden. Er schloss die Augen und holte tief Luft. In seinem Mund schmeckte es säuerlich nach Erbrochenem.
Der Mann murmelte irgendetwas, das wie Ganz schön erwischt! klang. Dann hob er die Stimme und sagte: »Schon gut, mein Herr. Alles wird gut. Sagen Sie: Heißen Sie Jonathan?«
»Mhm …«, machte Jonathan und wunderte sich einen kurzen Augenblick lang, woher der Fremde seinen Namen kannte, bevor er die Frage gleich wieder vergaß.
»Können Sie mir sagen, wo Sie wohnen?«, fuhr der Mann fort. »Dann begleite ich Sie dorthin.«
»Wasser«, murmelte Jonathan.
Sein Begleiter fluchte abermals. Er schlang Jonathan den einen Arm um die Brust und löste den anderen, um damit in seinem Mantel zu kramen. »Ich habe nur das hier«, sagte er, und Jonathan spürte, wie ihm ein flacher metallener Gegenstand in die Hand gedrückt wurde. »Gut festhalten«, warnte ihn der Fremde. »Und nur einen kleinen Schluck. Sie hatten heute wirklich schon genug.«
Ich habe nichts getrunken! , protestierte Jonathan, während er den Flachmann hob und gehorsam nur einen kleinen Schluck des scharf riechenden Alkohols zu sich nahm, der darin aufbewahrt wurde – aber er war sich nicht sicher, ob er die Worte auch laut aussprach. Er war sich in diesem Augenblick, in dem er sich den Mund ausspülte und ausspuckte, nicht einmal sicher, ob das der Wahrheit entsprach oder nicht. Sein ganzes Denken schien wie in dicke Watte gehüllt.
Wieder setzte er die Flasche an, diesmal, um zu trinken.
Alles, woran er sich erinnern konnte, waren das Theater, Elisabeth und … Nimm meinen Ring! Ein Mann in einer Gasse … Er ist der Schlüssel … Jonathan blinzelte und runzelte die Stirn. Er hatte irgendetwas Wichtiges zu erledigen. Er musste …
Eine Welle heißen Schmerzes fuhr durch seinen Körper, und Jonathan krümmte sich zusammen. Er ließ den Flachmann fallen, der mit blechernem Klappern auf das Kopfsteinpflaster fiel und seinen Inhalt gluckernd auf die nassen Steine ergoss. Der Fremde stieß einen weiteren, diesmal besonders deftigen Fluch aus, doch Jonathan beachtete ihn gar nicht. Mit aufgerissenen Augen und trotzdem blind starrte er auf eine Welt, die mit einem Mal von gleißender Helligkeit erfüllt war. Ströme, Wirbel, Strahlen aus Licht erfüllten das, was zuvor eine einsame Londoner Straße um Mitternacht gewesen war. Sie flackerten aus dem Boden, züngelten aus den Fenstern der Häuser, umspielten die Straßenlaternen und Jonathans eigene Hände, die er, krampfhaft zu Fäusten geballt, vor sich in die Luft hielt, während er keuchend versuchte, das Brennen in all seinen Gliedern zu ertragen, ohne noch einmal das Bewusstsein zu verlieren.
Sein Helfer legte ihm eine schwielige Pranke auf die heiße Stirn. »Verdammt!«, hörte ihn Jonathan murmeln, und dann etwas wie »… alles viel zu schnell …«. Danach wandte er sich mit lauterer Stimme direkt an Jonathan. »Sie müssen ins Bett. Wo wohnen Sie? Ich bringe Sie nach Hause.«
Jonathan presste die Augenlider zusammen und versuchte, das Chaos, das ihn einhüllte, auszusperren. Nach Hause … Das war genau der Ort, wo Jonathan jetzt hinwollte. Er wollte ins Bett fallen und einschlafen, um am nächsten Morgen erfrischt aufzuwachen und diesen ganzen unseligen Abend – oder zumindest alles, was nach der Kutschfahrt zum Hyde Park geschehen war – bloß vergessen zu haben. »Finsbury Square«, brachte er mühsam hervor. Ein Zittern, einem heftigen Schüttelfrost gleich, ergriff seinen Körper, und – ganz gleich, wie seltsam das anmuten mochte – er war froh, dass der andere ihn mit seinen starken Armen festhielt, auch wenn er nicht einmal das Gesicht des Mannes kannte, geschweige denn seinen Namen oder seine Herkunft.
»In Ordnung, gehen wir«, sagte sein barmherziger Samariter, und dann folgte etwas sehr Befremdliches: »Du fliegst vor und sorgst dafür, dass wir möglichst niemandem begegnen.« Ein leises Krächzen und ein Flattern waren die Antwort, aber Jonathan war sich nicht sicher, ob er das wirklich gehört hatte, denn eine neue Welle des Schmerzes brandete in ihm auf und betäubte seine Sinne.
Er hätte im Nachhinein nicht zu sagen vermocht, wie sie es durch die nächtlichen Straßen bis zu seiner Wohnung geschafft hatten. Die
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