Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
enttäuschen«, sagte Jonathan.
Sein Vorgesetzter klopfte sich zufrieden auf den Bauch. »Ja. Wunderbar. Sehr schön. Ach, Mister Kentham, eine Sache noch.«
Jonathan, der schon den Türgriff in der Hand hatte, drehte sich noch einmal um. »Ja?«
Mit einem Räuspern trat Greenhough auf ihn zu, beugte sich vor und legte ihm vertraulich die rechte Hand auf die Schulter. »Würden Sie mal mit Ihrem Freund Mister Pennington sprechen?«, bat er und klang dabei beinahe verlegen. »Ich beobachte mit leichter Sorge, dass meine Cousine Sarah sich außerordentlich für ihn zu interessieren beginnt. Nun kann ich ihr dieses Interesse nicht verwehren, ich bin schließlich nicht ihr Vater. Und ich möchte auch nicht, dass wir uns falsch verstehen. Ich schätze Mister Pennington sehr als Mitarbeiter in meiner Redaktion. Seine Tatkraft und seine jugendliche Frische sind bewundernswert.« Er legte eine kurze Pause ein, als suche er nach den rechten Worten, um sein Anliegen diplomatisch zu formulieren. »Dennoch«, fuhr er schließlich fort, »bin ich mir nicht ganz sicher, ob es die klügste Vorgehensweise wäre, dieser … Sie wissen schon … zu viel Raum zur Entfaltung zu gewähren. Sarah ist, wenn ich das so sagen darf, eine zutiefst romantische Natur, die zu allerlei Schwärmereien neigt. Sie braucht daher einen Mann, der ihr hilft, den Boden der Wirklichkeit nicht unter den Füßen zu verlieren, einen Mann mit Verstand und einem wachen Auge für das gesellschaftliche Renommee. Kurz gesagt: einen Mann wie Sie.«
Jonathan riss die Augen auf. »Wie mich?«, fragte er verblüfft und ein klein wenig erschrocken.
Greenhough hob beschwichtigend die Hände. »Ja, ich weiß, ich weiß. Miss Holbrook. Schade, schade, aber nicht zu ändern. Nun, jedenfalls dürfte Mister Pennington der falsche Mann für Sarah sein, und es wäre mir sehr lieb, wenn Sie ihm dies auf freundschaftliche Art und Weise zutragen könnten.«
Jonathan versteifte den Rücken. »Mister Greenhough, wenn Sie glauben, dass ich bereit bin, für mein eigenes Glück das Glück meines Freundes zu hintertreiben, dann irren Sie sich«, sagte er mit Entrüstung in der Stimme. »Würde ich es tun, wäre ich nicht der Mann, den Sie so schätzen, Sir.«
»Aber wer spricht denn davon, irgendjemandes Glück zu hintertreiben? Sie sollten sich vielmehr um sein Wohlergehen sorgen, denn aus einer Verbindung mit Miss Harker kann letztendlich nichts Gutes erwachsen, das sage ich Ihnen. Wir wollen doch beide nur, dass den jungen Leuten dieser Schmerz erspart bleibt.« Greenhough lächelte um Verständnis heischend, aber in Jonathans Augen wirkte diese Fürsorge so vorgeschoben, dass er sich unwillkürlich fragte, wie viel von Greenhoughs lobenden Worten über ihn auch nur Kalkül gewesen war.
Dennoch nickte er. Was sollte er auch sonst tun? »Natürlich. Ich werde Robert Ihre Bedenken mitteilen.« Und zwar in allen Einzelheiten , fügte er stumm hinzu.
Greenhough klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. »Danke, mein Bester! Mehr verlange ich nicht.« Er klatschte in die Hände. »Also, dann wieder frisch an die Arbeit. Und denken Sie daran: Wenn Sie morgen Abend Ihre Karten geschickt ausspielen, kann das Ihrer Beziehung zu der guten Miss Holbrook äußerst dienlich sein.«
Wieder neigte Jonathan den Kopf. »Danke, Mister Greenhough! Ich werde es nicht vergessen.«
19. April 1897, 15:32 Uhr GMT
Schottland, Bridge of Orchy, Bahnstation
»Was soll das heißen: Der Zug fährt nicht?« Das Gesicht von Kendras Großvater verfinsterte sich, und er blickte den Stationsvorsteher des kleinen Bahnhofs von Bridge of Orchy an, als mache er ihn persönlich für diesen Missstand verantwortlich.
Wie erwartet hatten Kendra und er Bridge of Orchy, ein kaum fünfzig Seelen zählendes Fleckchen inmitten der Highlands, das aus nicht viel mehr als dem Bahnhof, einem Hotel und einer Handvoll vereinzelt stehender Häuser bestand, so früh erreicht, dass sie ohne Hast die Dorfstraße hinunter und eine Anhöhe hinauf zu den Gleisen hatten spazieren können. Doch dann hatten sie den handschriftlichen Hinweis gelesen, der neben dem Büro des Stationsvorstehers an der Tür hing.
Der Angesprochene, ein schmächtiger Mann mit einem Schnurrbart, dessen lange Enden so schlaff links und rechts von den Mundwinkeln herabhingen, dass er irgendwie unablässig erschöpft und missmutig wirkte, zuckte mit den Schultern, die, wie der Rest seines dürren Leibes, in einer steifen dunkelblauen Bahnuniform
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