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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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einer bestimmten Stelle der Steilküste zusammenliefen, nur um über die Kante zu fallen und in der Tiefe, die sich Holmes’ und Lionidas Blicken entzog, zu verschwinden.
    Die Magieragentin deutete auf ein vorspringendes Stück Land, das zur Rechten des Knäuels aus Dunstarmen ins Meer hineinragte. »Schlagen wir uns dorthin durch. Von da dürften wir einen sicheren Blick auf das werfen können, was dort im Meer sitzt.«
    »Solange es uns nicht bemerkt und uns all seine Arme entgegenschleudert«, gab Holmes zu bedenken.
    »In diesem Fall werden wir uns völlig überhastet zurückziehen«, beruhigte Lionida ihn.
    »Freut mich zu hören, dass zumindest noch ein Rest gesunden Menschenverstands in Ihnen verblieben ist.«
    Wie Fußgänger, die versuchten, an einem Montagvormittag den belebten Picadilly Circus zu überqueren, ohne unter die Räder einer der zahlreichen Kutschen zu geraten, huschten Holmes und Lionida zwischen den wallenden Dunstarmen umher. Sie duckten sich unter ihnen hindurch und sprangen zurück, wenn einer zur Seite ausschlug. Wenigstens sahen sie sich keinen direkten Angriffen durch Spürfäden ausgesetzt, da diese zusammen mit den Tentakelköpfen die Straßen des Dorfes nach letzten versteckten Bewohnern absuchten.
    Nachdem es ihnen gelungen war, das Schlangennest aus Dunstarmen zu umgehen, eilten sie über einen felsigen Wiesenstreifen, bis sie den Rand der Klippe erreichten. Behutsam schoben sie sich nach vorne an den schroffen, jäh in die Tiefe fallenden Fels. Lionida gab die Wahrsicht auf, um nicht versehentlich fehlzutreten und ins Meer zu stürzen. Außerdem wollte sie sich zunächst mit ihren normalen Sinnen einen Eindruck verschaffen. Sie warf einen Blick hinab in die dunkelblaue See … und auf einmal fühlte sie sich, als habe ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie wankte und musste in die Hocke sinken. »Oh mein Gott«, hauchte sie fassungslos.
    »Ich glaube, Gott hört Sie an diesem Ort nicht«, murmelte Holmes tonlos. Er war bleich geworden, und die Erschütterung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Zu ihren Füßen schimmerte das Wasser in glühendem Orange. Das Gleißen musste etwa drei bis vier Meter unter den Wellen liegen und hatte einen Durchmesser von vielleicht einem Dutzend Metern, wobei der hell strahlende Kern deutlich kleiner sein musste. Das konnte Lionida allerdings nur schätzen, denn das Leuchten wurde von einer dunklen Masse verdeckt – einer Masse aus Menschenleibern! Wie eine Traube hingen die Körper unter der Wasseroberfläche zusammen und ballten sich oberhalb des Gleißens. Arme und Beine zuckten, fahle Augen starrten ihnen voller Entsetzen entgegen, und Münder waren zum stummen Schrei geöffnet. Es war ein bizarres, schreckliches Schauspiel, ein Bild wie einem Albtraum entsprungen.
    »Jetzt wissen wir, wo die Dorfbevölkerung geblieben ist.« Holmes’ Stimme war leise und rau. Obwohl es ihn zu grausen schien, beugte er sich noch etwas weiter nach vorne und kniff die Augen zusammen. »Es sieht aus, als wären sie von einer plötzlich aufgetretenen Magiequelle angezogen worden. Aber eine Quelle dieser Art, die Menschen in den Tod lockt, ist mir noch nie begegnet.«
    Lionida wechselte in die Wahrsicht, und diese bestätigte ihr, was sie bereits zu erkennen geglaubt hatte. »Sie sind nicht tot, Jupiter. Die Quelle hat sie zu neuem Leben erweckt.«
    »Unmöglich. Wieso sind sie dann nicht an die Oberfläche zurückgeschwommen?«
    »Sie können es nicht mehr. Sie sind zu einer … « Sie schloss die Augen und musste den Blick abwenden. Übelkeit stieg in ihr auf. »Sie sind zu einer riesigen Menschenmasse verschmolzen.«
    Als Lionida und Holmes knapp zwei Stunden später die Gladius Dei wieder erreicht und Hauptmann von Stein Bericht erstattet hatten, zögerte der Deutsche nicht, die Reparaturarbeiten zu unterbrechen und das Luftschiff aufsteigen zu lassen. Während die Magieragentin zusammen mit Holmes darauf achtete, dass ihr Gefährt außerhalb der Reichweite der Spürfäden und Wolkenarme der grauenvollen Magiequellenaberation – wie Scarcatore sie nannte – blieb, brachte von Stein die Bombenluke der Gladius Dei in einer Höhe von dreißig Metern über der Stelle in Position.
    »Als Agenten des Officiums und als Hände Gottes auf Erden sind wir es diesen Menschen schuldig, dass wir sie erlösen«, hatte Lionida gesagt, und keiner hatte ihr widersprochen.
    Gemeinsam mit Scarcatore, der auf seinem Beisein bestanden hatte, war die

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