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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Preußen genoss in manchen Kreisen der Berliner Gesellschaft einen durchaus fragwürdigen Ruf.
    Der Abend nahm eine erste erfreuliche Wendung, als Feodora ihren Begleiter zu Gesicht bekam. Captain Thomas Connery war zwar nicht mehr der Jüngste – er mochte in den Vierzigern sein – , aber nichtsdestoweniger machte er in seiner Ausgehuniform eine ausnehmend gute Figur, und auch sein markantes Gesicht mit den strahlend blauen Augen und dem feschen Schnauzbart stimmte Feodoras Urteil über ihn milde. Vielleicht würde ja sogar der Teil des Abends, den sie im Theater zu verbringen gezwungen war, ganz unterhaltsam werden.
    Der Captain begrüßte sie mit Verbeugung und Handkuss, anschließend geleitete er Feodora zu ihrer beider Kutsche. Nachdem er ihr beim Einsteigen behilflich gewesen und selbst ins Innere geklettert war, setzte sich das von vier Pferden gezogene Gespann in Bewegung. Sie verließen den Buckingham Palace und schwenkten in die Allee ein, die am St. James Park vorbei in Richtung Innenstadt führte.
    Während sie gemächlich auf den Trafalgar Square und den Strand zufuhren, beschloss Feodora, ihrem Begleiter ein wenig auf den Zahn zu fühlen. »Nun, Captain, erzählen Sie mir ein bisschen über sich.«
    »Ich befürchte, dass es nicht viel zu erzählen gibt«, erwiderte Connery, der ihr gegenübersaß. Er hatte eine angenehm sonore Stimme. »Ich wurde unten in Southampton in eine Seemannsfamilie geboren. Als ich alt genug war, einen Schrubber zu halten und Kartoffeln zu schälen, trat ich als Kadett in die Royal Navy ein. Meine Sporen als Soldat verdiente ich mir während des ägyptischen Krieges 1882. Ich wurde befördert, und nach ein paar weiteren Jahren treuen Dienstes bekam ich 1889 mein erstes eigenes Kommando. Vor vier Jahren berief man mich in die Admiralität, der ich gegenwärtig als Berater diene.«
    »Und welchem guten Rat verdanken Sie die Ehre, mich heute Abend ausführen zu dürfen?«, fragte Feodora keck.
    Connery lachte. »Keinem Rat, sondern familiären Banden. Mein Vater, Sir William Connery, ist ein alter Bekannter der Duchess of Argyll. Seit er von Southampton nach London gezogen ist, verkehren die beiden recht regelmäßig in der gleichen Gesellschaft. Durch ihn erfuhr ich, dass sie nach jemandem suche, der ihre ›allzu einsiedlerische‹ – so ihre Worte – Großnichte einen Abend lang aus dem Palast entführen würde. Ich erbot mich daraufhin, ohne zu zögern, dieses besondere Wagnis auf mich zu nehmen.«
    »Ausgesprochen tapfer, mein Herr.« Feodora bedachte ihn mit einem süßlichen Lächeln. Dieses besondere Wagnis … Unverschämtheit! Als wäre ich eine seiner wilden ägyptischen Haremsdamen. Sie erwog bereits, ihn bis zu ihrer Ankunft im Lyceum-Theater mit Nichtbeachtung zu strafen, doch letztlich war ihre Neugierde stärker als ihr Verdruss. »Worin genau besteht denn Ihre Aufgabe im Dienste der Admiralität? Es muss doch sicher höchst unbefriedigend sein, als Seefahrer aus Leidenschaft an einen Posten an Land gefesselt zu sein.«
    »Oh, mitnichten«, widersprach Connery. »Manche Tage erweisen sich sogar als ausgesprochen aufregend. Heute, um nur ein Beispiel zu nennen, war es mir vergönnt, einen bemerkenswerten Mann kennenzulernen. Sein Name ist Parsons, und er hat ein Boot mit einem neuartigen Turbinenantrieb entwickelt. Er nannte es Turbinia . Es soll schneller sein als alle Schiffe, die gegenwärtig auf den Ozeanen kreuzen.« Seine Miene verdunkelte sich ein wenig. »Allerdings zeigt die Admiralität aus Gründen, die sich mir nicht recht erschließen wollen, keinerlei Interesse an dieser Erfindung. Ich persönlich halte sie für eine erstaunliche Leistung. Aber es gibt Stimmen von nicht unbeträchtlichem Einfluss, denen Parsons’ Ideen zu unausgereift vorkommen.« Er zuckte mit den Schultern. »Nun ja, ich wünsche ihm dennoch viel Glück. Wahrscheinlich sitzt er in diesem Augenblick an der Bar des Savoy Hotels, wo er sich einquartiert hat, und versucht, seine Enttäuschung im Alkohol zu ertränken.«
    »Wenn das der Wahrheit entspräche, wäre er wohl kaum ein Mann, den man bemerkenswert nennen sollte«, meinte Feodora. »Ein echter Mann trägt seine Niederlagen mit Fassung, finden Sie nicht, Captain?«
    Connery neigte beipflichtend den Kopf. »Da haben Sie auch wieder recht, Hoheit.«
    Vor ihnen tauchte der Trafalgar Square mit seiner alle umliegenden Gebäude überragenden Nelson-Säule auf. Um diese Uhrzeit herrschte hier reger Verkehr. Unzählige Gespanne

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