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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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durchgerechnet und in Gedanken durchgespielt. Und dennoch war ihm sehr deutlich bewusst, dass noch nie jemand versucht hatte, eine Magiequelle dieses Ausmaßes zu bändigen. Aber ich kann es schaffen , denn genauso wenig hat jemals jemand über so viel magisches Potenzial verfügt wie ich in diesem Moment.
    Er senkte den Kopf und hob die Arme wie ein Maestro, der im Begriff war, ein Orchester zu dirigieren. Ein fünfzigköpfiges Orchester, dem ich mein Opus Magnum entlocken werde … Vorsichtig weitete er seinen Geist aus, suchte Verbindung zu Lord Bowminster und Miss Hollingworth, die direkt links und rechts von ihm standen, und sprang von dort aus von Magier zu Quellhüter, bis er in der mächtigen, dumpfen Präsenz Hyde-Whites auf der anderen Seite der Quelle seinen Ankerpunkt fand.
    Wechseln Sie in die Wahrsicht , befahl Wellington allen Anwesenden, aber blicken Sie nicht in die Quelle. Beginnen Sie dann ein Fadennetz zu weben. Es muss zehn Lagen dicht sein und jeweils an die Netze ihrer Nächststehenden anknüpfen. Hören Sie nicht auf zu weben, bis ich es Ihnen sage. Das Netz muss die ganze Quelle umspannen und wenigstens zehn Schritt hoch sein!
    Während überall um ihn die Magier und Fischwesen das gemeinschaftliche Werk aufnahmen, fing auch Wellington an, seinen Teil des Fadennetzes zu spinnen. Gleichzeitig jedoch glitt sein Blick in der Wahrsicht umher, und er überprüfte die Arbeit aller Beteiligten. Wo das Netz zu dünn war, verstärkte er es, wo die Verbindung Schwächen aufwies, zog er zusätzliche Fäden nach. Erwartungsgemäß waren manche Stellen des Netzes gröber gewebt, etwa die Bahn, an der Hyde-White arbeitete, aber dafür bestanden seine Fäden aus mehrfach verdrillten Bündeln, an denen man eine kleine Kirchturmglocke hätte aufhängen können. Die Bahnen der übrigen Ordensmagier waren so individuell wie ihre Schöpfer, ganz anders als die beinahe gleichförmigen und von einem bizarren Wellenmuster geprägten Netze der fischartigen Quellhüter. Doch so unterschiedlich alle Teile auch waren, in der Summe würden sie ihren Zweck erfüllen. Dafür sorgte Wellington, der zusätzlich verstärkende Fadenbündelringe um die einzelnen Netzlagen zog.
    Die Stunden vergingen. Am Himmel über ihnen wurde es dunkel, doch statt eines Teppichs aus Sternen ballten sich dichte Wolken über der Insel. Nur an der Stelle, wo die Lichtsäule der Wahren Quelle in den Nachthimmel schoss, klaffte ein zerfasertes rundes Auge, dessen Rand vom strahlenden Gelborange der Magie erhellt wurde. Einzelne Windböen wehten über die flache Pyramidenspitze und wirbelten Steinstaub und feinen Meeressand auf. Ein Sturm kommt auf , durchfuhr es den Ersten Lordmagier. Wie könnte es anders sein? Die Magie spürt, dass ihr Bezwinger vor ihr steht. Er lächelte kalt.
    Wir haben es beinahe geschafft, meine Freunde , ließ er die Magier an seiner Seite wissen, von denen einige deutliche Anzeichen von Müdigkeit zeigten. Das lange Verweilen in der Wahrsicht war für sie ebenso anstrengend wie die ungewohnt vertrackte Fadenmanipulation. Wir dürfen jetzt nicht aufgeben. Bald sind wir die Herrscher über die Wahre Quelle der Magie, nicht bloß einfache Sterbliche, die den Fuß auf diese Insel gesetzt haben! Was seit Jahrtausenden unter den Wellen wartete, wird unser sein. Und die Welt wird vor unserer Macht, vor der des britischen Empires, erzittern!
    Er spürte, dass seine Worte ihre Wirkung nicht verfehlten. Auch die Erschöpften sammelten noch einmal alle Kraft, um ihren Beitrag zu leisten. Wellington richtete seine Aufmerksamkeit unterdessen auf den inneren Ring des Netzes, die Stelle, an der sie den Schlauch schließen mussten. Geschickt verdrillte er drei besonders haltbare Fadenbündel und verflocht diese mit dem inneren Rand des Netzes, wie eine Kordel, die man in die Ösen eines Stoffsacks einfädelt. Dann löste sich Wellington aus dem Magierrund und schritt einmal im Kreis um die Quelle herum, um sein Fadengewirk mit dem Netz zu verbinden. Schließlich nickte er zufrieden.
    Es genügt , schickte er durch die zweite Sphäre der Magie. Schließt eure Arbeit ab, dann ergreift das Netz an seinem Innenrand und hebt es daran in die Höhe. Achtet darauf, dass es nicht mit der Quellmagie in Berührung kommt. Diese Warnung kam nicht von ungefähr. Der Wind hatte mittlerweile deutlich aufgefrischt und bauschte das schwere Fadennetzwerk in der Wahrsicht wie ein riesiges Segel. Und gleich Seeleuten, die die Segel ihres Schiffes für

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