Magierdämmerung 03 - In den Abgrund
diese Aussicht war nun wohl hinfällig. »Was ist los?«, fragte er unwillig und blickte zur Tür, als fände sich dort eine Antwort auf die unerwünschte Störung.
Genauso plötzlich, wie der Alarm eingesetzt hatte, endete er auch schon wieder. Aber nur Sekunden später tauchte der junge Fähnrich auf, der Randolph und ihn vor zwei Stunden von ihrem Quartier zum Salon geleitet hatte. »Signora, der englische Magier ist ausgebrochen!«, rief er auf Italienisch – offenbar in dem Glauben, dass Holmes ihn dann nicht verstand. »Er hat Signora Potts in seine Gewalt gebracht und sich danach Zugang zur Brücke verschafft.«
Diodatos Miene verhärtete sich. »Ich komme.« Sie wechselte ins Englische. »Würden Sie mich entschuldigen. Es gibt ein kleines … «
»Sparen Sie sich das«, unterbrach Holmes sie. »Mein Italienisch ist nicht schlechter als Ihr Englisch, Signora. Ich habe alles mit angehört.« Er packte sie am Arm, jetzt genauso ernst wie sie. »Was geht hier vor? Welcher englische Magier? Nicht Brown, oder? Und spricht der Knabe etwa von Emma Potts, Lord Cheltenhams ehemaliger Sekretärin?«
Die Magieragentin zögerte.
»Reden Sie mit mir, und ich helfe Ihnen «, drängte Holmes sie. »Mir scheint, das wäre im Sinne aller.«
»Also schön, kommen Sie mit«, sagte Diodato mit einem Nicken. »Ich erkläre alles unterwegs.« Sie wandte sich dem Fähnrich zu. »Holen Sie Scarcatore, Fähnrich Buitoni!«
Mit einem Heben der Augenbraue bemerkte Holmes die Namensgleichheit zwischen Diodatos Tarnidentität und dem jungen Mann, und er fragte sich, ob das Zufall war oder mehr dahinter steckte. Doch im Augenblick gab es Wichtigeres, um das sie sich kümmern mussten.
»Wir waren mit der Gladius Dei in London«, erklärte Diodato gehetzt, während sie den schmalen Hauptgang des Luftschiffs in Richtung Bug eilten. »Meine Aufgabe war es, Verbindung mit dem Dunholm-treuen Teil des Silbernen Kreises aufzunehmen. Doch als ich die Guildhall besuchte, war diese leer und zerstört. Kurz darauf traf ich auf Miss Potts, unsere Informantin innerhalb des Ordens.«
»Potts eine Spionin?« Holmes konnte es nicht fassen. Die strebsame, schüchterne, unauffällige Miss Potts. Ich habe sie immer unterschätzt …
»Eher jemand, der uns über die Vorgänge innerhalb des Ordens auf dem Laufenden hält«, wiegelte Diodato ab. »Aber das spielt jetzt auch keine Rolle. Während wir sprachen, wurden wir von drei Männern gestört, einem Mister Carlyle und zwei Schlägern. Die Schläger vermochte ich unschädlich zu machen, Carlyle nahmen wir gefangen.«
»Carlyle?«, wiederholte Holmes ungläubig. »Sie steigen mit jeder Minute in meiner Achtung.«
»Ich hatte Hilfe.«
»Nun, wenn es wirklich gegen Carlyle geht, dann können Sie jetzt meiner Unterstützung gewiss sein.«
Sie näherten sich einer Metalltreppe, die zu einer verschlossenen Tür führte. In der Mitte der Tür befand sich ein Bullauge. Am Fuß der Treppe kauerten zwei Soldaten mit Gewehren und beäugten die Tür argwöhnisch. Ein dritter lag blutend am Boden und wurde von Kaplan Tremore versorgt. Von Stein stand neben ihnen und machte ein verkniffenes Gesicht. »Ich war nur für einen Moment in meinem Quartier. Dann hörte ich den Alarm. Und als ich hier eintraf, war das Malheur schon geschehen.«
»Wie konnte das passieren?«, wollte Diodato wissen. »Wir hatten Carlyle doch betäubt, um ihn ruhig zu halten.« Sie richtete den Blick auf die Tür, und Holmes sah, wie in ihre Augen das verräterische Glühen trat, das von ihrem Wechsel in die Wahrsicht zeugte. Offenbar versuchte sie, sich unbemerkt ein Bild von der Lage auf der Brücke zu machen.
»Wenn ich das wüsste«, knurrte von Stein. »Anscheinend ist er früher als erwartet zu Bewusstsein gekommen. Er hat die Kabinentür aufgebrochen und die Wachen überwältigt. Ein unglücklicher Zufall hat dafür gesorgt, dass ihm Miss Potts über den Weg gelaufen ist. Und mit ihr als Geisel hat er sich bis zur Brücke vorgearbeitet. Dort sind nun noch die zwei Steuermänner und der Bordingenieur in seine Gewalt geraten.«
Tremore blickte vom Boden auf. »Was bringt ihm das alles?«, fragte er. »Wir befinden uns mitten auf dem Atlantik. Selbst wenn wir es wollten, könnten wir ihm keine Kutsche zur Flucht bereitstellen.«
»Wir haben ein paar Beiboote, sollten wir zu einer Notwasserung gezwungen sein«, merkte von Stein an. »Auch wenn ich an seiner Stelle so weit draußen auf See lieber nicht in einen dieser Kähne
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