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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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zum Nevada Fall gestiegen. Hier war ihm keine Menschenseele mehr begegnet. Die Besucher des Yosemite Parks bevorzugten den Blick vom Tal aus auf die sie umgebenden Naturschönheiten. Nichtsdestoweniger hatte sich der Paiute erneut unsichtbar gemacht, bevor er seine einfachen Lederschuhe ausgezogen und sich an einem Fadenbündel vorsichtig von der oberen Abbruchkante des Bergs aus neben dem Wasserfall auf eine schmale Felsstufe abgeseilt hatte. Von dort hatte er sich, eingehüllt in den weißen Dunst, der hier unablässig in der Luft hing, hinter die herabstürzenden Wassermassen begeben. Und nun stand er erneut und zum zweiten Mal binnen eines Tages am Eingang der Höhle.
    Der Grund für sein Hiersein war schlicht und ergreifend die Zeit. Nun, da Wovoka erkannt und entschieden hatte, dass er in den Kampf um die Wahre Quelle der Magie eingreifen musste, fehlte es ihm an Zeit. Die Dinge waren bereits ins Rollen geraten, und sie würden im Guten wie im Schlechten ihr Ende gefunden haben, wenn er sich auf gewöhnlichen Wegen auf die Reise einmal quer durch die Vereinigten Staaten aufmachte, um an der Ostküste ein Schiff zu besteigen. Dessen war er sich absolut sicher. Daher blieb ihm nur die Möglichkeit, eine Reise zu unternehmen, die alles andere als gewöhnlich und auch keineswegs ungefährlich war.
    Erst ein einziges Mal war Wovoka unter Anleitung Questings auf diesen geheimen Pfaden gewandelt. Questing hatte damals so getan, als sei das alles ganz leicht. Aber der eigenwillige Mann von der Ostküste hatte auch ein dermaßen sorgloses Verhältnis zur Magie unterhalten, dass Wovoka sich jeden Tag aufs Neue gefragt hatte, wie er so lange am Leben hatte bleiben können. Selbst nach den Geschehnissen des letzten Tages, die Questing zu einem furchtbaren Selbstopfer gezwungen hatten, hielt ein kleiner Teil in Wovoka beharrlich an dem Glauben fest, den verschrobenen Mann, der stets unpassend altertümlich gekleidet auftrat und seine Augen hinter einem grauen Tuch verbarg, eines schönen Tages wieder vor der Tür seiner Hütte in Yerington stehen zu sehen. Wo auch immer du sein magst, gib mir Kraft für den Weg, der vor mir liegt.
    Barfuß drang Wovoka tiefer in die Höhle vor. Der Fels war feucht und die Luft kalt, doch das störte ihn nicht. Er bog um eine Ecke und erreichte eine etwa zehn Fuß hohe Kammer. Der Boden erstreckte sich flach bis in den hinteren Bereich, wo er in eine leichte Steigung überging. An dieser Stelle wurde der Raum durch eine etwa hüfthohe und drei Fuß breite Gesteinsfalte geteilt, die am unteren Ende der Steigung begann und in jeder anderen Höhle mit der rückwärtigen Wand verschmolzen wäre.
    Hier jedoch reichte sie über eine unsichtbare Grenze hinaus und ragte in Form einer dicken Felsnadel wie durch ein offenes Fenster in einen gewaltigen, schier unermesslich weiten Raum hinein. Ein Meer aus rötlichgelben Wolken erstreckte sich darin, das unter einem ebensolchen Himmel lag. Zwischen den zwei Wolkenschichten und diese beiden gleichsam verbindend, erhoben sich summende Säulen aus dampfender Energie. Helles, vielfarbiges Licht durchzuckte sie in unregelmäßigen Abständen. Ein klirrendes Krachen begleitete das fantastische Lichtspiel.
    Wovoka trat an den Sockel der Felsnadel heran. Auf dem Boden daneben lag eine aus wasserabweisendem Wachstuch gefertigte Tasche. Hier bewahrte der Paiute seine Ritualkomponenten auf. Wie er seit seiner Lehrzeit bei Questing wusste, waren Räucherwerk, Adlerfedern, Amulette und Steine nicht notwendig, um Fadenmagie zu wirken. Doch Wovoka hatte festgestellt, dass es ihm leichter fiel, sich aufwändigeren Manipulationen zu stellen, wenn er sie unter Beachtung gewisser ritueller Abläufe vollzog.
    Er nahm die Tasche und stieg die Nadel hinauf, bis er sich unmittelbar an der Grenze zu dem dahinterliegenden Nebelmeer befand. Ein Prickeln erfasste seinen Körper, das den Übergang der normalen Welt in die Sphäre der Magie kennzeichnete. Wovoka öffnete seine Tasche und nahm einen steinernen Dolch heraus, in den jemand fremdartige Runen – keine indianischen – eingeritzt hatte. Questing hatte ihm den Dolch vor zwei Jahren geschenkt, und ohne ihn war sein gegenwärtiges Unterfangen unmöglich. Der Paiute steckte die Ritualklinge in seinen Gürtel, um sie zur Hand zu haben, sobald alles andere bereit war.
    Im Schneidersitz ließ sich Wovoka vor der Magiespalte nieder. Er holte einige der Amulette aus der Tasche hervor. Es waren indianische Schutztalismane, die

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