Magierlicht (Mithgar 08)
sehen sie aus? Die Steingiganten, meine ich.«
»Groß. Einige sind noch größer als Trolle. Vier Meter hoch, oder fünf, einige sind gar sechs Meter groß. Und an Stelle von Augen haben sie Edelsteine.«
»Echte Edelsteine?«, fragte Beau und riss sich einen Brocken Brot ab.
»So sehen sie aus.« Farrin nickte und trank einen Schluck Tee. »Glitzernde Augen, fast so wie die Eures Volkes.«
»Wie sind sie gekleidet?«, nuschelte Beau mit vollem Mund.
»Sie tragen keine Kleidung. Sie würde dort, wo sie wohnen und arbeiten, auch nur in Fetzen gerissen werden, an den malmenden Grenzen des lebenden Gesteines.«
»Meiner Seel, keine Kleidung! War Euch das nicht peinlich?«
Farrin lachte schallend.
Schweigend aßen sie eine Weile, bis sich Farrin schließlich erkundigte: »Wann wollt Ihr nach Gron aufbrechen?«
»Morgen sollte ich eigentlich für reisefähig erklärt werden«, antwortete Beau. »Ich habe zwar meine alte Kraft noch nicht wieder, aber ich kann mehrmals bis zur obersten Treppe steigen, ohne eine Pause machen zu müssen.«
Farrin lächelte. »Die Treppen sind Euer Maß?«
»Nicht meines. Halgas.« Beau deutete mit einem Nicken auf die Heilerin, die am Nebentisch saß.
»Es ist zwar nur ein grobes Maß für seine Gesundheit«, erklärte Halga, »aber letzte Woche hat er es nicht vom Keller bis ins Obergeschoss geschafft, ohne wenigstens zweimal zu pausieren. Trotzdem wäre er aufgebrochen, hätte ich ihn nicht zurückgehalten.«
Als Farrin Beau von der Seite ansah, erwiderte der Bokker: »Sie hat recht gehabt, auch wenn es mich eine ganze Woche gekostet hat. Auf lange Sicht jedoch denke ich, dass ich Agrons Armee rascher einhole, wenn ich später abreise, als ich sie eingeholt hätte, wäre ich letzte Woche schon aufgebrochen.«
Farrin lachte erneut laut heraus. »Ich weiß, wie Ihr Euch fühlt, Beau. Ihr wollt zu Eurem Kameraden. Ich werde ebenfalls aufbrechen und meine Gefährten suchen. Bei den Utruni habe ich zwar keinen Erfolg gehabt, aber wenn ich meine Kollegen finde, ist der Zirkel der Sieben wieder geschlossen.«
»Meiner Seel!«, stieß Beau hervor. Sein Gesicht wurde lang. »Hat es Euch keiner gesagt?«
Farrin legte etwas verwirrt den Kopf auf die Seite und lächelte schwach. Der Löffel mit Bohnen schwebte vor seinem Mund. »Was gesagt?«
Beau legte seine Hand auf Farrins Linke. »Einer von Eurem Zirkel Alvaron … Der Gargon hat ihn getötet, als er in seinem Todeskampf lag.«
Farrin stieß keuchend den Atem aus und ließ seinen Löffel klappernd auf das Tablett fallen. »Alvaron?«
Beau nickte.
»Tot?«
Wieder nickte Beau.
Farrin schob sein Tablett zurück und stand auf. »Ich muss allein sein.«
Beau sah dem Magier nach, als er die Tür des Speisesaales aufstieß und hinausging. Seufzend schob der Wurrling auch sein Tablett zurück und wandte sich an Halga. »Ich glaube, ich gehe spazieren, Halga. Auf den Stadtmauern, wenn ich darf.«
Sie sah ihn lange an und nickte schließlich. »Aber zieht Euch warm an, Beau.«
Beau trottete in sein Zimmer, zog seine gefütterte Jacke über, Handschuhe und den Elfenumhang, und trat nur Augenblicke später durch das Portal des Gefängnisses. Draußen war es still und schneite leicht. Beau schlug seinen Kragen hoch und blickte durch die Schneeflocken zu dem grauen Himmel empor. Als er die kalte Luft tief in seine Lungen sog, fiel ihm auf, dass er jetzt zum ersten Mal seit zwei Monaten das Gefängnis verließ. Er hätte Freude darüber empfinden sollen, tat es jedoch nicht. Denn das Herz des kleinen Bokker war schwer, von einer alten Trauer nämlich, die soeben wieder neu aufgelebt war.
Als Beau am nächsten Tag von einem morgendlichen Spaziergang zurückkehrte, näherte sich ein grimmiger Farrin dem Gefängnis, ein Packpferd am Zügel hinter sich herführend. Beau blieb am Tor stehen und wartete. Farrin ritt zu ihm und zügelte sein Pferd. Der Magier betrachtete den Wurrling vom Sattel aus. »Ich werde jetzt aufbrechen und den Rest meines Zirkels suchen. Man sagte mir, sie könnten sich in Pellar aufhalten, und dort werde ich sie finden. Ich hoffe, auch Ihr findet Euren Freund, wo immer er sein mag. Aber hört auf meine Worte, Beau Darby, und erwägt sie wohl, denn ich kam, um Euch Folgendes zu sagen: Der Ort, zu dem Ihr gehen wollt, ist ein höchst gefährlicher Platz, denn Gron ist Modrus Reich, und das Land folgt seiner Führung. Es ist schon gefährlich genug, allein die Reise dorthin zu unternehmen. Diesen grausigen Ort jedoch
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