Magierlicht (Mithgar 08)
die Soldaten die innere Seitentür öffneten. Die riesigen Silberwölfe trotteten auf ihren langen Beinen einer nach dem anderen durch die Öffnung. Ihre Augen zuckten hierhin und dorthin, und sie hoben ihre silbergrauen Schnauzen in die Luft, als wollten sie wittern, wer Feind und wer Freund wäre. Die Wächter wichen ehrfürchtig vor ihnen zurück, denn diese Tiere waren Kreaturen aus der Legende. Nur Beau blieb stehen, vollkommen fasziniert, selbst als zwei Wölfe gezielt auf den Wurrling zuliefen. Sie überragten ihn und betrachteten ihn, während ihnen die rosa Zungen über den weißen Reißzähnen aus den Mäulern hingen.
»Meiner Seel!« Beau streckte zögernd die Hand aus, um eines der großen Tiere zu berühren.
»Ich würde ihnen an Eurer Stelle nicht direkt in die Augen blicken, Waerling. Eine solche Kühnheit nehmen sie nicht freundlich auf.« Beau blickte hoch. Dalavar, der Magier, stand vor ihm.
Er maß ungefähr einen Meter achtzig, und wie bei allen Magiern waren seine Augen etwas geschlitzt und seine Ohren spitz, wenn auch weniger als bei den Elfen. Oder bei Wurrlingen. Er hatte langes, silbergraues Haar, das bis auf seine Schultern reichte und beinahe genauso glänzte wie das Fell der Silberwölfe, obwohl es ein wenig dunkler war. Trotz seines hellgrauen Haares schien er nicht mehr als dreißig Jahre zu zählen. Er trug Kleidung aus weichem, grauem Leder sowie einen schwarzen Ledergürtel mit silbernen Schnallen. An den Füßen hatte er schwarze Stiefel aus geschmeidigem, weichem Leder. Seine Augen waren so durchdringend wie die eines Falken und von einem blassen Grau. An seinem Hals blitzte etwas Silbernes auf, vielleicht ein Amulett an einem Lederband. Er war weder bewaffnet, jedenfalls sah man keine Waffen, noch verfügte er über einen Zauberstab.
»Ich muss schon sagen«, meinte Beau, der den Wolf vor sich streichelte, ohne dass das Tier protestierte, »sie sind wirklich so groß wie Ponys.«
Dalavar lachte. »Allerdings.«
»Wie heißt er?«, wollte Beau wissen und fuhr mit der Hand über das dichte, weiche Fell an der silbrig weißen Flanke des Geschöpfs.
»Ihr Name, wenn Ihr schon fragt …«, Dalavar runzelte die Stirn und sagte dann: »Er lautet ›Schimmer von Mondlicht auf den Wassern, so zart wie die sanfte Brise den Duft aus Nah und Fern heranbringt‹. Jedenfalls ist das die beste Übersetzung in die Gemeinsprache, zu der ich fähig bin.«
»Meine Güte, was für ein langer Name.« Beau konnte die Hände einfach nicht von dem wunderbaren Geschöpf lassen.
»Nicht auf Draega«, antwortete Dalavar. »Ihr könnt sie Schimmer nennen.«
»Schimmer.« Beau versuchte, die riesige Draega zu umarmen, und legte die Wange an ihre Brust, während er ihren wunderbar reinen Duft einatmete. Schimmer blickte zu dem Wolfmagier hoch, als suchte sie seinen Rat, duldete jedoch die Umarmung des Kleinen Mannes.
»Und Euer Name lautet?«, erkundigte sich Dalavar.
Beau trat von dem Silberwolf zurück. »Mein Name? Oh, ich bin Beau Darby. Ich nehme an, Ihr seid meinetwegen gekommen.«
»… und mit dem, was ich aus Delgars Buch und von Elby Roh in den Waldsenken und meinen eigenen Studien gelernt habe, na ja, da kam es mir einfach nur natürlich nur, eine Mischung aus Silberwurz und Güldminze auszuprobieren.«
Dalavar nickte, als Beau einen Schluck Bier trank. Der Magier selbst berührte das kleine Glas mit Branntwein jedoch nicht, das vor ihm stand.
Die beiden saßen im Schankraum des Springenden Hirschen, einer Taverne in unmittelbarer Nachbarschaft des Gefängnisses. Auf der Straße vor dem Eingang tummelten sich die Silberwölfe, und nur wenige Menschen hatten den Mut, an ihnen vorbeizugehen und die Schwankwirtschaft zu betreten. Von daher hatten Beau und Dalavar die Gaststätte bis auf den Wirt und zwei Stammgäste für sich allein.
Beau sah den Wolfmagier an. »Ich bin doch sicher nicht der Erste, der auf diese Idee gekommen ist.«
»Vielleicht nicht, Beau, aber Ihr seid der Erste, der daran gedacht hat, die beiden zu mischen, und der auch beide Zutaten zur Hand hatte, als die Pestilenz das Land verheerte.«
»Oh, aber ich besaß die Zutaten gar nicht, sondern nur den Silberwurz. Tip und Bekki haben mir die Güldminze besorgt.«
»Tip? Bekki?«
»Bekki ist ein Zwerg, der neue DelfHerr von Minenburg Nord. Sein Dad, versteht Ihr, er wurde im Skarpal-Massiv im Kampf gegen die Brut getötet. Aber Bekki war bei der Schlacht um Dendor anwesend und kannte einen Flecken, wo Güldminze
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