Magiermacht (Mithgar 05)
jeden Fall weiß sie erheblich mehr als ich, das ist sicher.«
Tipperton versuchte erneut, den Akkord zu greifen und runzelte dabei angestrengt die Stirn. »Angesichts der langen Lebensspanne der Elfen hatte sie vermutlich einfach mehr Zeit zu lernen. Übrigens, hat sie dir etwas von dem Kraut gegeben? Güldminze hieß es doch, oder?«
Beau seufzte. »Sie hat es mir angeboten, aber ich habe abgelehnt. Bei all dem, was hier im Ödwald vorgeht, der Brut und den Gargons und all dem, die Vulgs nicht zu vergessen … Ich meinte, sie können das Kraut hier weit besser gebrauchen als ich bei einer Heimsuchung, die vielleicht niemals kommt.«
Pling! Tipperton schlug einen dissonanten Akkord an. »Nitwit!«, knurrte er.
Die Wurrlinge verbrachten ihre Zeit jedoch nicht nur damit, ihre Fähigkeiten zu verbessern und Neues zu erlernen, sondern halfen auch in der Elfensiedlung. Wie sie rasch festgestellt hatten, wurden alle anfallenden Arbeiten im Tal gemeinsam erledigt, und selbst Talarin und Rael fassten oft mit an. Deshalb arbeiteten Tipperton und Beau mit den Elfen in den Ställen, fütterten die Pferde, misteten Boxen aus und fetteten das Sattelzeug.
Dabei beobachteten sie, wie immer mehr Elfenpatrouillen die Elfenfestung verließen und weit in den Ödwald eindrangen. Manchmal sahen sie auch, wie aufgrund der gewonnenen Informationen Kriegstrupps der Elfen in das Dickicht ritten. Sie kehrten häufig mit blutigen Waffen, leeren Köchern und eigenen Verwundeten zurück.
Dann wurde Beau gerufen, sich um die verwundeten Lian zu kümmern, obwohl er dabei größtenteils zusah und lernte, wie die geschickten Elfenheiler die Wunden reinigten und verbanden, Schnitte nähten und Verletzungen versorgten.
Tipperton biss frustriert die Zähne zusammen und übte noch härter mit seinem Bogen, denn Lord Talarin wollte ihm nicht erlauben, diese Expeditionen zu begleiten. Das Tauwetter ließ immer noch auf sich warten, sodass Tipperton und Beau nicht aufbrechen und die Münze endlich an ihren Bestimmungsort bringen konnten.
Der Februar war verstrichen, und im März näherte sich langsam der Frühling. In der zweiten Woche dieses rauen Monats kamen Rael, Elissan und Seena zur Kate der Wurrlinge. Sie hatten Kleidung bei sich, die den Bokker passte. Hosen, Wämser, Tuniken, Strümpfe, Westen, Unterzeug und mehr. Unter der Garderobe befanden sich auch seidene Gewänder, die mit Elfenrunen bestickt waren.
»Die sind wirklich prachtvoll!« Beau hielt seine rostbraune Seidenrobe hoch.
Tippertons Robe war lavendelfarben. »Wofür sind sie gedacht?«
Rael lächelte. »In etwas mehr als einer Woche beginnt der erste Zyklus der Jahreszeiten. Wir möchten, dass Ihr dieses Fest mit uns gemeinsam begeht. Selbst in schwierigen Zeiten wie diesen feiern wir drei Tage. Wir geben ein Bankett, und am mittleren Tag findet der Jahreszeitenwechsel statt.«
»Ich liebe Feste«, erklärte Beau begeistert.
»Natürlich müsst Ihr auch mithelfen«, erklärte Jaith. »Denn selbst ein Fest ist bei uns zu gleichen Teilen Arbeit und Vergnügen.«
Tipperton nickte. »Gern«, antwortete er und warf einen Blick auf seine Laute. »Gibt es auch Musik?«
Seena nickte. »Und Tanz.«
»Dann setzt uns auf die Liste«, erklärte Beau mit breitem Grinsen. »Wann arbeiten wir, und wann vergnügen wir uns, und was sollen wir überhaupt tun?«
»Ihr könnt in der ersten Nacht mit mir arbeiten«, erklärte die dunkelhaarige Elissan. »In der zweiten und dritten Nacht werden wir uns vergnügen.« Sie lächelte Beau an und zwinkerte Tipperton zu, der sofort wieder errötete. Er erinnerte sich noch sehr gut an die Nacht, in der sie in den Waschraum getreten war, und er dort splitternackt und nur mit Seife in den Augen dagestanden hatte.
In der nächsten Woche wuchs der Neumond allmählich und die grimmige Kriegsstimmung wurde von der Vorfreude auf die bevorstehenden Feierlichkeiten ein wenig gemildert. Außerdem wehte ein warmer Wind aus Süden, der den Schnee im Wald des Ardentals tauen ließ. Auf den Höhen des Grimmwalls allerdings hielt sich der weiße Besatz hartnäckig. Trotzdem sahen alle in der Schneeschmelze im Tal ein Zeichen für den bevorstehenden Frühling. Schließlich waren die Tage des Bankettes gekommen. Am ersten der drei Tage wurden Tipperton und Beau der Küche zugeteilt. Sie verdingten sich eifrig als Küchenjungen, während Elfen die Feuer anfachten, Fisch und Gemüse zubereiteten und kochten. Ein Drittel der Elfen war damit beschäftigt, die
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