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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Magier schauen können, ohne Eurer Umgebung Aufmerksamkeit zu schenken. Ich kenne Euch nicht, aber mir scheint das mehr als nur Arbeit zu sein.«
    »Du hast recht. Die Natur sucht nach dem Gleichgewicht, und diesmal ist Recluce zu weit gegangen.« Er runzelte die Stirn. »Hoffe ich zumindest«, fügte er leise hinzu.
    Seine letzten Worte verblüfften mich. »Ihr hofft, dass Recluce zu weit gegangen ist?«
    »Nein, so habe ich es nicht gemeint. Ich hoffe, es ist nur eine Frage des natürlichen Gleichgewichts.« Er stieß sich vom Zaun ab und ging zum mittleren Schuppen. »Lass uns jetzt essen. Die Hirten haben etwas vorbereitet.«
    Das Mittagessen bestand aus heißer Suppe, kaltem Lammbraten, Käse, Schwarzbrot und Rotbeerenmarmelade. Dazu durfte ich soviel heißen Most trinken, wie ich wollte. Leider schmeckte für mich alles nach öliger Wolle. Das Essen beruhigte aber meinen Magen. Als ich mich wieder ein wenig wie ein Mensch fühlte, gingen wir hinaus, um die nächste Herde mit Mutterschafen zu untersuchen.
    Danach ritten wir zu den Weiden im Süden der Stadt und arbeiteten dort, bis wir die Hand vor Augen nicht mehr sehen konnten. Ich war beinahe zu erschöpft, um zu Abend zu essen. Dann fiel ich todmüde ins Bett.
    Der nächste Tag verlief ebenso, der folgende auch, abgesehen davon, dass wir bis Mittag reiten mussten. Jeden Tag besuchte uns die Herzogin für eine Weile. Sie schaute ebenso finster wie Justen drein. Der vierte Tag war nicht ganz so schlimm. Aber wir kehrten auch erst bei Dunkelheit in die Herberge der Weber zurück.
    »Hol den Bademantel aus deinem Zimmer und komm mit mir.«
    »Was …?«
    »Wir nehmen ein Bad.«
    Tatsächlich konnten wir in einem kleinen Raum neben der Küche ausgiebig mit heißem Wasser und Seife baden. Zum ersten Mal fühlte ich mich richtig sauber, seit ich Recluce verlassen hatte. Wir ließen die geborgten Kleidungsstücke liegen und kehrten im Bademantel zurück aufs Zimmer. Dort war mein Bett frisch bezogen. Meine eigenen Sachen waren gereinigt, meine Stiefel geputzt. Es lag auch ein kleiner Beutel da mit fünf Goldpfennigen.
    Ich fand, dass ich mir diese wahrlich verdient hatte.
    Als wir endlich zum Abendessen kamen, war das Feuer im Kamin schon herabgebrannt. Wir waren die einzigen Gäste. Der Wirt bediente uns selbst. Das Kalbfleisch war zart, die Sahnesoße köstlich, der goldene Wein erinnerte an einen schönen Herbsttag. Zum ersten Mal schmeckte mir der Wein. Weder Justen noch ich hatten Lust zu reden, solange wir aßen. Als wir den Rotbeerenkuchen betrachteten, den es zum Nachtisch gab, sagte Justen:
    »Du hast dich wacker gehalten, Lerris.«
    »Ich kann nur sagen, dass Ihr tatsächlich alles verdient, was man Euch zahlt«, erwiderte ich das Kompliment. »Das ist Schwerarbeit.«
    »Abgesehen von ganz zu Anfang gab es nie soviel Unordnung«, sagte der Graue Magier nachdenklich und strich sich übers Kinn.
    »Ihr habt Recluce erwähnt. Was habt Ihr damit gemeint?«
    »Ich hatte gehofft, dass die Maßnahmen Recluces gegen den Herzog zurückgeprallt wären, doch es sieht nicht so aus. Es ist alles zu frisch, beinahe als ob …«
    »Als ob was …? « Ich biss in ein Stück Kuchen.
    Er schaute mich an. »Als ob … nun … als ob du mit Antonin gegangen wärst.«
    »Wie konnte das geschehen? Ist es genauso mühsam, Chaos zu säen, wie es für uns ist, Chaos zu beseitigen?«
    »Nein. Das ist das Problem. Zerstörung ist immer leichter als Aufbau. Es ist, als wären Verlya oder Gerlis gemeinsam mit Antonin und Sephya am Werk. Oder als wäre Sephya viel stärker geworden.« Er schüttelte den Kopf. »Aber das kann ich nicht glauben.« Er nahm einen Schluck des goldenen Weins.
    »Arbeiten die Chaos-Meister nicht zusammen?«
    »Zusammenarbeit – abgesehen von der Beziehung zwischen Meister und Lehrling oder zwischen Mann und Frau – ist beinahe ein Widerspruch in der Chaos-Theorie. Außerdem haben die großen Meister Zusammenarbeit nur selten nötig, da sich ihnen so wenige entgegenstellen.«
    »Ihr stellt Euch ihnen entgegen.«
    »Nicht direkt. Dafür bin ich nicht ordnungsrein genug.« Justen stellte das Glas ab. »Ich bin müde, und morgen brechen wir nach Jellico auf.«
    »Noch ein Auftrag? Wieder Schafe?«
    »In Jellico geht es um Saatgut.«
    »Saatgut?«
    »Gutes Saatgut bringt gute Ernte. Certis baut Raps an, und aus dem presst man das Duftöl, das Hamor schätzt …«
    Ich gähnte. Einige Bereiche im Alltag der Magier und Ordnungs-Meister waren immer noch schrecklich

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