Magische Insel
langweilig. Zumindest roch Saatgut nicht … so hoffte ich zumindest.
XXXIII
L inks stand eine Baumreihe, die zu einem Wäldchen führte, in dem die Straße eine Meile vor uns verschwand. Unter dem blaßblauen Himmel mit der Wintersonne waren Frost und Schnee auf Straße und Stoppelfeldern geschmolzen.
Nachdem wir die Grenzschlucht Montgrens hinter uns gebracht und Certis betreten hatten, sah ich häufiger eingezäunte Pferche und Schafweiden. Hier waren sämtliche Felder und abgeerntete Maisäcker von Zäunen umgeben. Die Bauernkaten waren größer. Zu vielen gehörten sogar Waldstücke. Aber die Landschaft langweilte mich. Wie viel Erfindungsgeist steckt in Zäunen und Katen? Und wie lange kann man daran vorbeireiten, ohne durch die Gleichförmigkeit abgestumpft zu werden?
Justen war nicht gerade gesprächig, und ich drang nicht in den Grauen Magier.
Plötzlich wieherte Gairloch und warf den Kopf zurück. Er bäumte sich kurz auf. Dann ging er wieder im Schritt.
Whiaaaa … Rosenfuß war Gairlochs Meinung.
Ich blickte zu Justen hinüber.
»Sie haben Durst«, sagte er.
»Gibt es dort vorn einen Fluss?«
»Ich glaube ja. Dort steht sogar ein Pavillon, wenn ich mich recht erinnere.«
»Pavillon?«
»Ein Dach auf vier Balken. Ein Schutz gegen Regen.«
Einen Regenschutz brauchten wir nicht, aber wahrscheinlich bot es einen besseren Rastplatz als der Straßenrand.
Den Pavillon fanden wir, doch die Eiche daneben war wohl vom Sturm entwurzelt worden und darauf gefallen. Dabei hatte sie den Dachbalken zerbrochen. Zwischen den Ästen in dem eingestürzten Pavillon gab es keinen Unterschlupf für müde Reisende. Ein Trampelpfad zeigte den Weg zum Fluss.
Ich stieg auf dem Weg aus dem Sattel, um Gairloch den Abhang zum Fluss hinabzuführen.
Er wieherte und weigerte sich weiterzugehen. Ich musterte die Bäume am Ufer genau. Aber ich sah nichts. Dann bemühte ich mich, Chaos zu erspüren. Wieder nichts.
»Ruhig. Man muss das trinken, was kommt.« Ich schlang die Zügel über den Sattel und holte die Feldflasche heraus.
Whiiaaa …
»Ich weiß, dass es kein warmer Stall ist, aber das Wasser ist genießbar.« Ich stellte mich flussaufwärts von Gairloch hin und schöpfte Wasser. Ich roch und leckte daran. Ich erspürte es mit meinen Gedanken. Nichts – nur gutes, kaltes Wasser. Ich trank mehrere Schlucke. Dabei musste ich vorsichtig sein, um nicht von dem Rasenstück zu rutschen, auf dem ich hockte. Nachdem ich mir das Gesicht mit dem Ärmel abgewischt hatte, füllte ich die Feldflasche und steckte sie zurück in die Hülle.
Justen – wo war er?
Ich packte den Stab fester und stieg den Hang hinauf.
Vom Grauen Magier war nichts zu sehen. Aber ein Soldat im Kettenhemd tauchte hinter dem Pavillon auf. Sein flacher Helm war mit Lederriemen festgeschnallt. Er hatte das Schwert gezückt. Die Spitze zeigte in meine Richtung.
»Wieder ein Pilger …« Seine Stimme war rau, sein brauner Bart struppig. Mit gemessenen Schritten näherte er sich mir.
Ich hätte ihm davonlaufen und vor ihm bei Gairloch sein können, aber ich hatte keine Ahnung, wo Justen steckte und wer diesen Soldaten vielleicht begleitete. Möglich, dass sein Kamerad eine Armbrust, einen Langbogen oder ein Gewehr hatte. Ich nahm den Stab fest in beide Hände, stellte mich hin und wartete.
»Was willst du?« fragte ich. Ich fand diese Frage durchaus angemessen, auch einem Wahnsinnigen mit funkelnden Augen und einem Schwert in der Hand gegenüber.
»Nur dein Pferd und dein Geld.«
»Das ist ein bisschen viel.«
»Verdammter Pilger! Ihr seid doch alle gleich.«
Zisch.
Ich ließ den ersten Schlag vorbeizischen.
Zisch!
Peng! Ich war ehrlich verblüfft, wie tollpatschig er kämpfte, als ich seine Klinge auf den harten Lehmboden fliegen sah.
Ich wartete, ob er das Schwert aufhöbe oder den Dolch aus dem Gürtel zöge.
Seine Augen schossen von meinem Stab zum Schwert und zurück. Dann seufzte er. »Pardon?«
Ich nickte.
Klick!
Ich duckte mich und fuhr herum.
Zisch! Die Klinge des kräftigen Kerls traf den Rand meines Umhangs. Ich wünschte, ich hätte ihn abgelegt, als ich zur Seite taumelte.
Peng!
Er rutschte mit einem Fuß auf irgendetwas aus und sprang zurück.
Ich nutzte diesen Moment, um mich des Umhangs zu entledigen und in Kampfstellung zu gehen. Jetzt konzentrierte ich mich ganz auf den unrasierten grauhaarigen Veteranen vor mir. Seine Augen waren blutunterlaufen, doch seine Hände wirkten nicht unsicher.
Seine Klinge senkte
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