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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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hat einen ausgeprägten Sinn für Ordnung. Daher kann ich – hoffentlich – meine Energie für die Krüppel und Zweifelsfälle einsetzen.«
    »Wie du meinst – solange es zu einem guten Ergebnis führt«, sagte die Herzogin ruhig. Doch ihre Stimme klang härter als zuvor.
    Justen blickte den Hirten an. »Schick das erste Tier durch!«
    Bääääää … Ein Wollknäuel mit schwarzem Gesicht und vier Beinen kam aus dem Pferch in den schmalen Bereich zwischen zwei Zäunen gelaufen. Nach der Untersuchung gelangten die Tiere durch ein offenes Gatter in einen zweiten – noch leeren – Pferch.
    Ich gab mir Mühe, das Schaf zu erfühlen. Das war nicht so schwierig, wie ich befürchtet hatte, da es keinerlei Spur von Unordnung gab, lediglich ein schwaches Gefühl von Ordnung. Ich blickte Justen an und sagte: »Sie scheint gesund zu sein. Keine Unordnung, nur ein schwaches Gefühl von Ordnung … und Gesundheit.«
    Er nickte. »Kannst du diese Ordnung ein wenig verstärken?«
    Ich wusste nicht, wie.
    »Pass auf und gebrauch deine Sinne.«
    Das tat ich. Justen strich über das Fell der Schafe, als würde er Holz glätten, um die Maserung mehr zur Geltung zu bringen. Der Vergleich hinkt, aber so fühlte es sich an.
    »Schick das nächste Schaf.«
    Diesmal war ich – mit etwas Hilfe – in der Lage, es dem Grauen Magier gleichzutun. Beim fünften und sechsten Schaf arbeitete ich allein, und Justen beobachtete mich. Alles ging gut, bis – vielleicht als zwanzigstes – ein sehr großes Mutterschaf hereingeschoben wurde.
    Noch ehe das Tier vor mir stand, drehte sich mir der Magen um. Unter dem dicken Fell schien das Schaf weiß glühend zu leuchten.
    »Justen … dieses Schaf …«
    Selbst der Graue Magier wurde blass. Doch dann nickte er einem Hirten zu. »Nimm dieses Schaf aus dem Pferch für die Weißen heraus.«
    »Chaos?« fragte die Herzogin. Ich hatte ganz vergessen, dass sie immer noch zuschaute.
    Justen nickte. Ein Hirte führte das chaosverseuchte Tier in einen kleinen Pferch.
    Die Schafe kamen jetzt immer schneller. Ich atmete Schafe, schmeckte Wolle und war drauf und dran, selbst sofort loszublöken.
    Bei einigen Mutterschafen war der Ordnungsfluß kaum spürbar. Ich bemühte mich, ihn nach Kräften zu verstärken.
    Ein schwarzes Schafsgesicht … bäääää … der ölige Wollgeschmack legte sich mir auf die Zunge … bääää … »Gut.« Nächstes Schaf … »Dieses Tier nicht …« Schafsfurze … Kot … öliger Wollgeruch … bäääää …
    Die Parade der Tiere schien endlos zu sein – bis der Pferch leer war.
    Benommen blickte ich auf. Die Herzogin war irgendwann gegangen. Ich hatte keine Ahnung, wann.
    »Hier drüben«, sagte Justen.
    Mir kam es vor, als hätte er mehr Silberfäden im Haar als heute morgen. Aber vielleicht bildete ich mir das nur ein. Ich stapfte in die angegebene Richtung. Meine Augen brannten, mein leerer Magen knurrte und verkrampfte sich.
    Hinter dem Acker wartete noch ein großer Pferch voller Schafe.
    Ich schaute zum Himmel. Die Sonne hatte noch nicht die Hälfte des Wegs bis Mittag zurückgelegt. »Oh …«
    So verging der Vormittag … ein Schaf nach dem anderen. Justens Miene verfinsterte sich bei jedem Muttertier, das wir aussondern mussten, immer mehr.
    Um die Mittagszeit tränten mir die Augen. Im weißen Pferch liefen ungefähr hundert chaosbefallene Mutterschafe umher.
    »Ruh dich aus, Lerris«, sagte Justen. »Lass uns essen, ehe wir die Arbeit beenden. Danach reiten wir zu den Weiden im Süden.«
    »Da sind noch mehr?«
    Justen lächelte – halb belustigt, halb grimmig. »Du hast erst angefangen. Zwei Tage hier und zwei Tage bei den Herden außerhalb von Vergren. Dort bekommst du aber nicht gleich ein Zimmer in einer Herberge, sondern nur einen Strohsack in einem Zelt.«
    Ich sank gegen den Zaun. Justen ging zum weißen Pferch und ließ sich von zwei Hirten ein Schaf nach dem anderen bringen. Diesmal berührte er jedes Tier.
    Als er fertig war, konnten zwei Drittel der Tiere zur gesunden Herde zurückkehren. Die restlichen Schafe blieben im weißen Pferch.
    Mit langsamen, gemessenen Schritten kam der Graue Magier wieder zu mir. Die Sonne schien ihm aufs Haar, das jetzt zur Hälfte silbrig glänzte. Doch er hatte kaum Runzeln – nicht so wie in Frven.
    »Warum gibt es hier soviel Chaos?« fragte ich.
    »Woher weißt du das?« lautete die Gegenfrage. Er stützte sich auf den Zaun.
    »Seit zwei Tagen seid Ihr ganz zurückgezogen und habt in Welten geschaut, in die nur

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