Magische Insel
Osthörnern herabwälzt.
Gireo blickt zurück zur Anführerin, aber sie ist im Nebel verschwunden. Er runzelt die Stirn, zückt das Schwert aber nicht.
Die kyphrische Abteilung reitet bergab.
Plötzlich donnern die Hufe eines einzigen Pferdes auf die Soldaten zu.
»Formieren!« Der Befehl erschallt aus den Nebelschwaden wie ein Peitschenhieb. Selbst Gireo wendet sein Pferd.
Die Anführerin reitet an den ersten beiden Reihen ihrer Soldaten vorbei. »Vorwärts!«
Fast widerstrebend treiben die Soldaten die Pferde zum Trab an.
Beinahe ein Dutzend Galler sind im Sattel, als die Kyphrer aus dem Nebel hervorbrechen und den Invasoren entgegenstürmen.
Die Klinge der Anführerin blitzt auf.
»Verdammt.«
»Da hast du recht, Gireo!«
Alle Rufe stammen von den Kyphrern. Die Galler kämpfen stumm.
»… du!«
»… Chaos … Schweinehund!«
Nach einiger Zeit sammelt sich die kyphrische Schar nicht weit vom verlassenen Lagerfeuer, das immer noch durch den Morgennebel glimmt. Ein Pferd und ein Mann fehlen. Ein weiterer Sattel ist leer. Ein Dutzend Gestalten im Purpur-Grau der Galler liegt im Lager oder in dessen Nähe.
Die Anführerin zügelt ihr Pferd am Feuer. »Gireo, sammle die Waffen und schnall sie auf ein gallisches Pferd.«
»Hol sie doch selbst!«
Die Anführerin seufzt. Immer noch hält sie die Klinge in der Hand. »Willst du auf dem Pferd oder zu Fuß sterben?«
Gireo zuckt mit den Achseln. »Du könntest einen ehrlichen Kampf zu Fuß nie gewinnen.« Er schwingt sich vom kastanienbraunen Wallach.
Sie lächelt und steigt ab.
Er springt vor, ehe sie den Fuß aus dem Steigbügel gezogen hat.
Sie weicht seiner Klinge aus und hebt ihr Schwert.
Es saust durch die Luft.
Ihm entgleitet das Schwert, Blut spritzt wie eine Fontäne aus seinem Hals, als er auf die Knie sinkt. »Elende Hure …«
Ehe er seinen letzten Atemzug tut, sitzt sie bereits wieder im Sattel. »Hyster … sammle die Waffen ein.«
Der Mann mit dem spärlichen Bart blickt von dem Hünen auf dem Boden zu der schlanken Frau auf dem Ross. Er schluckt, steigt aber wortlos ab.
Zwei andere Männer wechseln Blicke.
»… hast du gesehen, wie schnell ihre Klinge ist?«
»… tötet, wenn du nur …«
»… hat aber sieben Galler getötet …«
Sie lässt die Männer noch eine Zeitlang weiterflüstern, dann räuspert sie sich. »Los, weiter!«
XLIII
D a ich mit meinem Vorhaben die Tradition in Fenard ziemlich erschüttern würde, brauchte ich jemanden, der sich einen persönlichen Vorteil davon erhoffte. Da kam nur Brettel in Frage.
Das redete ich mir immer wieder ein, während ich auf Gairloch die Nordstraße zur Sägemühle hinausritt. Vielleicht hatte ich den richtigen Tag gewählt, denn endlich war die Sonne herausgekommen, und der Wind hatte sich gelegt. Die Luft war so rein und klar, dass ich am liebsten gesungen hätte. Doch ich tat es nicht. Das wäre zuviel der Qual für den armen Gairloch gewesen.
Als ich mich der Sägemühle und dem grauen steinernen Lagerhaus näherte, verging mir jeder Gedanke an ein Lied.
»Lerris, was führt dich hierher? Hast du den Stuhl fertig?« Trotz des bewölkten Himmels schimmerte sein silbernes Haar. Er lächelte einladend.
»Ihr habt mir vor zwei Tagen den Auftrag erteilt. Gute Stühle brauchen ihre Zeit.« Ich lächelte ebenfalls.
Er musterte mich scharf. »Komm mit ins Wohnzimmer.«
»Ist das auch geziemend?«
»Ich bin gleich bei dir. Ich muss nur kurz mit Arta sprechen. Wenn du Rotbeerensaft möchtest, wird Dalta ihn dir bringen.«
Schnell watschelte er auf seinen kurzen Beinen zur Säge.
Ich wischte mir die Stirn ab, stieg von Gairloch und band ihn an einem Pfosten fest. Eigentlich musste ich ihn nicht anbinden, aber warum sollte ich seine oder meine Fähigkeiten ausposaunen? Ich fragte mich, ob die Leute von Wanderers Ruh dafür gesorgt hatten, dass immer ein Bergpferdchen dastand, wenn Gefahrenbrigadiere eintrafen, oder ob sie es eigens für mich besorgt hatten. Talryn, weil er ein schlechtes Gewissen hatte?
Obwohl es an diesem Nachmittag bewölkt war, hatte ich das Gefühl, in Winterkleidung durch eine Sauna zu gehen. Meine wachsende innere Ordnungs-Meisterschaft ließ mich kühl handeln, aber die Wärme war eine andere Frage.
Ich hob den Messingklopfer an dem langen einstöckigen Haus neben dem Lagerhaus und ließ ihn fallen.
Eine junge Frau öffnete.
Ich lächelte. Ihre Augen waren so blau wie der Himmel nach einem Regen, ihr Haar glänzte heller als gesponnenes
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