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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Wahrnehmungskraft auf mich zuraste. Oder bildete ich mir das alles nur ein? Glaubte ich, Dinge wahrzunehmen, die ich in Wirklichkeit gar nicht spürte? Die Welt der Ordnung und der Gedanken schuf Verwirrung in meinem Leben, statt sie zu beseitigen.
    Der Sommer neigte sich bereits dem Ende zu. Das Gras wurde braun.
    Destrin musste jeden Tag längere Ruhepausen einlegen, während ich die Arbeiten erledigte. Doch manchmal bestand er darauf, an den Bänken zu arbeiten, obgleich er sich die Lunge aus dem Leib hustete.
    Jetzt wieder. »Lasst doch Bostric die Streben fertig machen«, sagte ich zu ihm.
    »Ich bin gerade erst heruntergekommen. Willst du mich aus meiner Werkstatt vertreiben, Lerris? Ich bin hier der Meister. Es ist mein Geschäft, und ich lasse mir von keinem Fremden sagen, wie ich es führen soll.« Er blickte mich empört an.
    »Ich will Euch keineswegs vertreiben. Bostric ist Euer Lehrling, er ist hier, um Euch zu helfen. Wenn ich ihm bei der Ausbildung helfen kann, tue ich das gern. Aber wie kann er Euch helfen, wenn Ihr darauf besteht, alles selbst zu tun?« verteidigte ich mich und verstärkte die Ordnung in seinem System, aber nur ein wenig. Destrin war so hinfällig, dass vermehrte Ordnungs-Kraft ihm mehr geschadet hätte als das Husten.
    »Papa …«, mischte sich Deirdre ein. Immer wenn sie mit ihrem Vater sprach, war ihre Stimme fest, ganz gleich wie weh es ihr im Innern tat.
    »Ihr alle wollt mich aus dem Weg haben«, beschwerte sich Destrin, als Deirdre ihn die Treppe nach oben führte.
    Sobald Destrin außer Sicht war, legte ich den Hobel weg und winkte Bostric zu der Bank, auf die Destrin sich mehr gestützt als an ihr gearbeitet hatte.
    »Kannst du die Bank fertig machen?« fragte ich ihn.
    Bostric betrachtete die Sitzfläche. »Und wie soll ich das wieder in Ordnung bringen?« Offenbar hatte Destrin bei einem Hustenanfall eine Vertiefung hineingehobelt.
    »Du kannst ein Ornament daraus machen.«
    Bostric leckte sich nervös die Lippen.
    »Nur zu. Destrin kann die Bank nicht fertig stellen.« Mir war nicht bewusst, wie wahr diese Worte wirklich waren.
    »Lerris?« rief Deirdre von der Treppe aus. Offenbar brauchte sie mich. Sie bewältigte so viele Aufgaben, machte die Buchführung, nähte Kissen und führte den Haushalt vorbildlich. Nie hatte sie um etwas gebeten. Hinter ihrer stillen Fassade war ein eisenharter Wille verborgen.
    »Ich komme gleich«, rief ich und ging hinter ihr nach oben in die Wohnung.
    »Papa stöhnt. Er erkennt mich nicht.« Ihre Näharbeit lag sorgsam zusammengefaltet auf dem Tisch beim Fenster. Wahrscheinlich verdiente sie mehr mit dem Nähen als Destrin mit den Bänken, und bestimmt sparte sie viel Geld, indem sie seine Buchführung machte.
    Bostric würde sich wirklich in ein warmes Nest setzen. Ich hoffte nur, dass mir noch die Zeit blieb, ihm mehr zu helfen, als Deirdre bewusst war.
    Destrin lag mit geschlossenen Augen auf dem breiten Bett und atmete unregelmäßig. Seine Finger waren bläulich. Dann schlug er die Augen auf. »Kyren … wo … das Mädchen?«
    »Ich bin hier, Papa.«
    »Kyren … so kalt … kalt.«
    Ich drang in den hinfälligen Körper ein. Die Hitze und der Druck setzten mir so zu, dass ich mich am Bettpfosten festhalten musste. Ich berührte das verkrampfte Herz und vermochte einige Knoten lösen, damit das Blut wieder floss. Ich musste behutsam vorgehen. Deshalb dauerte es sehr lange.
    »Lerris … Lerris …« Ein kaltes Tuch legte sich auf meine Stirn.
    Eine übermächtige Müdigkeit und dumpfer Kopfschmerz lähmten mich.
    »Hast du etwas zu trinken? Rotbeerensaft?« fragte ich mit heiserer Stimme.
    Deirdre brachte mir einen Becher. Nach wenigen Schlucken fühlte ich mich beinahe normal, fast beschwingt. Ich ging zum Bett. Destrin war zwar noch blass, schlief aber ruhig. Ich war nicht sicher, wie lang ich ihn noch am Leben erhalten konnte. Es hatte nur sehr weh getan, als ich ihn berührt hatte. Mir wurde schwindlig vor Augen.
    »Lerris?«
    Ich hatte vergessen, dass Deirdre neben mir stand.
    »Du hast ihn gerettet … wieder einmal.« Ihre Stimme klang neutral.
    »Ja. Ich weiß nicht, Deirdre. Er hat schreckliche Schmerzen.«
    Fragend blickte sie mich an. Zum ersten Mal liefen Tränen über ihre Wangen.
    »Ich habe die Schmerzen gelindert, aber für wie lange?«
    »Armer, armer Papa.«
    »Lass ihn nicht aufstehen. Sag ihm, er sei erkältet.«
    »Wie lange?«
    Ich wusste, was sie damit fragen wollte.
    »Wenn er sich schont, vielleicht ein

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