Magische Insel
seine schwarze Stute – und all das in der Zeit, in der ich ein Glas Rotbeerensaft trank.
Wir ritten gemeinsam zurück zu Destrin. Ich war froh, dass wir keinen weiteren Truppen des Präfekten begegneten.
LV
D estrin saß im Armstuhl. Sein Gesicht war immer noch sehr blass, aber ohne den bläulichen Schimmer des Todes, wie am Morgen.
»Ich habe einen alten Freund mitgebracht«, sagte ich.
»Pate!« rief Deirdre. »Wir haben uns so lange nicht gesehen.«
»Bist du hergekommen, um den Toten deine Achtung zu erweisen, Brettel?« fragte Destrin spitz.
»Nein, ich möchte mit dir über die Zukunft meines Patenkindes sprechen.«
»Du kannst sie nicht wie dein eigenes Kind behandeln. Das habe ich dir gesagt, als …«
Ich legte Destrin die Hand auf die Schulter, um ihn zu beruhigen, aber auch, um ihm etwas Ordnung einzuflößen. »Das will er auch nicht.«
Destrin lehnte sich zurück, war aber noch blasser geworden. Deirdre blickte Brettel an, dann mich.
»Darf ich mich setzen?« Brettel wartete nicht auf eine Antwort, sondern nahm sich einen Stuhl und setzte sich Destrin gegenüber. »Lerris, hol dir auch einen Stuhl.«
Auch Deirdre setzte sich.
»Was ist mit meiner Deirdre?« fragte Destrin immer noch scharf.
Brettel blickte mich an. Ich schluckte.
»Meiner Meinung nach sollte sie über einen Heiratsantrag nachdenken«, begann ich.
»Was Holz anbelangt, bist du ein Meister, Lerris. Aber wie würdest du Deirdre behandeln?«
»Es geht nicht um mich. Wenn ich um ihre Hand bäte, könnte das zu ihrem Tod führen.«
Brettel zuckte zusammen, Destrin seltsamerweise jedoch nicht. Er schaute mich an. »Du bist ein ehrlicher Bursche. Würdest du mir eine Frage beantworten, wenn ich sie indirekt stelle?«
Ich nickte. »Wenn ich kann …«
»Gut … War der Meister, bei dem du das Schreinerhandwerk gelernt hast, der einzige, den Dorman respektierte?«
Ich hatte mit einer ähnlichen Frage gerechnet. Destrin war kein guter Schreiner, aber ein scharfer Beobachter. »Ich glaube, ja.«
Destrin seufzte. »So musste es sein. Also … wirbst du für Bostric?«
»Oh!« Deirdre schlug die Hand vor den Mund, doch ich hatte ihren bestürzten Ausruf gehört. Ihr Schmerz traf mich wie das Chaos-Schwert eines Soldaten des Präfekten in die Brust.
»Etwas Besseres ist mir nicht eingefallen. Ich kann etwas zu ihrer Aussteuer beitragen. Ich habe eine Truhe aus Roteiche für sie gemacht. Über kurz oder lang muss ich fortgehen, um euch alle nicht in Gefahr zu bringen. Mit Bostrics Familie und Brettel … in der Zukunft … ich hoffe …« Ich war nicht in der Lage weiterzusprechen. Es tat mir in der Seele weh, für Bostric zu werben. Tief im Innern wusste ich, dass er nicht der Richtige für Deirdre war. Und das erleichterte meine Aufgabe nicht gerade.
Deirdre schnäuzte sich.
Destrin schüttelte den Kopf. »Du magst sie, nicht wahr?«
»Ja, und das macht es so schwer.«
»Du würdest sie überleben?«
Ich wusste, worauf er abzielte und warum er diese Frage stellte.
»Ja, falls ich die nächsten Jahre überlebe, sogar sehr lange.«
»Warum fragst du das?« wollte Brettel wissen.
»Weil ich mir Sorgen mache und ich nur so versuchen kann, sie zu beschützen, um ihr soviel eigenes Leben wie möglich zu verschaffen.«
Die beiden älteren Männer blickten sich an.
»Wir möchten kurz miteinander sprechen, Lerris … Deirdre …« Destrins Stimme klang ruhig, fast entspannt.
Deirdre und ich standen auf. »Papa, Pate, ich muss kurz mit Lerris sprechen – allein. Entschuldigt uns bitte.« Deirdre lächelte mich an. Trotz ihrer verwaschenen blauen Hose, der Bluse und der alten weißen Schürze wirkte sie fast königlich. Sie schien erleichtert zu sein, aber ich spürte die Spannung in ihrem Innern, wie eine aufgezogene Feder. Sie nahm meinen Arm und führte mich in ihre kleine Kammer, die kaum größer war als meine Nische in der Werkstatt. Ein schmales Bett stand darin. Durchs Fenster sah man auf den Hof und Gairlochs Stall.
»Was …?«
Sie legte mir die Hand auf die Lippen. Dabei zitterte sie. »Lerris?«
»Ja.«
»Ich weiß, dass du eine Art Zauberer bist, aber …« Sie holte tief Luft. »… würdest du mir je weh tun?«
»Selbstverständlich nicht«, erklärte ich. Ich fragte mich, wohin dieses Gespräch führen sollte und warum sie die Tür geschlossen hatte. Der schwache Rosenduft erinnerte mich an einen Abend, den ich lieber verdrängte.
»Niemals?«
»Nein, warum?«
Da schlug sie mich mit der
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