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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Jahr, aber das ist nur eine Vermutung. Er hätte heute sterben können, aber er will noch nicht.«
    »Armer Papa.«
    Am Nachmittag zahlte ich Wryson zwei Kupferlinge für den Wagen, den ich mir von ihm lieh, um Brettel die Aussteuertruhe aus Roteiche zu liefern. Für den Fall, dass es eine Überraschung sein sollte, hatte ich eine Decke darüber gebreitet.
    Unterwegs kam mir eine Abteilung Kavallerie entgegen. Eine Gefangene in grünem Leder mit Augenbinde, die Hände hinter dem Rücken gefesselt, schwankte auf dem letzten Pferd hin und her. In ihrem kurzen blonden Haar war ein dunkler Fleck. Obwohl sie verwundet war, strahlte sie Ordnung aus.
    Die Sättel der letzten vier Pferde waren leer. Ich fühlte die Unordnung und das Chaos des vergangenen Kampfes.
    »Platz da!«
    Obwohl ich meine Wahrnehmung ausdehnte, spürte ich hauptsächlich Müdigkeit und Schmerzen, kein neues Chaos. Ich wartete, bis die Kavallerie vorbeigeritten war.
    Die Gefangene in grünem Leder ging mir nicht aus dem Sinn. Sie hätte Wrynn oder Krystal sein können. Sie war es nicht, hätte es aber sein können.
    »Lerris, du kommst früher als erwartet. Ich sagte dir doch, du könntest dir Zeit lassen.« Brettel grinste.
    »Möchtet Ihr die Truhe sehen?«
    »Dalta ist auf dem Markt.«
    Ich holte die Truhe samt der Decke vom Wagen.
    »Hier«, ich gab Sperlin, Wrysons Kutscher, einen Kupferling, den ich eigentlich nicht entbehren konnte. »Du kannst gleich zurückfahren.«
    Erst nachdem der Wagen auf der Nordstraße dahinrumpelte, schaute ich Brettel wieder an.
    »Du bist dünner geworden, Lerris, und du wirkst abgehetzt.«
    »Wir haben eine Abteilung Kavallerie gesehen, viele leere Sättel.«
    Brettel schüttelte den Kopf. »Warum? Der Autarch lässt ihn doch in Ruhe.«
    Ich wusste auch keine Antwort, aber es waren viele Soldaten in Gallos.
    »Möchtet Ihr jetzt die Truhe sehen?« Ich wollte das Thema wechseln.
    »Selbstverständlich.«
    Ich nahm die Decke ab und beobachtete seine Miene.
    Stumm schaute er die Truhe an, dann mich. »Das kann ich mir nicht leisten, Lerris. Diese Truhe ist Dormans oder Sardits würdig – ein Meisterstück.«
    So gut war die Truhe nicht, doch sie entsprach durchaus einigen Arbeiten meines Onkels. Aber ich vermochte ins Holz hineinzuschauen, die anderen Schreiner nicht.
    Brettels Augen ruhten immer noch auf der Truhe. »Dalta wird das gar nicht zu schätzen wissen.«
    »Später gewiss.«
    Er musterte mich scharf.
    »Warum bist du wirklich gekommen?«
    »Um Euch zu bitten, Bostric zu erlauben, Deirdre zu heiraten.«
    »Warum jetzt?«
    »Weil Destrin stirbt und ich fort muss, ehe es zu spät ist und die Öffentlichkeit zuviel erfährt. Ich hoffe, ich habe nicht schon zu lange gewartet.«
    »Da gibt es ein Problem, Lerris.«
    »Ich sehe sogar eine Menge Probleme.« Meine Stimme klang gequält.
    »Bostric fertigt die Bänke und einfacheren Kommoden an. Seine Arbeit ist besser als Destrins, aber du bist immer noch der Meister …«
    »Ich bin kein Zunftmeister.« Ich musste protestieren, aber mir drehte sich der Magen um, wenn ich daran dachte, dass ich diese Ebene erreichen würde.
    »Nein … nicht verglichen mit Perlot und Sardit. Aber Daltas Truhe straft auch das Lügen. Die anderen Zunftmeister, Rasten, Deryl, Hertol oder Ferralt, können den Vergleich mit dir nicht bestehen.«
    »Seht, Deirdre näht ausgezeichnet. Sie könnte fast allein den Haushalt bestreiten. Leicht wird es für die beiden nicht, aber Deirdre hat eine gute Aussteuer …«
    »Ach, hat sie?« unterbrach Brettel mich.
    »Ich habe für sie eine Truhe gemacht, nicht ganz so gut wie Daltas, und sie hat fünf Goldstücke, nicht viel.«
    »Lerris!« Er schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß, viel ist es nicht, aber …«
    »Lerris. Wer bist du? Du bist ein Fremder, der etwas mehr als ein Jahr in unserer Stadt lebt. Du hast den Tod in Schach gehalten, meinem Patenkind wieder zu Hoffnung und zu einer Zukunft verholfen, die Ehre ihres Vaters wiederhergestellt und ihr eine Aussteuer verschafft. Ich wünschte, einer meiner Söhne würde so weit gehen.«
    Verlegen sah ich, wie Tränen über seine Wangen rollten. Schließlich hatte ich nur getan, was ich konnte. Wer hätte nicht so gehandelt?
    »Wir brauchen eine baldige Hochzeit, damit Destrin sie noch mitfeiern kann.«
    »Hast du ihn schon gefragt?«
    »Nein. Ich wollte ihn nicht aufregen.«
    »Ich gehe mit dir zu ihm. Frag ihn, wenn ich dabei bin.«
    Brettel wusch sich, zog ein sauberes Leinenhemd an und stieg auf

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