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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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mir eine Wahl? Sollte ich wie alle anderen Schwarzen Meister davonlaufen oder mich von den großen Weißen Magiern verbrennen lassen? Ich hatte die Wahl, ein Heuchler wie Talryn oder ein toter Held wie der kyphrische Grenzsoldat zu werden.
    »Großartige Wahl!« murmelte ich vor mich hin.
    Das Krächzen der Aaskrähen bestätigte meine Meinung.
    Die Weiße Straße der Magier verlief ungefähr anderthalb Meilen durch ein enges Tal, dann bog sie nach rechts. Das Berggras am Straßenrand war braun. Nur vereinzelt wuchsen Büsche. Das Krächzen der Aaskrähe, die uns folgte, und Gairlochs Hufschlag waren die einzigen Laute, die von den Felswänden widerhallten.
    Kurz vor Mittag hielt ich an einem schmalen Bach. Gairloch trank gierig, obgleich das Wasser eiskalt war. Ich ebenso. Dann gab ich ihm noch einige Getreidekuchen und ließ ihn auf dem spärlichen Gras weiden.
    Ich aß etwas Brot und schnitt mehrere Scheiben vom gelben Käse ab; das half gegen den Hunger, mehr aber auch nicht. Essen stillt den Hunger. Einen Bissen warf ich der Aaskrähe hin, die sich auf einem Felsen auf der anderen Straßenseite niedergelassen hatte.
    Eine Zeitlang lag das Brot unberührt im Gras. Dann stürzte der Vogel plötzlich hinunter und brachte das Stück zu seinem Platz auf dem Felsen.
    Nachdem ich den gefiederten Zeitgenossen begrüßt hatte, verzehrte ich einige weitere Scheiben Brot und Käse. Es hatte mir schon immer widerstrebt, einfach Stücke davon herunterzureißen.
    Immer noch herrschte Totenstille; ich hatte Lust zu reden, sogar mit der Aaskrähe hätte ich mich unterhalten. Doch stattdessen verstaute ich meinen restlichen Reiseproviant, füllte die Wasserflasche und bestieg Gairloch erneut.
    Die Felswände entlang der Straße schienen weißer und lebloser zu werden, die Stille wurde fast unerträglich. Nicht einmal Insekten zirpten, die einzigen Lebewesen hier waren eine Aaskrähe, ein Bergpferd und ein einsamer Narr. In weiter Ferne glänzten kalt die Westhörner.
    Ich ritt weiter.
    Dann fand ich die Tore.
    Auf den ersten Blick ähnelte das Tal allen bisherigen: eng, gerade, weiß. Es schien vor einer Felswand zu enden. Ich spürte, dass es eine Illusion war. Dann sah ich den engen Pfad dahinter. Hier waren die Felswände nicht von den Unbilden des Wetters abgeschliffen, sondern scharfkantig. Chaos hatte ihnen erst vor kurzem seinen Stempel aufgedrückt.
    Ich betrachtete die Realität hinter dem Trugbild und fragte mich, ob etwas, das Chaos geschaffen hatte, in Wahrheit Realität sein konnte.
    In der Mitte des schmalen Durchgangs standen zwei schwere Tore aus weißer Eiche. Ihre Angeln waren in den Fels eingemauert. Die Torflügel wirkten geschlossen.
    Abgesehen von einem schmalen Band bargen die Tore kein Chaos. Ein schwerer, doch einfacher Riegel hielt sie verschlossen. Ich hätte das Band mit Leichtigkeit umgehen und das Tor öffnen können, ohne es zu zerreißen, aber ich tat es nicht. Welcher schlichte Schwarzstabträger hätte das gekonnt?
    Als ich den Riegel umlegte, flog ein Funke, aber sonst geschah nichts.
    Ich ritt hindurch. Dann stieg ich ab und schloss die Tore wieder. Ein Gebot der Höflichkeit.
    Hinter dem Tor verlief die Straße zwischen baumlosen felsigen Bergen, ehe sie eine halbe Meile lang über eine steinige Ebene zu den hohen weißen Klippen führte, auf denen Chaos-Energien umherwirbelten. Unterhalb der Klippen stand eine Art Schloss, eigentlich ein großes dreistöckiges Haus mit weißem Dach und einer Mauer aus weißem Granit, die in den weißen Klippen mündete.
    Mich schauderte. Eigentlich wollte ich nicht hier sein, doch hatte ich mich selbst in diese Zwangslage gebracht. Wie konnte ich nicht versuchen, Antonin aufzuhalten, nach allem, was ich gesehen und gesagt hatte? Doch würde ich siegen? Das war mehr als fraglich.
    Ich blickte wieder auf Antonins Festung. Das Bauwerk schien eindrucksvoll, aber viel kleiner, als ich es für einen Chaos-Meister für passend hielt. Keine Türme, nur eine glatte Mauer mit einem Tor. Vor der Mauer zog sich ein tiefer Graben dahin, dessen Boden ich von der Straße aus nicht sehen konnte.
    Von den Klippen her floss ein schmaler Bach, an dessen Ufer etwas Gras wuchs. Ich stieg ab, weil ich Gairloch nicht mit in die Festung nehmen wollte. Warum nicht, vermochte ich nicht zu erklären. Ich ließ Gairloch weiden, nahm ihm jedoch nicht den Sattel ab.
    Dann marschierte ich in der Sonne und mit dem Stab in der Hand die Straße zur Festung hinab.
    Auf halbem Weg sah ich,

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