Magische Insel
Feuerball hörte Krystal auf zu kämpfen und blickte mich an. Seine Klinge traf ihren Schwertarm, bis dieser blutüberströmt war. Der Traum schien die ganze Nacht hindurch zu dauern. Beim Aufwachen war ich in kalten Schweiß gebadet. Über Nacht hatte es gefroren. Reif bedeckte das Gras, eine dünne Eisschicht lag auf dem Bach.
Es schien noch nicht richtig Winter zu sein, aber unterhalb der Westhörner war es kälter als an den kältesten Tagen in Recluce oder den meisten in Kyphrien.
Gairlochs Atem bildete eine weiße Wolke.
Ich gab Gairloch etwas Getreidekuchen und ließ ihn grasen. Ich stopfte mir die letzten getrockneten Äpfel von Brettel in den Mund. Mein Proviant ging zur Neige und reichte für höchstens einen Achttag. Aber mehr würde ich nicht brauchen – so oder so.
Die Äpfel sättigten mich nicht, deshalb öffnete ich das letzte Päckchen. Gelber Käse war darin, der nicht so gut schmeckte wie der weiße. Dazu hatte ich noch Brot.
Danach schickte ich meine Sinne vorsichtig zur Straße der Magier hinaus. Sie war so verlassen wie am vorigen Abend.
Noch ehe die Sonne über die Berge hinter uns gestiegen war, trabte Gairloch bereits weiter auf dem engen künstlichen Tal in die Westhörner hinein.
Eine Zeitlang sah ich nichts Ungewöhnliches und fühlte nur die Spur des Chaos auf der Straße. Doch dann näherten wir uns der massiven Chaos-Energie, die ich erstmals am gestrigen Nachmittag gespürt hatte. Sie bestand irgendwo auf der anderen Seite eines schmalen Durchgangs der mächtigen Felswand, die abgesehen von der Straße der Magier jegliche Passage nach Westen zu blockieren schien.
Plötzlich warf Gairloch den Kopf hoch, als wollte er mich warnen.
Vor uns öffnete sich der Pass in der Morgensonne, die mir den Rücken wärmte. Grüne Hänge endeten zu beiden Seiten unvermittelt an den schroffen und zerklüfteten Felsen, die die Westhörner von den niedrigeren Bergen in Candar unterschieden. Die meisten Menschen mieden diesen Pass. Ich sah nur die Spuren von Antonins Kutsche. Entlang des Straßenrandes wuchsen dornige Beerenbüsche. Die Straße blieb unverändert fünfzehn Ellen breit.
Ich schickte meine Sinne voraus, fühlte aber nichts. Nicht einmal Bäume oder Felsen.
»Verdammt!« stieß ich hervor, weil ich wusste, was das bedeutete.
Antonin vermochte nicht zu entstellen, was ich sah, aber er konnte verhindern, dass ich irgendetwas wahrnahm, abgesehen vom Gefühl des Chaos.
Am liebsten hätte ich aus Jux und Tollerei ein gewaltiges Gewitter entstehen lassen, aber bei der bedrohlichen Nähe des Chaos schien es keine gute Idee, Energie zu verschwenden. Außerdem erinnerte ich mich an Justens Warnung, dass Frivolität sich in Chaos wandeln konnte.
Es gab auch keinen Ordnungs-Grund für ein Gewitter. Hätte eine furchtbare Dürre geherrscht, hätte ich durch den Regen Ordnung verstärkt – vielleicht.
Ich ruckte mit den Zügeln. »Los, Alter, weiter!«
Vor uns stieg die Straße an. Wenige Kiefern und Fichten erhoben sich über das kniehohe Gras. Ich sah nichts vor mir, doch als ich die Hand zu meinem Stab ausstreckte, der in der Halterung saß, schlug mir die Wärme entgegen.
Jenseits der Anhöhe war etwas. Ich wischte mir die Stirn, da ich plötzlich schwitzte.
Gairloch sträubte sich entschieden. Ich bemühte mich, zu erspüren, was uns jenseits der Kuppe erwartete. Ich fühlte jedoch nur die Wärme des Feuers, das Antonins Markenzeichen war.
Musste ich wirklich weiterreiten?
Ein Blick in die Runde überzeugte mich. Alle grünen Wiesen endeten jäh in steilen Felswänden, die selbst eine Bergziege nicht erklettern konnte.
Ich schüttelte den Kopf, als ich begriff, was vor kurzem hier geschehen war. Einst war der Pass eine natürliche schmale Öffnung in den Bergen gewesen. Dann hatte jemand – oder etwas – vor langer Zeit, wahrscheinlich als Candar unter den Magiern von Fairhaven geeint war, eine tiefe Bresche geschlagen. Man hatte nicht nur die Straßen der Magier gebaut, sondern die gesamte Geographie verändert.
Vielleicht – aber nur vielleicht – hatte Magistra Trehonna recht gehabt. Dieser Gedanke behagte mir ganz und gar nicht.
Mit Hilfe des Wetters und der Zeit waren die Felswände abgebröckelt und hatten wohl nur einen schmalen, scheinbar natürlichen Durchgang zu den Westhörnern gelassen. Doch dann hatte man das Geröll entfernt, denn jetzt lag unter Gairlochs Hufen die glatte weiße Zauberstraße – dieselbe, die durch Frven führte.
Jetzt sah ich neben der
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