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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Das Zimmer war noch so, wie ich es verlassen hatte. Es war nur dunkler. Als ich aus dem Fenster blickte, sah ich nirgends einen Lichtschein. Der Nebel und die Wolken schienen mir noch dicker zu sein als zuvor, aber wie konnte ich das mit Sicherheit erkennen?
    Ich saß auf dem Bett und zog die Stiefel aus. Da hörte ich, wie Krystals Tür sich öffnete und wieder schloss, aber keine Stimmen. Schnell streifte ich Hose und Tunika ab und löschte die Lampe.
    Kaum hatte ich mich in die Steppdecke gewickelt, war ich schon eingeschlafen. Allerdings war ich nicht sicher, ob ich im Halbschlaf ein leises Klopfen an der Tür gehört hatte. Ich war jedoch zu müde, um nachzusehen, und wahrscheinlich hatte ich es mir nur eingebildet.
    Trotzdem … sicher war ich nicht. Aber ich träumte weder von rothaarigen noch von schwarzhaarigen Frauen.

 
XIX
     
    S obald ich am nächsten Morgen vor die Herberge trat, spürte ich ganz stark, was ich in der vergangenen Nacht gefühlt hatte und was Isolde mit ihrer Bemerkung gemeint hatte, wir wären hier ohne Waffen sicher. Trotz der verwitterten Bohlen und der verwaschenen grauen Farbe auf den Holzwänden strahlte das Haus Ordnung aus. Keine vergitterten Fenster, keine schweren Türen, keine Wachen – nur Ordnung. Genügend Ordnung, um allen zu missfallen, die der Unordnung zuneigten.
    Die dunklen Wolken und der Nebel vom Vortag waren verschwunden. Lediglich einige weiße Schäfchenwolken zogen über den strahlendblauen Herbsthimmel.
    Ich betrachtete wieder die Herberge. Die Fensterläden hatten innen Eisenbügel, durch die man einen Riegel schieben konnte, wenn man die Läden von innen schließen wollte, falls das Wetter oder irgendein Angriff es erforderte. Das Eisen war schwarz und sauber. Die Roteiche der Tür war unter dem Firnis ausgebleicht und leuchtete jetzt beinahe golden, was gut zu den Messinggriffen passte.
    Von einem Balken über der offenen Tür hing – ungefähr zwei Ellen unter dem Fenster im Obergeschoß – das ordentlich gemalte Schild Wanderers Ruh. Vor der Herberge war der knapp fünf Ellen breite Gehsteig mit grauen Steinen gepflastert. Jemand hatte sie bereits gefegt.
    Als ich zu dem Zimmer hinaufschaute, in dem ich Tamra vermutete, sah ich durchs halboffene Fenster einen roten Schimmer. Doch dann erkannte ich, dass die Brise vom Hafen nur den roten Vorhang blähte. Danach ging ich zur Rückseite der Herberge, aber Krystals Fenster war geschlossen. Entweder war sie bereits fortgegangen, oder sie schlief noch.
    Ich schulterte meinen Tornister, der mir nicht mehr so schwer vorkam wie damals beim Aufbruch von Wandernicht. Nach einem letzten Blick auf die Herberge marschierte ich in Richtung des Mietstalls los, auf den ein Schild an der Wand hinter dem Empfang hinwies. Wenn ich die Westhörner erreichen wollte, mochte ich nicht zu Fuß gehen, da ich nicht jahrelang unterwegs sein wollte. Über tausend Meilen – mir lag Talryns knappe Erklärung immer noch im Magen. Jemand wollte mich unbedingt eine Zeitlang von Recluce fernhalten.
    »Pass doch auf, Fremder!«
    Ich wich einem dünnen Mann aus, der einen kurzen Umhang und eine zerrissene Tunika trug, die das Kettenhemd darunter nicht verbarg. In einer abgenutzten Scheide steckte ein Kurzschwert. Ich lächelte höflich und trat beiseite. Er blieb stehen und musterte mich.
    Ich wartete und wechselte nur den Griff am Stab.
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst aufpassen …« Er hatte einen merkwürdigen Akzent. Über dem kurzen graubraunen Bart sah ich tiefe Pockennarben im Gesicht. Bei dem Geruch von schalem Bier, Dreck und anderen Ausdünstungen wäre ich am liebsten noch einen Schritt zurückgegangen. »Aber du siehst wie ein friedlicher Kerl aus … gib mir einfach deinen Tornister.«
    Ich stand wie erstarrt da. So nahe der Herberge hatte ich mit keinem Überfall gerechnet.
    »Ich habe gesagt, gib ihn mir!«
    Ich lächelte und hielt den Stab abwehrend vor mich. »Ich glaube, du bist an den Falschen geraten.« Ich hoffte, dass meine Stimme kräftiger klang, als sich meine wackligen Knie anfühlten.
    »Ha!« Er zückte die Klinge. »Los! Her mit dem Ding!«
    Ich wartete ab. Das Schwert glänzte im Morgenlicht.
    »Wie schade, dass ich dich jetzt aufschlitzen muss, Fremder.«
    Ich beobachtete nur seine Augen.
    Peng! Ich hatte die kurze Klinge mit dem Stab auf die Seite geschlagen.
    »Du kannst mit dem Stab recht gut umgehen, aber nicht gut genug …«
    Ich konzentrierte mich darauf, seine Bewegungen zu beobachten, und

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