Magische Insel
Falls ihr wollt, könnt ihr auch andere Vereinbarungen treffen. Wir essen gemeinsam in dem kleinen Speisesaal zu Abend, den ihr links seht. Dort treffen wir uns, sobald ihr eure Sachen auf die Zimmer gebracht habt. Die Waffen lasst ihr auch dort. Sie sind sicher. Und jetzt … erledigt die Formalitäten am Empfang.«
Offenbar sprach sie aus langer Erfahrung. Ich fragte mich, wie viele Gruppen sie schon nach Freistadt begleitet hatte. Sie trat zur Theke.
»Wir hatten nicht erwartet, Euch wieder zu sehen, Magistra.«
»Das Unerwartete ändert manchmal alle Pläne.« Isolde lachte, aber es klang falsch. »Hier, wie immer.«
Die Münzen klingelten.
Die Frau in der verwaschenen grünen Bluse machte große Augen. Offenbar war die Bezahlung keineswegs wie immer.
»Seid Ihr schon dem neuen Steuereinnehmer begegnet?« fragte die Frau.
»O ja. Wir haben ebenfalls den neuen, aber leider bereits verstorbenen Kämpen des Herzogs getroffen.«
»Ach, du meine Güte …«
»Ich bezweifle, dass die Schergen des Herzogs bald kommen, aber ich werde diesmal nicht länger bleiben, sondern abreisen, sobald diese Gruppe morgen aufbricht.«
»Die neuen Steuern sind sehr unbeliebt. Es gibt Gerüchte, nach denen der hamorische Gesandte Freistadt ziemlich überstürzt verlassen hat. Bis die Lage geklärt ist, läuft kein Schiff unseren Hafen an.« Die Wirtin zog die Brauen hoch, als sie Isolde anschaute.
»Falls Hamor irgendwelche Maßnahmen beabsichtigt, wird also kein Schiff kommen.«
Ich wusste, wie Isolde zurückfahren würde. Doch blieb die Frage, was sie vor ihrer Abreise tun würde.
»Los, Lerris! Starr keine Löcher in die Luft. Komm her.« Isolde war neben mich getreten, ohne dass ich es bemerkt hatte.
»Ah … ein junger Schwarzstabträger … ich wette, die Hafenwache war nicht begeistert. Besonders jetzt.«
»Nein …« Ich schaute mir das Gästebuch an. Es war nur Platz für den Namen, nicht für das Heimatland. Schnell schrieb ich meinen Namen unter Isoldes und trat beiseite.
»Hier ist dein Schlüssel, junger Mann. Zimmer fünfzehn, erster Stock hinten.«
Der Schlüssel hing an einem Messingschild, das beinahe so groß wie meine Faust war. Ohne die anderen anzuschauen, stieg ich die Treppe hinauf, wobei ich mir Mühe gab, nicht mit dem Stab gegen das Geländer zu schlagen.
Der Gang im ersten Stock war auch mit Teppich ausgelegt. Öllampen brannten. Neben Zimmer fünfzehn lag Zimmer vierzehn. Lautlos öffnete der Schlüssel meine Tür. Ebenso lautlos schloss sie sich wieder.
Ein Doppelbett stand im Zimmer, außerdem eine Kommode mit drei Schubladen; darüber befand sich ein Spiegel im Eichenrahmen. Die Einrichtung wurde ergänzt durch eine Waschschüssel mit Handtüchern und einen Schrank. Ein geflochtener Teppich bedeckte die polierten Goldeichenbretter zwischen Bett und Kommode. Rotkarierte Vorhänge, die mit weißen Kordeln zurückgebunden waren, umrahmten das Fenster. Die Lampe über dem Kopfende des Bettes erhellte das Zimmer. Auf dem Bett lag eine rote Decke, auf die fröhliche weiße Schneeflocken aufgenäht waren.
Ich hängte den Umhang in den Schrank, zog die Tunika aus und kramte im Tornister.
Das Wasser in der Schüssel war warm. Mit Hilfe der bereitgelegten Seife und dem Rasiermesser aus dem Tornister tat ich mein möglichstes, um mich fein zu machen.
Der Spiegel zeigte mir einen glattrasierten, einigermaßen gutaussehenden, aber immer noch viel zu jung wirkenden Mann angesichts dessen, was ich ab morgen tun musste.
Ich musterte die Tunika. Sie war zwar leicht verschmutzt, doch hatte ich keine Zeit, sie zu waschen. Also streifte ich sie wieder über und rieb mit dem angefeuchteten Handtuch die schlimmsten Flecken weg.
Als ich den Tornister im Schrank verstaute, wunderte ich mich. Wanderers Ruh war offensichtlich eine Herberge, die sich nur sehr reiche Menschen leisten konnten. Ich musste den Stab schräg stellen, um ihn im Schrank unterzubringen. Aber trotz Isoldes Worten wollte ich nicht, dass jeder ihn auf den ersten Blick sah. Das Schwarzeschenholz war kalt und versicherte mir damit, dass ich nicht in unmittelbarer Nähe von Chaos war, obgleich das auch höchst unwahrscheinlich gewesen wäre, da Isolde uns hierher geführt hatte.
Ich warf noch einen letzten Blick aufs Zimmer, nahm den Schlüssel und betrat den Gang. Um Haaresbreite wäre ich mit Krystal zusammengestoßen, die auch gerade ihr Zimmer verließ.
»Oh … tut mir leid«, entschuldigte ich mich.
Unsere Schlüsselanhänger
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