Magische Insel
Hälfte der Strecke nach irgendwohin.«
Cerclas kratzte sich den struppigen Haarschopf und spuckte geräuschvoll auf den Boden.
»Was ist mit dem kleinwüchsigen Pferd da drüben?« fragte ich.
»Das ist ein Bergpferd, zäh, wie diese Biester sind. Felshar hat noch keinen Preis festgelegt.«
Ich unterdrückte ein Lächeln und ging zu dem Pferd. Allerdings hielt ich von den Hinterhufen sicheren Abstand und näherte mich ihm von vorn. Obgleich ich kein Pferdekenner war, schienen mir seine Schultern breiter und die kurzen Beine kräftiger zu sein als bei den anderen Pferden.
»Ich bin nicht sicher, ob er mich tragen kann«, meinte ich und gab mir Mühe, möglichst misstrauisch zu klingen.
»Der trägt dich und noch einen«, versicherte mir der Stallbursche, der hinter mir blieb.
Ich berührte einen Striemen an der Flanke.
Das Pferd zuckte zusammen und wieherte kurz, scheute jedoch nicht vor mir zurück.
»Diese Striemen …« Ich schüttelte den Kopf. »Nun … zwei Goldstücke?«
»Felshar hat den Preis noch nicht festgesetzt …«
»Wozu sollte er einen Preis festsetzen? Keiner wird das Pferd kaufen, bevor diese Striemen verheilt sind. Das weiß Felshar bestimmt.«
Diesmal spürte ich, wie der Stallbursche unsicher wurde.
»Drei Goldstücke, wenn du Sattel, Zaumzeug und Decke drauflegst.«
»Ich weiß nicht …«
Wieder zuckte ich mit den Schultern. »Nun … dann sehe ich mich woanders um …«
Cerclas kratzte sich wieder und spuckte nochmals. »Felshar würde sich nicht allzu sehr beschweren, wenn ich vier bekäme … ich weiß nicht …« Er trat näher an das Pferd.
Sofort warf das Tier den Kopf hoch und wieherte.
Cerclas brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit.
»Zeig mir den Sattel und das Zaumzeug …«
Schließlich zahlte ich mehr, als angemessen war: drei Goldstücke und sieben Silberlinge. Aber ich hatte einen anständigen Sattel und eine Decke. Das Zaumzeug war keine Kandare, nur eine einfache Hirtentrense. Doch hatte ich das Gefühl, dass die Stärke des Zaumzeugs keine große Rolle spielen würde. Wenn ich das Tier nicht mit Güte überreden könnte, ließe es sich nie und nimmer zu etwas zwingen.
Schwierig war es, eine Quittung zu bekommen.
»Ich habe nie schreiben gelernt. Das macht immer Felshar.«
»Gut. Ich schreibe, und du drückst den Stempel drauf.« Ich hatte einen Stempel neben den Boxen hängen sehen.
»Wie soll ich wissen …?«
Ich hielt den Stab hoch. »Jeder weiß, dass einer, der so einen Stab trägt, nie lügt. Ich könnte es mir nicht leisten. Der Preis wäre zu hoch.«
Beim Anblick des Stabs wich er zurück. »Ich weiß nicht …«
»Felshar weiß, dass man den Träger eines Schwarzen Stabs nicht betrügt und dass dieser ebenfalls nie betrügt. Vielleicht hast du keinen übergroßen Profit gemacht, aber du hast einen anständigen Preis bekommen und schaffst dir viel Ärger vom Leib.« Ich blickte scharf auf die lädierte Flanke des Pferdchens.
»… hm … schätze, es wäre möglich …«
Und so endete es damit, dass ich die Cinchstraße hinab auf Freistadts Stadttore zuritt. Die alte Halterung für die Lanze hatte ich mit einem Lederstreifen verstärkt, um meinen Stab zu befestigen. Allerdings kam ich gefährlich nahe an das schwarze Holz, wenn ich nicht aufpasste.
Das Pferdchen hieß Gairloch. Ich wusste das, als ich es satteln wollte. Es blies sich natürlich auf, aber ich folgte Cerclas’ Anweisungen und drückte ihm ein Knie in den Bauch – natürlich nicht so hart, wie Cerclas es empfahl, um es zum Ausatmen zu zwingen.
Ich hatte keine Ahnung, wieso ich den Namen wusste. Ich wusste ihn einfach. Das störte mich, aber ich konnte nicht viel dagegen tun.
Ich war angenehm überrascht, dass Gairloch recht manierlich ging und der Sattel so gut eingeritten war, dass er nicht zu sehr drückte. Die Gurte hatte man erst kürzlich erneuert. Ich hatte alle Nähte und Schließen überprüft, um sicherzugehen, dass sie hielten.
Wenn Gairloch im Gelände so geschickt war wie beim Vermeiden der Schlaglöcher in der Stadt, würde es mir besser ergehen, als ich gehofft hatte. Ein Blick zum Himmel verriet mir, dass wir leider bald nass werden würden.
Die weißen Schäfchenwolken des Morgens waren dunklen Wolkenbergen gewichen, als Gairloch mich auf den verwitterten grauen Pflastersteinen zum Stadttor trug. Die Mauer war nicht sonderlich beeindruckend und erreichte kaum eine Höhe von zwanzig Ellen. Zwei viereckige Türme mit so schmalen Schießscharten, dass
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