Magische Insel
ich vom Stab auf die Straße und sah den rechteckigen Steinblock neben der Straße. H RISBARG -40 M EILEN verkündete der verwitterte Stein.
Ich richtete mich im Sattel auf und ruckte mit dem Zügel, worauf wir nach unten zur Straße nach Hrisbarg trabten.
Schon jetzt hatte ich länger gebraucht, als ich geplant hatte. Von einem Räuber überfallen, von einem Wachposten des Herzogs angegriffen und wahrscheinlich in Freistadt als Verbrecher gesucht – alles am ersten Tag. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich ritt. Ich wusste nur, dass ich erst Hrisbarg aufsuchen musste, ehe ich zu den Straßen gelangte, die zu den Osthörnern und schließlich zu den Westhörnern führten.
Würden die Soldaten in Freistadt meine Beschreibung weitergeben? Oder würden sie es die anderen Gefahrenbrigadiere entgelten lassen? Wie auch immer – ich konnte mein Tun nicht ungeschehen machen, befürchtete aber, dass ich irgendwie dafür bezahlen musste, auch wenn ich keine Lust dazu hatte.
Die Wolken über uns wurden dunkler. Donner grollte und versprach weiteren Regen, als ich mit Gairloch den langen Ritt nach Hrisbarg antrat.
XX
D er Mann in Weiß lächelt. Es ist ein warmes, beruhigendes Lächeln, das sich in der Kälte des Schankraums ausbreitet, den die sterbende Glut im dunklen Kamin kaum noch erwärmt. »Wirt! Könnten wir etwas Wärme bekommen?«
An dem dunklen Ecktisch sitzt eine Frau in grauer Lederkleidung. Sie schaut auf, als sich ein schwergewichtiger Mann in Bewegung setzt. Er trägt ausgebeulte lederne Beinkleider, eine alte braune Tunika und eine schmutzige Leinenschürze über dem dicken Bauch. »Euer Lordschaft, es gibt weder Kohlen noch Holz. Nur das bisschen Glut im Kamin. Die schwarzen Dreckskerle geben uns armen Arbeitern nichts.«
Die wenigen Männer und Frauen, die sich an den Tischen in der Nähe des lauwarmen Kamins drängen, flüstern zustimmend.
»Dann schaff ein paar Steine herbei!«
»Steine?«
»Ja, Steine. Du willst doch, dass dein Schankraum warm wird, oder?«
Verwirrung und Hoffnung kämpfen auf dem Gesicht des Wirts, als er dem immer noch lächelnden Mann in Weiß gehorcht und geht. Dieser sagt etwas zu der verschleierten Frau neben ihm, doch so leise, dass nicht einmal die Schankmaid hinter ihm es verstehen kann.
An der Küchentür spricht der Wirt wild gestikulierend mit einer schwangeren jungen Frau. Sie gehorcht ihm stumm. Er bleibt an der Tür stehen und mustert den düsteren und kalten Raum.
Die Frau in Grau beugt sich vor. Dabei rutscht die Kapuze ihres Umhangs zurück, so dass man die flammendroten Locken und ihre feinen Züge sieht.
Ein Mann mit hagerem Gesicht und struppigem Bart steht grinsend auf und geht langsam zu dem Tisch, wo sein Opfer sitzt. Dabei liegt die Rechte auf dem Griff des scharfen Dolchs an seinem Gürtel.
Noch ehe er den im Schatten liegenden Tisch erreicht hat, blickt die Rothaarige ihn kühl an.
»Du siehst aus, als brauchtest du einen Mann«, sagt er schleimig, schmeichlerisch.
»Falls es so wäre, dann bist du bestimmt nicht der Richtige.«
Nur die verschleierte Frau, die neben dem Mann in Weiß sitzt, beobachtet mit scharfen schwarzen Augen, wie der Hagere sich an den Rotschopf heranmacht.
»Ziemlich wählerisch, meine Schöne.«
»Nein. Ich spreche nur von Tatsachen.« Ihre Stimme klingt eiskalt und hochmütig. Sie durchbohrt ihn förmlich mit den Augen.
Er hört anscheinend nicht die Selbstsicherheit; denn er zieht den leeren Stuhl an ihrem Tisch zu sich heran.
»Ich habe dich nicht eingeladen, bei mir Platz zu nehmen«, erklärt sie.
»Ich brauche keine Einladung.« Er mustert sie lüstern und will sich setzen.
Stab und Fuß bewegen sich gleichzeitig.
Peng … Der Bärtige und der Stuhl fallen um.
»Verfluchtes Miststück!« Er will den Dolch zücken.
Doch die Rothaarige steht mit dem dunklen Stab in der Hand vor ihm.
Blitzschnell schlägt sie zu.
Er schreit vor Schmerzen auf und stürzt vornüber auf den Fußboden.
Der Wirt eilt herbei. »Ich dulde keine Kämpfe …«
»Du hast recht. Es wird keinen Kampf geben«, erklärt die Rothaarige. »Wenn der Narr aufwacht, kannst du ihm sagen, er solle vorsichtiger sein.« Sie steht reglos da, während der Wirt den Bewusstlosen durch die Tür hinausschleift. Dann setzt sie sich wieder, um weiter von dem Käse und dem Brot auf dem Tisch zu essen.
Die dunkeläugige Frau nickt und sagt etwas zu dem Mann in Weiß. Dieser nickt ebenfalls und lächelt.
Gleich darauf schleppt die schwangere
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