Magische Insel
wieder da. Ich bin Cerclas. Wie kann ich dir helfen?« Seine Stimme war so ölig, als hätte er sie mit dem Lederöl eingerieben, das neben den aufgebockten Sätteln stand.
Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, ob du mir helfen kannst. Ich überlege, ob ich vielleicht ein Pferd kaufe.«
Cerclas lächelte schief. Seine Augen glitten über meine dunkelbraune Reisekleidung. Beim Anblick des Stabs verfinsterte sich seine Miene.
»Pferde sind in diesem Jahr sehr teuer.«
Ich zog die Brauen hoch. »Oh?«
»Die Dürre in Kyphros und der harte Winter in Spidlar haben dem Bestand ziemlich zugesetzt. Nur wenige Reisende sind mit Pferden zurückgekehrt.«
Ich nickte zu dem großen Pferd hinüber, einem Grauschimmel. Es sah freundlich aus – im Gegensatz zu dem kleinen zotteligen Biest. »Und der?«
»Fünf Goldstücke«, meinte Cerclas. »Und das wäre fast Diebstahl. Aber das Futter ist auch teuer.«
Ich hatte keine Lust, mit Cerclas zu feilschen. Der Kerl stank schlimmer als Mist. Seine Augen waren blutunterlaufen und wanderten immer wieder zu meinem Tornister. Wie viele der Händler, die Nylan besuchten, log er. Aber obgleich ich inzwischen Ordnung und Chaos stärker spürte, wusste ich nicht, wie stark er log.
»Es gibt nicht viele Reisende, und in nächster Zeit kommen vielleicht gar keine. Dein Stall ist beinahe voll.« Das vermutete ich nur, aber ich schien recht zu haben.
»Nach Freistadt kommen immer Reisende«, widersprach Cerclas.
»Welche anderen Pferde hast du außer diesen beiden?«
»Ein Schlachtross, eine ausdauernde Stute und ein paar andere …«
Aus irgendeinem Grund wollte ich mir das kleine Pferd näher ansehen. Auf seiner Flanke entdeckte ich eine Schwellung, so lang wie meine Hand, die wohl von den letzten Schlägen herrührte. Ich überlegte, warum Cerclas auf das Pferdchen so wütend war.
Das Tier war gut gefüttert und unberührt von allem, was Chaos ähnelte – oder das Chaos war so versteckt vorhanden, dass ich es nicht zu spüren vermochte.
Plötzlich wieherte es laut.
Ich wich zurück.
»Ein bösartiges kleines Biest, nicht wahr?« Cerclas stand neben mir. »Wenn du dich mit Pferden nicht auskennst, solltest du die Finger von Bergpferden lassen. Sie sind gescheit. Das macht sie gefährlich und böse. In den Ställen rechts kann ich dir ein paar bessere Pferde zeigen.«
»Na schön.« Ich folgte dem Stallburschen. Ein Fuchs stand in der ersten Box und fraß Heu aus der Krippe.
»Das ist ein schlachtenerprobter Wallach. Der hält alles aus.«
Ich nickte. Der Fuchs schien gesund zu sein, gut behandelt, aber er hatte etwas an sich, das mich störte … vielleicht die Größe? Oder die Ohren? Oder sonst etwas … »Wie viel?«
»Fünfzehn Goldstücke.«
Das war ein noch stolzerer Preis als der, den er für den Schimmel genannt hatte.
»Und was hast du noch?«
»Hier haben wir eine Stute … ausdauernd, aber im Kampf nicht so besonders. Acht Goldene.«
Die Stute hatte schwarze und weiße Flecke und eine kurzgeschnittene Mähne. Ich mochte sie noch weniger als den Braunen und nickte nur. »Und was noch?«
Cerclas ging zur nächsten Box. Dort stand ein Brauner, ein wahrer Riese von einem Ross. »Ein Bauernpferd, aber zugeritten. In einer Schlacht taugt er nicht viel, und wenn Stuten in der Nähe sind, spielt er verrückt; aber er könnte zwei wie dich samt Gepäck tragen. Er könnte auch einen Wagen ziehen, falls es nötig wäre. Für sechs Goldstücke gehört er dir. Er ist mehr wert, aber um diese Jahreszeit gibt es nicht viele Karawanen, und er frisst verdammt viel.«
Ich sah mir die restlichen Pferde an, alles ziemlich alte Mähren. Mir gefiel keines der Tiere, deshalb ging ich zurück auf den Hof. Als ich bei dem zotteligen Pferd vorbeiging, spürte ich deutlich Rechtschaffenheit in ihm. Trotzdem ging ich weiter zum überteuerten Schimmel.
Er wieherte, als ich mich näherte. Doch sein Wiehern ähnelte einem Stöhnen.
Ich schüttelte den Kopf. Die Mähre würde es nur mit Glück schaffen, Freistadt zu verlassen.
»Fünf Goldene … und das ist ein wirklich guter Handel«, meinte Cerclas.
»Würde die Knochenmühle soviel zahlen, um Leim daraus zu kochen?«
Cerclas hustete in den verfilzten Bart. Dann richtete er die Augen auf meinen Stab. »Aus dem Fuchs wird noch lange kein Leim gekocht. Außerdem brauchst du doch ein Pferd, oder?«
»Stimmt, sonst sähe ich mir die Tiere nicht an. Aber selbst für zwei Goldstücke trüge dieser alte Junge mich nicht mal die
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