Magische Maschinen
sollen sich wappnen. Ihre Schiffe werden nah und fern über die Meere fahren, und es wird ihnen wohl ergehen, solange sie in ihrem Land bleiben.
Denn beizeiten wird die Doppelsonne hoch am Himmel aufsteigen und die Diener des Lichts entzweien. Ihre Türme werden schmelzen wie Wachs im Schmiedefeuer, und ihre Straßen werden untergehen. Männer und Frauen werden ihre Namen schmähen, wenn sie als Suchende nach dem Wissen des Lichtes streben.
Weder Dunkelheit noch Licht soll den Sieg davontragen, denn das eine muss der Ausgleich des anderen sein. Aber viele Anhänger des Lichts suchen die Dunkelheit zu verbannen, und viele werden versuchen, das Licht zu dämpfen. Aber das Gleichgewicht wird jeden zerstören, der versucht, der Dunkelheit oder dem Licht zum endgültigen Sieg zu verhelfen.
Dann soll eine Frau über die versengten Felder und die trockenen Wälder des neuen Kyphros, über das Hochland von Analeria und die verzauberten Hügel herrschen, und viele Wunder werden geschehen …
Das Buch Ryba
Lied DL [Das Ende], Originalfassung
X
D ie Klingel läutet zum zweiten Mal, als Dorrin den Klassenraum betritt, um an der ersten Stunde der roten Gruppe teilzunehmen. Nur Edil fehlt, aber Dorrin hat eben noch beobachtet, wie der schlaksige Junge hastig seine Gitarre verstaut hat. Lortren steht am Fenster, mit dem Rücken zu den acht Schülern, die sich auf Kissen niedergelassen haben.
Dorrin setzt sich neben Lisabet auf eins der drei Kissen, die noch frei sind. In diesem Augenblick stolpert Edil mit einem dümmlichen Grinsen herein, läuft zum nächsten Kissen und lässt sich neben Kadara fallen.
Lortren dreht sich um. Ihr Gesicht ist gefasst. »Ich will mit einer Warnung beginnen.« Sie lächelt spröde. »Im Grunde dient sie eurer eigenen Sicherheit. Ich möchte euch ermahnen, über das, was ihr hier lernt, nur mit denen zu sprechen, die eine ähnliche Ausbildung durchlaufen und ein ähnliches Verständnis gewonnen haben. Das ist nur ein Vorschlag, aber er könnte sich als hilfreich erweisen, wenn es darum geht, euch das Leben etwas leichter zu machen. Zweitens, es gibt hier keine Prüfungen. Ihr könnt lernen, was und wie es euch beliebt. Wenn ihr euch entscheidet, überhaupt nichts zu lernen, wird man euch eines Tages verbannen. Wenn ihr hart arbeitet, aber langsamer seid als die anderen, werdet ihr die nötige Zeit bekommen, bis klar ist, dass ihr alles gelernt habt, was es für euch zu lernen gibt. Drittens, wenn ihr Fragen habt, dann stellt sie. Denn sonst werden ich und die anderen davon ausgehen, dass ihr verstanden habt, was man euch gelehrt hat. Und schließlich … Gewalt, abgesehen von der körperlichen Ausbildung, Diebstahl oder jede andere Art von persönlicher, physischer oder intellektueller Unredlichkeit oder Unehrlichkeit führt zur sofortigen Verbannung.«
Dorrin sieht Lortren an. »Könntet Ihr intellektuelle Unredlichkeit definieren, Magistra? Das kommt mir schrecklich vage vor.«
Die Magistra grinst verhalten. »Es ist in der Tat vage. Wir haben weder Zeit noch Lust, uns mit Lügnern abzugeben. Das bedeutet, dass ihr vollständig und ehrlich auf alle Fragen antworten müsst, die euch von den Mitarbeitern gestellt werden. Es bedeutet auch, dass ihr euch nach Kräften bemühen müsst zu lernen. Aus grundsätzlichen Erwägungen scheint es mir angebracht, dass ihr untereinander die gleiche Aufrichtigkeit an den Tag legt. Es gibt übrigens einen Unterschied zwischen Aufrichtigkeit und Takt.« Sie lässt den Blick über die Gruppe wandern. »Wenn ihr ausseht wie ein Stück Dreck, dann solltet ihr nicht unbedingt auf Komplimente für euer ansprechendes Äußeres aus sein.« Die ironische Erläuterung wird mit Lächeln quittiert.
»Sonst noch etwas? Nein? Dann werde ich jetzt mit einer für euch neuen Version der Geschichte von Recluce beginnen und einige der Punkte behandeln, die mit der Frage zu tun haben, warum ihr überhaupt hier seid.«
Dorrin rutscht auf dem dicken braunen Kissen hin und her.
»… denkt man allgemein, die Gründerväter wären weise, liebevolle und sanfte Menschen gewesen. Creslin wäre ein edler Herr unter anderen edlen Herren gewesen, ein Magier, der seine Kräfte allein für das Gute eingesetzt hat, Megaera treu ergeben. Umgekehrt berichten die Legenden, dass Megaera schön und begabt war und mit dem Schwert fast so gut umgehen konnte wie eine Gardistin aus Westwind, ihrerseits Creslin in tiefer Liebe ergeben und mit einem unermesslich großen Verständnis für
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