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Magische Maschinen

Titel: Magische Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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die Ordnung ausgestattet. In gewisser Weise ist dies alles wahr – aber noch wichtiger ist, dass alles falsch ist.«
    Einige Schüler brummen verwundert.
    »Creslin war vermutlich einer der größten Kämpfer seiner Generation, und auf seinem Weg von Westwind nach Recluce spritzte das Blut nicht nur, es goss in hellen Strömen. Zuerst versuchte er, alle Probleme immer nur mit dem Schwert zu lösen. Einmal tötete er kurzerhand einen Soldaten, weil dieser Megaera bedroht hatte, obwohl sie ohne weiteres fähig war, sich selbst zu schützen. Er war stark genug, um imstande zu sein, die Ordnung zum Töten einzusetzen – und er hat es getan. Tausende Menschen starben infolge der Stürme, die er heraufbeschworen hat. Natürlich wurde er nach seinen Zerstörungswerken schrecklich krank und musste sich vor den eigenen Männern übergeben.«
    Jetzt herrscht unter den zehn jungen Zuhörern tiefes Schweigen. »Megaera aber, der süße Engel des Lichts – sie war die erste Chaos-Stifterin, sie forderte die Herrschaft ihrer Schwester über Sarronnyn heraus und tötete eine ganze Reihe Menschen mit dem Feuer des Chaos, ehe sie dem Chaos abschwor und sich der Ordnung unterstellte. Aber sie schwor dem Chaos nicht freiwillig ab. Sie wehrte sich die ganze Zeit über und wurde der Herrschaft der Ordnung zwangsweise unterstellt, damit auch ihr eigenes Leben gerettet werden konnte. Sie griff nur deshalb zur Waffe, weil sie die Absicht hatte, Creslin zu übertrumpfen und zu beweisen, dass sie ebenso mühelos töten konnte wie er. Unsere verehrten Gründer … wie war es nun um ihr harmonisches Zusammenleben bestellt? Sie zankten sich auf dem ganzen Weg von Montgren bis Recluce. Nach ihrer Heirat dauerte es ein Jahr, bis sie ihr Lager teilen wollten, und die Blitze und Stürme, die mit ihrem letzten Kampf einhergingen, waren noch in mehreren Meilen Entfernung zu sehen. Gewiss war ihre Verbindung danach nicht mehr ganz so kämpferisch, aber ich kann euch versichern, dass es bestimmt nicht die süße, lichtvolle Ehe war, wie eure Lehrer sie euch geschildert haben und wie die Bruderschaft es immer darstellt.«
    Lortren zielt mit dem Zeigefinger auf Edil. »Was lehrt dich diese Geschichte?«
    »Äh … dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie scheinen.«
    »Das reicht nicht.« Die Magistra richtet den Blick auf Jyll. »Händlerprinzessin, was sagt dir diese Geschichte?«
    »Ich glaube, Ihr wollt uns mit der Wahrheit einen Schrecken einjagen …«
    »Sei vorsichtig, wenn du das Wort ›Wahrheit‹ in den Mund nimmst, Kind. Tatsachen und die Wahrheit sind nicht immer ein und dasselbe.« Lortren sieht Dorrin an. »Spielzeugmacher, was glaubst du, was der Sinn meiner Geschichte ist?«
    Dorrin bemüht sich, seine streunenden Gedanken zu sammeln. »Abgesehen davon, dass Ihr uns erschrecken wolltet, geht es Euch vermutlich auch darum, uns zu zeigen, dass weder Ihr noch die ganze Welt sich groß darum kümmert, wer wir sind und woher wir kommen und dass wir bisher ein … ein sehr behütetes Leben geführt haben.«
    Lortren lächelt kalt. »Das ist für den Anfang gar nicht übel. Es ist richtig. Außerdem versuche ich, euch zum Nachdenken zu bringen. Oder zur Vernunft, wenn euch das lieber ist.«
    Dorrin sinnt darüber nach, wie kühl und distanziert Lortren sich gibt, und fragt sich, ob sein Vater auch diese Seite der Magistra kennt. Dann erinnert er sich, wie vorsichtig sein Vater mit Lortren umgegangen ist.
    »Eins dürft ihr nicht vergessen. Die Realität hat immer zwei Seiten. Einmal gibt es das, was da ist, und dann gibt es das, was die Leute glauben. Diese beiden Seiten sind nur selten deckungsgleich. Warum ist das so?« Dieses Mal richtet die Magistra den Blick auf Tyren, den jungen Dichter mit den zotteligen braunen Haaren, der am vergangenen Abend nach dem Abendessen versucht hat, Jyll zu verzaubern.
    »Es ist so … es ist so, weil die Menschen das, was … ich meine, es fällt ihnen schwer, das zu glauben, was wirklich ist.«
    »Das ist richtig.« Lortrens Stimme klingt jetzt weicher. »Jeder Mensch findet irgendeine Facette der Wirklichkeit so schmerzhaft, dass er sie nicht ansehen will – auch wenn er im Grunde genau weiß, dass sie existiert. Normalerweise, solange sich dies auf der persönlichen Ebene abspielt, ist das kein Problem. Aber es kann ein Problem werden, wenn ein Dorf oder ein Fürstentum als Gesamtes etwas Unwirkliches als Glauben annimmt.«
    Dorrins Blick wandert unwillkürlich zum Fenster und zu den dunklen,

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