Magische Maschinen
du meinen Worten glaubst, aber der Ansicht bist, dass die Maschinen mehr wert sind als der Schmerz, den sie erzeugen werden?«
Dorrin kann ihr nicht widersprechen, dennoch stimmt etwas nicht. Etwas, das er nicht benennen oder einordnen kann. »So ist es nicht, aber ich kann es Euch auch nicht richtig erklären.«
Lortren zuckt mit den Achseln. »Vielleicht hast du recht. Die Dunkelheit weiß, dass du mich ein oder zwei Dinge gelehrt hast. Aber – und jetzt ist es an dir, etwas zuzugeben – du kannst dich nicht gegen das wenden, was ist. Du musst in dir selbst das Verständnis finden, um nicht nur die Maschinen zu bauen, sondern um sicherzustellen, dass sie unsere Lebensumstände verbessern. Dieses Verständnis wirst du hier auf Recluce nie gewinnen.«
Dorrin sieht hilflos zum Schreibtisch in der Ecke des Arbeitszimmers, wo einige Texte liegen. Eine leichte Brise trägt den Geruch des Ostmeeres herein und kühlt seine schweißfeuchte Stirn.
»Und nun geh in die Übungshalle. Du musst mit deiner Waffenausbildung beginnen.«
Dorrins Schritte sind langsam, als er geht. Er spürt Lortrens harten Blick im Rücken. Noch langsamer begibt er sich in den Raum, in den Lortren ihn geschickt hat.
»Du bist Dorrin?« fragt die Waffenmeisterin. Sie steht neben einem kleinen Tisch und einem Stuhl, und die dunklen Augen nageln Dorrin an Ort und Stelle fest, kaum dass er durch die dunkle Eichentür getreten ist.
Der rothaarige Junge nickt und sieht an ihr vorbei zu den Gestellen mit den ordentlich aufgereihten Waffen.
»Nun gut … als erstes sollst du dich hier umsehen und eine Waffe heraussuchen, die sich für dich richtig anfühlt.« Die Waffenmeisterin lächelt schief, wirkt beinahe belustigt.
»Ich bin nicht besonders an Waffen interessiert.«
»Wenn du wirklich nach Candar reisen willst, solltest du lernen, dich zu verteidigen«, erwidert die schmale, schwarz gekleidete Frau. Sie deutet zu einem Regal mit Waffen an der Wand. »Wir können dich im Umgang mit jeder dieser Waffen hier unterweisen.«
Dorrin läuft an den aufgereihten Bögen, Schwertern und den anderen Instrumenten vorbei, die allesamt dafür gemacht sind, anderen Menschen Gewalt anzutun.
»Versuche es zuerst mit einem Schwert.«
Dorrin geht einen Schritt weiter. Er sieht ein Kurzschwert, wie es viele Angehörige der Bruderschaft tragen, vor allem die Frauen. Der Grund mag in der Tradition liegen, die auf das Erbe von Westwind zurückgeht. Vielleicht liegt es auch an der Art und Weise, wie die Klingen schneiden.
Er packt den schlichten Griff mit der Linken und hebt die Waffe hoch. Irgendwie fühlt sich das kalte Metall mit der scharfen Schneide schmierig und unrein an. Er betrachtet die Waffe eine Weile, nicht nur mit dem Auge, sondern auch mit den anderen Sinnen, wie ein Heiler einen kranken Menschen untersucht. Schaudernd stellt er das Schwert ins Regal zurück. Ein Stück weiter sieht er eine Streitaxt. Sein Blick wandert über die doppelschneidige Waffe, über das Breitschwert daneben und die anderen Mordinstrumente. Überall spüren seine Sinne die gleiche Unreinheit.
Am Ende der Reihe steht ein langer Stab aus poliertem, glattem Holz, das an einigen Stellen etwas abgenutzt aussieht. Er berührt ihn mit den Fingerspitzen, dann ergreift er ihn. Er nickt.
»Bist du ein Heiler?« fragt die Waffenmeisterin. »Das hättest du mir sagen sollen. Die meisten Heiler haben Schwierigkeiten mit den Hieb- und Stichwaffen.«
Dorrin will einwenden, dass er kein Heiler ist, aber er beherrscht sich. Eigentlich ist er überhaupt nichts, aber ein Heiler kommt dem, was er ist, noch am nächsten. Das, oder an nächster Stelle der Lehrling eines Schmieds. So denkt er es sich jedenfalls, und während er es denkt, bleibt das Pochen in seinem Schädel aus, das gewöhnlich mit Fehleinschätzungen und Ausflüchten einhergeht.
»Das kommt der Sache ziemlich nahe, aber genau das ist auch das Problem.«
»Oh, du bist einer von denen …« Die Waffenmeisterin nickt weise, als hätte sie schon oft junge Männer wie ihn gesehen.
Dorrin errötet.
Sie grinst verlegen. »Ich hab’s doch nicht böse gemeint. Außerdem ist ein Stab für Reisende die beste Waffe.«
»Warum das?« Er erinnert sich an das tödliche Gefühl bei den Klingen.
»Zuerst einmal, weil die meisten Menschen einen Stab überhaupt nicht für eine richtige Waffe halten. Außerdem kannst du dir mit einem Stab zwei Schwertkämpfer vom Leibe halten, wenn du damit umzugehen weißt. Aber natürlich kann dich
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