Magische Verführung
Diebstahl steckte. Und es hatte ihn gefreut, dass sie sich mit seinem Geruch umgeben wollte. Da er sie nie darin gesehen hatte, hatte er angenommen, nein, insgeheim gehofft, sie würde es als Nachthemd tragen. Beim Anblick ihrer Brüste, die sich ihm stolz entgegenreckten, grub er die Krallen in den Teppich. Darüber gab es keine zwei Meinungen: Tamsyn war durch und durch eine Frau. Und so jung, dass es ihm fast das Herz brach.
Niemand, der sie sah, würde darauf kommen, dass sie dem Rudel schon seit zwei Jahren als Heilerin diente. Die wenigen handverlesenen Rudel, denen die DarkRiver-Leoparden nach Shaylas Ermordung noch trauten, hatten ihre erfahrensten Heiler geschickt, damit Tamsyn ihre Ausbildung beenden konnte. Aber im Rudel verließ man sich einzig auf sie.
Denn auf Tamsyn war immer Verlass.
Nate erinnerte sich, als sie gerade erst siebzehn gewesen war. Ihre Mentorin tot, und Shaylas Gefährte Carlos lebensgefährlich verletzt. Lucas verschollen. Tamsyn war damals noch so schmächtig gewesen, ein zartes Schilfrohr, er hatte gedacht, sie würde unter dem immensen Druck brechen. Doch sie hielt der Belastung stand, setzte all ihre Fähigkeiten ein, um Carlos zu heilen.
Zwar war es ihr nicht gelungen, ihn am Leben zu halten, aber sie hatte ihm Kraft gegeben, damit er ihnen noch eine letzte Botschaft übermitteln konnte: Lucas war am Leben. Tamsyn hatte sich schon mit der Heilung von Carlos komplett verausgabt, doch als sie den schwer verwundeten Lucas fanden, war es ihr irgendwie gelungen, noch weitere Kräfte zu mobilisieren. Über Wochen gab sie alles.
Nate hatte sich damals große Sorgen gemacht, dass sie eines Tages einfach zusammenbrechen würde, denn sie schlief eigentlich nur, wenn er sie dazu zwang. Und selbst dann kroch sie schon nach wenigen Stunden Schlaf wieder aus dem Bett. Am Ende musste Nate sie sogar entführen. Dann endlich hatte sie sich auf seinem Schoß vertrauensvoll zusammengerollt und geschlafen.
Dieses Mädchen, dieses zarte Schilfrohr, war nun nicht mehr. Sie war zu einer schönen und mutigen Frau herangereift, der es jedoch verwehrt war, jung zu sein. Leoparden streunten gerne, viele verließen das Rudel für eine Weile, um in der Wildnis zu leben. Auch Nate hatte als Teenager ein paar Jahre im Wald gelebt. Tammy hatte diese Chance nie bekommen, ihre Freiheit endete schon frühzeitig.
Er eiste sich von ihr los, schnappte sich den Wollteppich mit den Zähnen und zerrte ihn über sie. In seiner menschlichen Gestalt wäre es leichter gewesen, aber so weit traute er sich dann doch nicht. Eine Berührung und schon wäre es um ihn geschehen. All seine Vorsätze würden zu Staub zerfallen.
Lieber bewachte er sie von draußen.
Tamsyn erwachte warm ... und allein. Das tat weh. »Am liebsten würde ich dich hassen, Nathan.« Sie stand auf, schlang den Teppich um sich und starrte in die künstlichen Flammen. Laut ihrer inneren Uhr musste es früh am Morgen sein, so gegen sechs. Obwohl sie alles getan hatte, um Nate zu verführen, hatte er sie nicht einmal geküsst.
Fand er sie etwa so abstoßend?
Ihre Kehle schnürte sich zusammen. Zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, Nates Abwehr könnte gar nichts mit einem übertriebenen Beschützerinstinkt zu tun haben. Vielleicht wollte er sich einfach nicht an sie binden! Ihre Unterlippe begann zu zittern. Sie schlang den Wollteppich noch fester um sich, in dem vergeblichen Versuch, sich zusammenzureißen.
Von seinem Gefährten abgelehnt zu werden war ein unbegreiflicher Albtraum. Das Band zwischen Gefährten war nicht mit Ehe gleichzusetzen, war keine Schwärmerei oder Verbindung, die man jemals löste. Sie und Nate waren Seelenverwandte. Und überdies liebte sie ihn. Manche behaupteten, zwischen dem Bund und der Liebe gäbe es keinen Unterschied, doch sie empfand das anders. Einerseits trieb sie ein innerer Zwang zu Nate, andererseits bewunderte sie ihn, und das waren zwei verschiedene Dinge. Sie liebte alles an ihm, liebte seine Stärke, sein Lachen, seine Männlichkeit.
Aber was, wenn diese Verbindung für Nate nur einen Zwang darstellte? Dem er zwar nicht entkommen konnte, den er sich aber freiwillig nicht ausgesucht hätte? Ihr war klar, dass sie nicht gerade einen Hauptgewinn darstellte.
Zudem war Nate auch noch älter und erfahrener. Vielleicht hatte er sich eine Gefährtin erhofft, die ihm ebenbürtig und ein wenig weltoffener war.
Tamsyn hingegen war an das DarkRiver-Rudel gebunden, und das machte ihr auch nichts aus. Wie die meisten
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