Magische Verführung
auf.
Doch ihr würde er nichts tun. Er könnte ihr niemals wehtun.
Aber dieser Junge würde eines langsamen und qualvollen Todes sterben.
Er stieß die Schlafzimmertür auf. Das Bett war gemacht, und nichts deutete daraufhin, dass kürzlich jemand darin geschlafen hatte.
»Ich habe auf dem Sofa gepennt«, krächzte es hinter ihm.
Der Fremde stützte sich gegen die Wand und rieb sich den Kehlkopf. »Kam mir irgendwie nicht richtig vor, in Tams Bett zu schlafen.«
Tam? Ein tiefes Knurren erklang aus Nates Kehle. »Wer bist du, und was hast du im Haus meiner Gefährtin zu suchen?«
Ungläubig sah ihn der andere an. »Gefährte? Sie hat nie ...« Als Nate drohend auf ihn zukam, riss er die Hände hoch. »Ich bin Heiler, Mann! Ich heiße Finn.«
Nate hielt mitten in der Bewegung inne. Heiler, auch wenn sie zum Feind gehörten, genossen besonderen Schutz.
Nur blutrünstige Rudel wie die ShadowWalker brachen dieses Gesetz. »Wir haben schon eine Heilerin.« Krallen bohrten sich von innen in seine Eingeweide, schnitten und rissen an der Haut.
»Tam hat mich gebeten, sie eine Weile zu vertreten.« Finn hustete ein paarmal. »Sie meinte, es sei vielleicht für immer. Unser Rudel hat schon einen Heiler und noch einen zweiten Schüler, also haben die mich gerne ziehen lassen.«
»Ich sagte bereits: Wir haben schon eine Heilerin.« Nate funkelte ihn böse an.
Finn blieb eisern. »Nein, nicht mehr. Sie ist weg.«
Die Katze wollte kratzen und beißen. »Wo ist sie hin?«
Ergeben hob der Heiler die Hände ein weiteres Mal, und Nate fragte sich schon, was er wohl in seinen Augen gelesen haben mochte. »Ich schwöre dir, ich weiß es nicht. Ich nehme an, sie hat sich mit eurem Alpha besprochen
- vielleicht ein Sabbatjahr oder Weiterbildung. Sie hat ihn mir jedenfalls vorgestellt.«
Nate machte sich auf, um Lachlan zu suchen, dabei stieß er zufällig auf Lucas. Eigentlich wollte er sich an ihm vorbeidrängen, doch Lucas verstellte ihm den Weg. »Suchst du Tammy?«
Nate erstarrte. »Du hast gewusst, dass sie geht?« In diesem Augenblick drangen die ersten Sonnenstrahlen durch die Bäume und warfen ihr Licht auf Lucas' martialische Zeichnungen im Gesicht.
»Du etwa nicht?«
»Verdammt, Lucas! Antworte gefälligst!«
»Klar.« Der Junge verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe gehört, wie sie Nita gebeten hat, sie aus dem Territorium zu bringen.«
Der Wunsch, Lucas zu packen und Tammys Aufenthaltsort aus ihm herauszuschütteln, war übermächtig. Nate wandte den Blick ab und atmete einmal tief durch, bevor er sagte: »Und keiner von euch beiden hat versucht, sie davon abzubringen?«
»Warum sollten wir?«, sagte Lucas scharf. »Du hast sie so unglücklich gemacht, Nathan! Du hast deine Gefährtin zum Weinen gebracht, und dann warst du nicht für sie da, um sie zu trösten.«
Lucas' Worte trafen ihn wie ein Schlag ins Gesicht. »Wo ist sie jetzt, Lucas?«
»Ich weiß es nicht. Du könntest Nita fragen, aber die ist im Moment nicht hier.« Er sah zu den sonnenbeschienenen Wipfeln auf. »Ich muss jetzt trainieren.«
Nate versuchte nicht, ihn aufzuhalten, und als Cian aus dem Schatten trat, stand er noch immer wie angewurzelt da.
»Nate? Willst du mit Lachlan sprechen? Ich war gerade bei ihm. Die nächste halbe Stunde hat er Zeit.«
»Ich suche Tammy.«
Sofort wusste Cian Bescheid, und seine Miene verdüsterte sich. »Was zum Teufel tust du dem Mädchen nur an, Nate?«
»Ich tue, was das Beste für sie ist.« Cian hatte ja keine Ahnung, wie das war, wenn man mitansehen musste, wie sich eine Frau langsam von ihrem Mann entfernte, bitter und selbstzerstörerisch wurde ... und schließlich nicht mehr leben wollte. Er hatte seine tote Mutter in den Armen gehalten. Tamsyn sollte nicht das Gleiche widerfahren. »Sie ist noch zu jung.«
»Sie war auch noch zu jung, als Shayla gestorben ist. Aber hat sie sich jemals beschwert?« Die Stimme des alten Wächters ging wie eine Peitsche auf ihn nieder. »Sie war erst siebzehn Jahre alt! Und sie hatte eine Verantwortung, die die meisten frühestens mit dreißig übernehmen.«
»Eben!«, schnaubte Nathan wütend. »Die ganze Verantwortung und dann noch einen Gefährten? Ich würde Dinge von ihr wollen, die sie überhaupt noch nicht versteht ...«
Cian fluchte. »Ist das nicht auch deine Aufgabe als Gefährte? Von ihr etwas einzufordern, aber gleichzeitig auch ihren Forderungen nachzukommen? Als Gefährte teilt man das Leid des anderen und packt nicht noch was
Weitere Kostenlose Bücher