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Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Titel: Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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Wenn das so weiterging, würde ich vor lauter Schlaflosigkeit schneller Falten bekommen als Brüste. Was für eine albtraumhafte Vorstellung. Am Ende würde ich mal so aussehen wie die Landkarte. Meine Gedanken wirbelten wie ein Hurrikan in unserem Zimmer herum und ließen mich nicht zur Ruhe kommen.
    Also schön, Suse konnte in die Vergangenheit sehen und alte Grammofonplatten hören und so was, wenn das mal nicht viel cooler war, als in die Zukunft zu sehen. Ich meine, wer schreibt schon gerne zweimal hintereinander einen Mathetest! Andererseits würde ich jetzt nur noch Einser bekommen, könnte dann eine Klasse überspringen und käme in Toms Klasse. Wobei, wenn aus uns nix werden sollte, dann will ich ihn auf keinen Fall jeden Tag sehen. Außerdem möchte ich mit Suse in einer Klasse bleiben. Was noch? Ich könnte schon vorher rausfinden, ob ein Kinofilm gut ist, bevor ich acht Euro dafür hinblättere. Aber dann müsste ich eineinhalb Stunden zu Hause rumsitzen, während ich den Film sehe. Oder nein: Wenn ich später entscheide, den Film nicht zu gucken, kann ich ja auch vorher nicht in diese Zukunft schauen, die ja dann nicht stattgefunden haben wird. Oder? Oh Mann. Kopfschmerzen, Falten und Busenlosigkeit. Und das alles in der Nacht nach meinem dreizehnten Geburtstag. Wie unfair.
    Ich könnte die Lottozahlen voraussehen, stinkreich werden und nur noch Gutes tun. Den Armen zu essen geben und dafür sorgen, dass jeder in meinem Alter ein Smartphone bekommt. Okay, wenn ich so viel Kohle hätte, müsste ich überhaupt nicht mehr in die Schule gehen, dann hätte sich das Klasseüberspringen auch erledigt.
    Und Suse? Die könnte mal in die eigene Vergangenheit reisen und sich ihren Vater anschauen, den sie gar nicht kennt. Sie sagt allerdings immer, dass er bleiben soll, wo der Pfeffer wächst. Wahrscheinlich hat sie recht. Der hat sicher längst eine andere Familie und spielt sich da als Superdaddy auf. Sie könnte auch rausfinden, wo Tom Die Sims gekauft hat? Womöglich kann man es ja umtauschen.
    Während in meinem Kopf vollkommenes Durcheinander herrschte, schlief Suse tief und fest wie ein schnarchendes Dornröschen. Sie sah auch so aus mit ihrem langen lockigen Haar und der blassen Haut. Wenn man absolut nicht einschlafen kann, ist es besser, sich abzulenken und es später noch einmal zu versuchen. Vielleicht half es ja, sich den Brief von Elsa noch mal genauer durchzulesen. Ich stellte mir eine Ururoma ja eher als vertrocknete strenge Frau mit Haube auf dem Kopf vor. Von Männern keine Spur und alles. So wie Suse sie geschildert hatte, wusste sie aber schon als junge Frau genau, wo der Hase langlief, statt sich wie ich von einem Jungen dermaßen den Kopf verdrehen zu lassen, der einem blöde Computersachen schenkte. Elsa LeMarr war sexy gewesen und hatte ihm Rauch ins Gesicht gepustet. Aus einer Zigarettenspitze . Cooler ging es ja wohl nicht.
    Ich griff unter das Bett, zog das Schmuckkästchen hervor und nahm die Ringe heraus. Darunter lag der Brief. Erst jetzt fiel mir auf, dass ihm ein leichter Veilchenduft entströmte. Ich betrachtete die Schrift. Sie war schwungvoll und groß mit bauchigen, runden Buchstaben. Unter jedem »g« war ein Schnörkel. Ich begann, den Brief noch einmal gründlich zu studieren, doch danach war ich genauso schlau wie zuvor. Was meinte sie nur mit »Wer die drei Ringe zwingen will, wird scheitern«. Wieso um Himmels willen drei Ringe? Noch unverständlicher war aber dieser Satz: »Dann wird es euch gelingen, das Gespinst der drei Moiren, der Töchter des Zeus, zu verändern und Atropos’ Bann zu zerschlagen, der mich bindet.« Gespinst der bitte was?
    Auf dem Weg zum Schreibtisch stolperte ich über Mau, die sich vor meinem Bett zusammengerollt hatte. »Das ist wirklich ein toller Platz zum Schlafen«, zischte ich sie an. Stimmt, sagte ihr Blick, und ich hab auch nicht vor, ihn in nächster Zeit zu räumen.
    Als der Computer hochgefahren war, tippte ich »Moiren« ein. Nach einer Weile fand ich Folgendes: »Die Moiren oder Moirai sind in der griechischen Mythologie eine Gruppe von Göttinnen: Atropos, Lachesis und Clotho. Clotho spinnt den Lebensfaden, Lachesis bemisst die Länge und Atropos schneidet den Lebensfaden am Ende ab.«
    Jetzt war mir einiges klar: Meine Familie hatte nicht erst seit meinem kopfstehenden, langhaarigen Hippie-Opa einen Hang zur Dramatik und Übersinnlichkeit.
    Welche Kräfte hatte Elsa heraufbeschworen, war sie deshalb wie vom Erdboden verschwunden?

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