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Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Titel: Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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melden. Das Baumhaus ist groß genug, dass man darin schlafen und auch aufrecht stehen kann. Wir haben eine alte Matratze reingelegt und zwei bequeme Sitzkissen und ins Dach hat mein Vater ein Fenster eingebaut, durch das man den Himmel sehen kann.
    Das Beste am Baumhaus ist aber, dass es eine Strickleiter hat und dass man die hochziehen kann, wenn man seine Ruhe will. Ich legte ein dickes Ringbuch auf meine Knie und versuchte, einen Text zu schreiben, aber mir fielen nur einzelne Worte ein.
    Gelandet – gestrandet
    Probiert – studiert
    Verletzt – verätzt
    Cousine – Kantine – Abendtermine
    Wissen – durchgebissen – beschissen!
    Ich legte den Stift weg, warf mich auf den Rücken und starrte in den knallblauen Himmel, an dem am Tag natürlich kein Stern zu sehen war und kein Planet, obwohl die doch da waren. Tom, Tom, TOM. Warum bloß rief er nicht an? Und wieso war er wieder mal nicht in der Schule gewesen? Meine Gedanken überschlugen sich. Wie konnte man sich in der einen Sekunde so glücklich fühlen und in der der nächsten einfach nur schrecklich? War Liebe so, dass sie immer wieder wehtat? Wieso blickte er mir so tief in die Augen, dass ich nur noch goldene Punkte sah, nur um dann in der Schule auf Invisible Man zu machen?
    Ich spürte Tränen in mir aufsteigen. Normalerweise bin ich keine Heulsuse. Aber es war in den letzten vierundzwanzig Stunden auch wirklich eine Menge passiert. Tom machte keine weiteren Annäherungsversuche, ich hatte die Gabe, in die Zukunft zu sehen, dann bedrohte mich Möchtegern-Emo-Rapper Matthias und anschließend bekam ich eine Fünf im Mathetest. Und es war gerade mal Mittag. Was würde denn noch alles passieren? Ich musste dringend mit Suse reden. Aber die war ja leider beschäftigt.
    Die Träne, die über meine Wange lief, wischte ich nicht weg. Es war ja nur eine einzige. Außerdem schämte ich mich nicht dafür. Opa sagt, dass man Gefühle unbedingt zeigen muss, sonst vergiften sie einen. »Atme in dein Gefühl hinein und umarme es«, sagt er. Genau das versuchte ich.
    Auf einmal tauchte Mau neben mir auf. Da sie eine Katze ist, braucht sie klarerweise keine Strickleiter. Sie stand eine Weile direkt neben meinem Gesicht, streckte den Schwanz, der kurz über meine nasse Wange streifte, rollte ihn wieder zusammen und strich noch einmal darüber.
    Sozusagen ein Katzentaschentuch.
    Ich musste unwillkürlich lächeln. Als hätte sie nur darauf gewartet, machte sie es sich auf meinem Bauch gemütlich und begann, zufrieden zu schnurren.
    »Jetzt wirf schon diese verdammte Leiter runter!«
    Ich schoss in die Höhe, woraufhin Mau quer durch die Luft flog und auf einem Sitzkissen landete. Ich musste eingeschlafen sein. Gähnend krabbelte ich zum Eingang. Suse starrte zu mir hoch. »Wie lange willst du mich hier noch rumstehen lassen?«
    Mit den Schultern zuckend warf ich die Strickleiter hinunter und legte mich wieder auf die Matratze. Dreißig Sekunden später stand Suse neben mir. »Wieso bist du nach der Schule so schnell abgehauen?«
    Als ich den Kopf drehte, sah ich ihre spitzen Stiefel. »Ich bin nicht abgehauen«, erklärte ich den Stiefelspitzen. »Ich hatte nur keine Lust mehr auf dieses Ach-wie-toll-ist-Amerika-Theater.«
    »Wie bitte, häh?« Sie ließ sich neben mich fallen. »Hier, für dich.«
    Ich löste den Blick von ihrem Schuh und entdeckte einen Becher Himbeereis in ihrer Hand. Hastig setzte ich mich auf, nahm den Becher und begann zu löffeln. Von einer Sekunde auf die andere war die Welt heller und blauer und wärmer als kurz zuvor.
    »Was für ein Theater?«, fragte sie.
    »Ach nichts. Ich finde diese Marli irgendwie… komisch. Die redet so, als wäre sie die Einzige, die ein spannendes Leben hat.«
    »Aber es ist doch auch spannend, was sie erzählt!« Suse hockte sich auf die Fersen. »Sie ist echt klasse. Du musst sie nur besser kennenlernen.«
    Muss ich nicht, dachte ich, sagte aber nichts.
    »Was ist denn das?« Suse las die Worte, die ich ins Ringbuch gekritzelt hatte.
    »Wollte einen Text schreiben«, erklärte ich mit vollem Mund. »Klappt nicht.«
    Sie wusste natürlich, dass ich noch keinen Song für MusicStars in der Schule hatte. Eine Melodie hatte ich im Kopf, den Rhythmus und alles, das musste ich mit meiner neuen Software nur noch zusammenbasteln. Aber der Text? Ich tippte auf das Schmuckkästchen neben mir. »Okay. Warum werfe ich nicht mal schnell einen Blick in die Zukunft und höre mir den Text an, den ich bis dahin geschrieben haben

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